Auf ein Wort,

Die globale Bildungsagenda

Minister a. D. Walter Hirche

Walter Hirche
Vorstandsmitglied der Deutschen UNESCO-Kommission und Vorsitzender des Fachauschusses Bildung

Herr Hirche, nach Abschluss des weltweiten Aktionsprogramms "Bildung für alle" ist 2015 der UNESCO-Weltbildungsbericht erschienen. Was sind die Haupterkenntnisse zur Entwicklung der Bildung weltweit?

Der Bericht zeigt sehr deutlich, dass nur ein Drittel der Weltgemeinschaft die sechs Bildungsziele erreicht hat, zu denen sie sich im Jahr 2000 selbst verpflichtet hat – also den Ausbau der frühkindlichen Bildung, Grundschulbildung für alle Kinder, Absicherung der Lernbedürfnisse Jugendlicher, die Reduzierung der Analphabetenrate unter Erwachsenen um die Hälfte, die Überwindung von Geschlechterdisparitäten und die Verbesserung der Bildungsqualität. Derzeit haben 58 Millionen Kinder und 63 Millionen Jugendliche keinen Zugang zur Grund- und Sekundarschule. 250 Millionen Kinder erlernen nicht die Grundlagen des Lesens und Rechnens, obwohl 130 Millionen von ihnen mindestens vier Jahre lang eine Schule besucht haben. 781 Millionen Menschen weltweit sind Analphabeten. Der Status Quo macht deutlich: Wir müssen dringend Qualität und Chancengerechtigkeit in der Bildung gewährleisten, um Menschen weltweit ein erfülltes Leben zu ermöglichen. 

Im September 2015 haben Staats- und Regierungschefs aus aller Welt die Globale Nachhaltigkeitsagenda verabschiedet. Welche Rolle spielt die Bildung für eine nachhaltige Entwicklung?

Bildung stattet die Lernenden aller Altersgruppen mit den notwendigen Fähigkeiten und Werten aus, um verantwortliche Weltbürger zu sein. Die Investition in die Bildung und die Stärkung des Bildungssektors sind deshalb der Schlüssel zur Entwicklung eines Landes und seiner Menschen. Bildung spielt eine entscheidende Rolle für die Erreichung aller 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele, die im September von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York verabschiedet wurden. Eines dieser Ziele widmet sich ausschließlich der Bildung und schreibt vor, dass bis zum Jahr 2030 für alle Menschen eine inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sowie Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen sichergestellt werden müssen. Die UNESCO ist das Zugpferd für die Umsetzung des Ziels und wird die Akteure in dem Feld koordinieren. Zudem wird sie jährlich einen Überblick über die Entwicklung der Bildung weltweit geben, um klar messen zu können, ob das Bildungsziel auch tatsächlich erreicht wird. Nur so wissen wir, wo wir stehen, welche Maßnahmen wirksam waren und welche vielleicht noch ergriffen werden müssen.

Welche Schwerpunkte werden Sie in der Deutschen UNESCO-Kommission im Jahr 2016 setzen?

Die Globale Nachhaltigkeitsagenda wird Richtschnur unseres Handelns 2016 sein, denn auch Deutschland ist Adressat dieser neuen Agenda. Auch wir müssen unser Bildungssystem kritisch prüfen und nationale Strategien entwickeln, um sicherzustellen, dass die international vereinbarten Ziele hierzulande erreicht werden. Die Beratung der Bundesregierung und anderer maßgeblicher Akteure in Fragen der Umsetzung des Konzepts einer Bildung für nachhaltige Entwicklung, von Inklusion im Bildungswesen, von kultureller Bildung und der Nutzung der Potenziale von Open Educational Resources werden dabei Schwerpunkte unserer Arbeit sein.

 

(Quelle: Jahresbericht der Deutschen UNESCO-Kommission 2015)

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