Historische Stadt von Ahmedabad

Islamisch geprägte Architektur und lokales Kunsthandwerk

Die historische Stadt am östlichen Ufer des Sabarmati in Indien, bekannt für ihre reichverzierten Gebäude aus Holz, ist Ausdruck des Zusammenspiels islamisch geprägter Architektur mit lokalem Kunsthandwerk. Unter anderem als außergewöhnliches architektonisches Zeugnis gesellschaftlichen Zusammenlebens ist sie 2017 in die Welterbeliste der UNESCO eingeschrieben worden.

Faktenbox

Die befestigte Stadt Ahmedabad wurde im 15. Jahrhundert durch Sultan Ahmad Shah in der Nähe der alten Handelsroute zwischen Delhi und Khambaht gegründet. Ausgehend von der Festung Bhadra Fort wurde eine muslimische Stadt errichtet, deren Zentrum bis heute der Platz Maidan-e Shahi und die Moschee Jama Masjid bilden. Die Wohnhäuser breiteten sich ausgehend von diesem Platz aus und bildeten auf Grund der spezifischen traditionellen Bauweise ein außergewöhnliches urbanes Muster, welches noch heute ersichtlich ist.

Von muslimischen Herrschern errichtet und von Anhängern des Islam, des Hinduismus und des Jainismus, einer im 6./5. Jahrhundert vor Christus in Indien entstandenen Religion, bewohnt, legen die Bauwerke der Historischen Stadt von Ahmedabad Zeugnis ab von der Vermischung verschiedener religiöser und künstlerischer Einflüsse. Die Formsprache der lokalen Bevölkerung findet sich in einer Vielzahl der Gebäude, inklusive religiöser Gebäude errichtet durch die muslimischen Herrscher. Die Architektur und monumentale Kunst Ahmedabads stellen so einen beispielslosen Ausdruck dieses außergewöhnlichen regionalen Stils in Indien dar (Aufnahmekriterium ii).

Auszug aus dem Statement of Outstanding Universal Value, 2017

"The presence of institutions belonging to many religions (Hinduism, Islam, Jainism, Christianity, etc.) makes the historic urban structure of the city an exceptional and even unique example of multicultural co-existence."

"Die Existenz von Institutionen verschiedener Religionen (Hinduismus, Islam, Jainismus, Christentum, etc.) macht die historische urbane Struktur der Stadt zu einem außergewöhnlichen und sogar einzigartigen Beispiel für multikulturelles Zusammenleben."

Enge Verbindungen zwischen gesellschaftlichem Leben und Wohnsituation

Ahmedabad ist gekennzeichnet durch einen spezifischen Baustil, dessen Ausgangspunkt dicht besiedelte Nachbarschaften, sogenannte puras, bilden (Aufnahmekriterium v). Ab dem Ende des 15. Jahrhunderts in mehreren Phasen um den zentralen Platz und die Moschee Jama Masjid erbaut, wurde diese Bau- und Wohnweise von allen drei in der Stadt lebenden religiösen Gemeinschaften angenommen. Die Hauptstraße der puras, sogenannte pols, bilden die wichtigsten öffentlichen Plätze in dieser urbanen Struktur. Gesäumt werden sie jeweils von 50 bis 100 eng aneinander gebauten Häusern aus Holz und Kalkstein, welche wiederum jeweils Innenhöfe (für die Belüftung) und Wasserauffangsysteme aufweisen und zur Straße hin über reich verzierte Fassaden verfügen. Die pols waren Schauplatz eines lebhaften öffentlichen Lebens, auch auf Grund der in den Erdgeschossen der Häuser angelegten Geschäfte, und wiesen öffentliche Brunnen, religiöse Gebäude, Vogeltränken und öffentliche Bauten auf. Die pols und puras waren zugleich Ausdruck und Ausgangspunkt des durch starke Bindungen gekennzeichneten gemeinschaftlichen Lebens.

Herausforderungen für Welterbe-Städte

Das gebaute Erbe Ahmedabads, insbesondere die Strukturen der pols, und dessen Erhalt sind eng verknüpft mit den sie bewohnenden Gemeinschaften, die diese Gebäude seit jeher auch für wirtschaftliches und religiöses Leben nutzten. Auf Grund von Umwandlungsprozessen in der Stadt und der wirtschaftlichen Struktur haben in den vergangenen Jahren immer mehr Angehörige der traditionellen Gemeinschaften die Gebäude verlassen. Dies hat nicht nur zum Verlust der traditionellen Nutzungsweisen, sondern auch zum Verfall der nun nicht mehr aktiv erhaltenen Gebäude geführt.

Veränderungen in den Nutzungsweisen, Gentrifizierung und Entvölkerung, Massentourismus und Disneyfizierung – viele Welterbe-Städte haben mit diesen Herausforderungen zu kämpfen. Als besonders fordernd gestaltet sich für die Welterbeverantwortlichen die Aufgabe, notwendige Entwicklungen im städtischen Kontext zu ermöglichen und zugleich den außergewöhnlichen universellen Wert der Welterbestätten bzw. –gebiete in den Städten zu schützen und zu erhalten.

Um sich über Herausforderungen, Lösungsansätze und Gute Praktiken in Bezug auf die Umsetzung der Welterbekonvention im Kontext städtischen Welterbes auszutauschen, wurde 1993 die internationale Organisation der Welterbe-Städte (Organization of World Heritage Cities, OWHC) gegründet. Durch Seminare und Konferenzen, gemeinsame Projekte und Austausch von Informationen soll die internationale Solidarität unter den Welterbe-Städten gestärkt werden.

Porträtserie

Im Rahmen der 41. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2017 in Krakau wurden 21 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Erbes der Menschheit, dessen Erhaltung und Pflege sich die internationale Staatengemeinschaft 1972 mit dem "Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verschrieben hat.

Porträtserie

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