Aktuelle Situation weltweit

Zwischen den Weltregionen bestehen in Kultur und Kreativwirtschaft enorme Unterschiede und strukturelle Ungleichheiten: 95 % aller exportierten kulturellen Güter und Dienstleistungen weltweit stammen aus traditionellen Industrieländern. Die UNESCO-Weltkulturberichte 2018 und 2022 zeigen, dass vielen Kreativen aus dem sogenannten Globalen Süden der Zugang zu internationalen Kunst- und Kulturmärkten strukturell verwehrt wird. Erschütternd oft sind prekäre finanzielle und soziale Lebensumstände die Folge. Die COVID-19-Pandemie hat die Situation weiter verschärft. Zudem verändert die Digitalisierung die gesamte kulturelle Wertschöpfungskette mit drastischen Folgen für Kulturtätige.

Idee der Initiative

Die Initiative Fair Culture ist inspiriert von Fairtrade - einem in der Lebensmittel- und Textilindustrie bewährten Modell des Welthandels für gerechtere Arbeitsbedingungen und nachhaltigere Marktgestaltung. Obwohl in Kultur und Kreativwirtschaft mit dem UNESCO-Übereinkommen zur kulturellen Vielfalt sogar völkerrechtliche Standards existieren, gab es dort bislang keine vergleichbaren Modelle des Welthandels. Dies will die Deutsche UNESCO-Kommission mit ihrer Initiative Fair Culture ändern. 

Fair-Culture-Charta

Die Charta ist das Grundsatzdokument der Initiative Fair Culture. Sie legt acht Grundsätze für eine faire Entwicklung des Kultursektors fest.Diese sollen Kreativen, Unternehmen und Staaten als Leitlinien und Selbstverpflichtung dienen um Rahmenbedingungen von Kultur und Kreativwirtschaft grundlegend zu verbessern.

  1. Menschenwürdige Arbeitsbedingungen und gerechte Entlohnung
  2. Zugang zu vielfältigen kulturellen Ausdrucksformen und Ressourcen
  3. Nichtdiskriminierung und Gleichberechtigung
  4. Lokale Entwicklung
  5. Zugang zu lokalen, nationalen und globalen Märkten
  6. Digitale Gerechtigkeit und Ethik
  7. Respekt für die Umwelt
  8. Bewusstsein der Öffentlichkeit und der Verbraucherinnen und Verbraucher

Entstehung der Fair-Culture-Charta

Die Fair-Culture-Charta entstand 2023 in einem partizipativen Prozess mit vielfältigen Akteuren aus allen Weltregionen. Beschlossen wurde die Charta von einem Kreis von elf Akteuren. Koordiniert wurde der Prozess von der Deutschen UNESCO-Kommission. Die Grundlage bildeten mehrere globale Konsultationen, zahlreiche Fachgespräche sowie die Handlungsempfehlungen der Fair-Culture-Studie. Über 100 Expertinnen und Experten aus Kultur, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft aus aller Welt beteiligten sich. Die wichtigste Inspiration für die Fair-Culture-Charta war die Fairtrade Charta. 

Erarbeitet wurde die Charta wurde von einem achtköpfigen Redaktionsteam, in dem alle Weltregionen vertreten waren: Jordi Balta Portolés, Transit Projectes, Spanien, Brahim El Mazned, Visa for Music Festival, Marokko, Prof. Véronique Guèvremont, Universität Laval, Kanada, Eddy Johana Gómez, Llorona Records, Kolumbien, Farai Mpfunya, Culture Fund, Simbabwe, Eduardo Saravia, Sound Diplomacy, Kolumbien, Anupama Sekhar, South-South Arts Fellowships und ArtsEquator, VAE/Indien, Luanda Smith, Creatividad y Cultura Glocal A.C., Mexiko und Katrina Stuart Santiago, Schriftstellerin und PAGASA - People for Accountable Governance and Sustainable Action, Philippinen.

Partnerinnen und Partner der Initiaitive sind:

  • FAIR TRADE International
  • Fair Picture
  • Französisches Kulturministerium
  • Goethe-Institut
  • Institute for Creative Entrepreneurship & Innovation (Serbien)
  • Instituto Maracá (Brasilien)
  • Kenianische UNESCO-Kommission
  • Koreanische UNESCO-Kommission
  • UNESCO-Lehrstuhl an der Universität Laval (Kanada)
  • Weltverband der Koalitionen für Kulturelle Vielfalt
  • Weltverband der Musiker/innen - International Federation of Musicians
  • Weltverband der Schauspieler/innen - International Federation of Actors

Die Fair-Culture-Charta wurde im Rahmen einer weltweiten zugänglichen Online-Veranstaltung im September 2024 veröffentlicht.

Mehr Informationen zur Fair-Culture-Charta finden Sie auf der Website fair-culture.orgExterner Link:

Studie "Fair Culture – Ein Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung"

Gebäude der vereinten Nationen im Hintergrund, Flaggenmaste im Fordergrund
Vereinte Nationen | © konferenzadhs/Pixabay

Rechtliche Grundlagen von Fair Culture

Die Initiative Fair Culture basiert auf Völkerrecht, vor allem auf dem UNESCO-Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen von 2005, der UNESCO-Empfehlung über die Stellung der Künstlerin und des Künstlers von 1980 und der Agenda 2030.

UNESCO-Übereinkommen zu kultureller Vielfalt

Ein ausgewogener Austausch kultureller Güter und Dienstleistungen und die Mobilität von Kunst- und Kulturtätigen weltweit zählen zu den wichtigsten Zielen des UNESCO-Übereinkommens von 2005. Sein Artikel 16 fordert die Vorzugsbehandlung von Kulturtätigen sowie von kulturellen Dienstleistungen und Waren aus dem sogenannten Globalen Süden, um bestehende Ungleichheiten zwischen den Weltregionen zu überwinden. Länder wie Deutschland tragen hier Verantwortung: Sie sollen Handelsabkommen, Fördermaßnahmen (Residenzen, Koproduktionsförderung etc.) und Rahmenbedingungen (Steuerrecht, Visaregelungen etc.) zugunsten der Länder des sogenannten Globalen Südens gestalten.

Das UNESCO-Übereinkommen von 2005 bildet auch die völkerrechtliche Grundlage für die Anerkennung des Doppelcharakters kultureller Güter und Dienstleistungen. Diese haben sowohl einen kulturellen als auch einen wirtschaftlichen Wert. Die Stärkung des öffentlichen Bewusstseins für den ökonomischen Aspekt von Kultur kann die Arbeitsbedingungen für Kulturtätige verbessern. Zum Beispiel durch faire Preise und Löhne und bewussten Konsum. Zugleich darf nie vergessen werden, dass Kultur immer auch Identität, Sinnstiftung und Zusammenhalt bedeutet.

UNESCO-Empfehlung über die Stellung der Künstlerin und des Künstlers

Bereits die UNESCO-Empfehlung von 1980 über die Stellung der Künstlerin und des Künstlers betont die Bedeutung von sozialer Sicherung und gerechten Arbeitsbedingungen für Kulturtätige und Kreative. 

Agenda 2030

In der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen knüpft Fair Culture insbesondere an die Ziele “Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum” ( 8), “Weniger Ungleichheiten” ( 10) und “Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen” ( 16) an.

Fair Culture Slider

Teaser-Karussell
Abstraktes Gemälde mit bunten geschwungenen Linien an einer Häuserwand

Kulturelle Vielfalt

Kultur und Kreativität sind überall im Alltag gegenwärtig, beim Lesen und Musik hören, beim Gaming und Kinobesuch. Kultur ist so vielfältig wie die We

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Mehrere Meter Hohe und Breite Wandmalerei im Graffiti-Stil. Das Motiv zeigt das Portrait einer indigenen Person in bunten Farben.

Weltkulturberichte

Die Weltberichte der UNESCO analysieren aktuelle Trends der Kulturpolitik weltweit. Sie teilen Erfahrungen und Wissen und inspirieren politische...

Mehrere Tänzer umkreisen eine Tänzerin, die die Hände in die Luft reckt.

Kultur

Kultur umfasst alles, was Menschen in einer Gesellschaft teilen: Musik, Kunst, Literatur, Sprache, Werte, Bräuche, Stätten und zeitgeschichtliche...