Ethik

Bioethik

Die Biowissenschaften haben in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht und eröffnen immer neue Möglichkeiten: das Klonen von Tieren und Pflanzen, die Heilung von Erbkrankheiten durch Gentherapien, die Züchtung von genetisch veränderten, widerstandsfähigen Pflanzen oder die Erkennung von Gendefekten schon am Embryo.

Dieser Fortschritt wirft jedoch ganz grundlegende Fragen auf: Wann fängt Leben an? Wie weit darf der Mensch in die Natur eingreifen? Was hat das für Auswirkungen? Was bedeutet lebenswertes Leben? Wer entscheidet über Leben und Tod? Mit Fragen wie diesen befasst sich die Bioethik. Dabei will sie Innovation nicht verhindern, sondern Fortschritt ermöglichen, der dem Wohl der Menschen dient.

Damit dies gelingen kann, braucht es eine intensive internationale Auseinandersetzung über Werte und Normen. Die UNESCO als multilaterale Organisation nimmt hier eine wichtige Rolle ein. 1993 rief sie das Programm für Bioethik ins Leben. Es unterstützt in erster Linie die Arbeit von zwei beratenden Gremien: den Internationalen Ausschuss für Bioethik (IBC) und den Zwischenstaatlichen Ausschuss für Bioethik (IGBC). Der IBC setzt sich aus 36 unabhängigen Expertinnen und Experten zusammen, die jährlich zusammenkommen. Als deutsche Expertin ist von 2022 bis 2025 Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert Mitglied. Der IGBC besteht aus Regierungsvertreterinnen und -vertretern aus 36 Mitgliedstaaten, darunter seit vielen Jahren fast durchgängig Deutschland. Diese Ausschüsse arbeiten zusammen, um Ratschläge, Empfehlungen und Vorschläge für die Generaldirektion der UNESCO im Bereich der Bioethik zu entwickeln.

Das Bioethik-Programm hat vier Hauptaktionsbereiche:

Intellektuelles Forum

Als intellektuelles Forum bietet es Raum für einen multidisziplinären, pluralistischen und multikulturellen Austausch zu bioethischen Fragestellungen, insbesondere durch den IBC und den IGBC sowie durch Veranstaltungen. Die UNESCO will so die Debatte über die wichtigsten ethischen Fragen der Biowissenschaften fördern und Leitlinien für den Umgang erarbeiten.

Festlegung von Standards

Gemeinsam soll ein Rahmen für ethische Standards definiert werden, den Mitgliedstaaten für ihre eigene Politikgestaltung im Bereich Bioethik nutzen können. Der erste große Erfolg in diesem Bereich war die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung über das menschliche Genom und die Menschenrechte durch die Generalkonferenz der UNESCO im Jahr 1997. In der Fortführung wurden zwei weitere Völkerrechtstexte verabschiedet: die Internationale Erklärung über humangenetische Daten (2003) und die Allgemeine Erklärung zur Bioethik und zu den Menschenrechten (2005).

Beratende Funktion und Aufbau von Kapazitäten

Die UNESCO berät ihre Mitgliedstaaten und unterstützt sie beim Aufbau von regionalen Strukturen, beispielsweise durch neue Ethikräte in Entwicklungs- und Schwellenländern sowie durch internationale Vernetzung und Wissenstransfer.

Bildung und Sensibilisierung

Fachleute, politische Entscheidungsträger, die breite Öffentlichkeit und andere Zielgruppen werden für bioethische Fragen sensibilisiert. Die Zusammenarbeit von Universitäten steht dabei besonders im Fokus und wird durch die Vernetzung der UNESCO-Lehrstühle für Bioethik unterstützt. Die UNESCO hat auch ein „Bioethik-Kern-Curriculum“ erarbeitet, das der UNESCO-Lehrstuhl für Bioethik an der Medizinischen Universität Wien 2017 ins Deutsche übersetzt hat.

Publikation

Allgemeine Erklärung über Bioethik und Menschenrechte. Wegweiser für die Internationalisierung der Bioethik.
Deutsche UNESCO-Kommission, 2006

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