Vorschläge für Weltdokumentenerbe stehen fest
Die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds und einige der ersten Röntgenaufnahmen der Geschichte werden der UNESCO von Deutschland noch in diesem Jahr zur Aufnahme in das Weltdokumentenerbe vorgeschlagen. Das bestätigte heute das deutsche Nominierungskomitee für das UNESCO-Programm „Memory of the World“ auf seiner Sitzung in Göttingen. Gemeinsam mit der Schweiz wird zudem der literarische Nachlass Friedrich Nietzsches nominiert, der in Archiven und Bibliotheken der beiden Länder verwahrt wird. Die Vorschläge werden durch ein internationales Fachgremium geprüft. Über die Aufnahme in das UNESCO-Register wird 2025 entschieden.
„Mit der heutigen Entscheidung wollen wir einzigartige Dokumente für kommende Generationen bewahren helfen und der Weltöffentlichkeit über das Internet zugänglich machen“, erklärt Joachim-Felix Leonhard, Vorsitzender des deutschen Nominierungskomitees für das Weltdokumentenerbe. „Diese Schriften und Bilder schlagen eine Brücke über die Jahrhunderte. Sie sind wichtige Zeugnisse unserer Zivilisation und bis heute ein Schatz für Wissenschaft und Forschung. Sie erzählen von der Entdeckung der Röntgenstrahlen, zeigen eines der bedeutendsten Schriftwerke des Judentums und dokumentieren das Lebenswerk des Philosophen Friedrich Nietzsche“, so Leonhard.
Das Weltdokumentenerbe vereint Buchbestände, Handschriften, Partituren, Bild-, Ton- und Filmaufnahmen von außergewöhnlichem Wert für die Menschheitsgeschichte. Das internationale UNESCO-Register „Memory of the World“ zählt 496 Einträge. Darunter befinden sich 28 Beiträge aus Deutschland, von denen viele als internationale Gemeinschaftsprojekte erarbeitet wurden.
Babylonischer Talmud
Der Talmud gehört zu den bedeutendsten Schriften des Judentums. Er enthält Kommentare zur Auslegung der biblischen Gesetze und liegt in zwei Ausgaben vor: Neben dem Jerusalemer Talmud ist der Babylonische Talmud, der im Gebiet des heutigen Irak entstand, das umfassendere Kompendium. Die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds ist die einzige weltweit, in der der gesamte Text des Werks enthalten ist. 1342 in Frankreich verfasst, befindet sich das Manuskript seit 1807 im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek. Vom Mittelalter bis in die Neuzeit überdauerte diese wertvolle Handschrift Jahrhunderte der Verfolgung und den nationalsozialistischen Terror in Deutschland.
Bilddokumente zur Erforschung der Röntgenstrahlen
Das Deutsche Röntgen-Museum in Remscheid bewahrt eine Sammlung von 220 Röntgenbildern, die Wilhelm Conrad Röntgen im Zuge seiner Forschungen zu der nach ihm benannten Strahlung angefertigt hat. Darunter befinden sich drei Aufnahmen von Röntgens eigenen Händen und denen seiner Frau Anna Bertha. Drei weitere Bilder zeigen das Jagdgewehr Röntgens, das er mithilfe der neuen Technologie durchleuchten konnte. Die beiden Serien aus den Jahren 1895 und 1896, die nun zur Aufnahme in das Weltdokumentenerbe vorgeschlagen sind, veranschaulichen in herausragender Weise die Revolution, die Röntgens Entdeckung in Medizin und Materialwissenschaften auslösen sollte.
Der literarische Nachlass von Friedrich Nietzsche
Der Philosoph, Dichter und Komponist Friedrich Nietzsche gilt als einer der einflussreichsten Autoren unserer Zeit. Sein Werk ist in der Wissenschaft bis heute lebendig, hat aber auch außerhalb akademischer Kreise große Wirkung entfaltet. Im Gegensatz zu anderen bedeutenden Denkern hat Nietzsche seinen literarischen Nachlass nicht selbst geordnet, sondern nahezu vollständig seinen Erbinnen und Erben überlassen. So wurden Nietzsches gesammelte Schriften über seinen Tod im Jahr 1900 hinaus immer wieder zum Gegenstand von Auseinandersetzungen, Überarbeitungen und Neuauflagen. Seine Originalmanuskripte sind für das Verständnis seiner Philosophie daher von besonderer Bedeutung. Sein Nachlass wird heute in Deutschland und der Schweiz von der Klassik Stiftung Weimar, der Universitätsbibliothek Basel, dem Staatsarchiv Basel-Stadt und dem Nietzsche-Haus in Sils Maria bewahrt.
Hintergrund
Das UNESCO-Programm zum Weltdokumentenerbe wurde 1992 ins Leben gerufen. Ziel des 1997 im Rahmen des Programms gestarteten internationalen Registers ist es, dokumentarische Zeugnisse von außergewöhnlichem Wert in Archiven, Bibliotheken und Museen zu sichern, zugänglich zu machen und auf deren Bedeutung hinzuweisen.
Vorschläge aus Deutschland für das internationale Register werden durch das deutsche Nominierungskomitee für das WeltdokumentenerbeExterner Link: geprüft, bewertet und ausgewählt. Das Komitee ist bei der Deutschen UNESCO-Kommission angesiedelt. Über Aufnahmen entscheidet der Exekutivrat der Weltkulturorganisation auf Empfehlung des Internationalen Komitees für das UNESCO-Programm „Memory of the World“.
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