1965
Internationale Hydrologische Dekade (1965-1974): Ohne Wasser kein Leben. „Hydrologie“ ist die Wissenschaft vom Wasser und seiner Verteilung in der Atmosphäre und auf der Erdoberfläche. Die Bewahrung tragfähiger Wasservorkommen ist eine grenzübergreifende Aufgabe. Die Internationale Hydrologische Dekade hat das Ziel, die Wasserbewirtschaftung weltweit zu verbessern und die Ausbildung von Fachleuten zur Erforschung und Erschließung von Wasserressourcen zu fördern. In der Folge der Weltdekade richtet die UNESCO 1975 das Internationale Hydrologische Programm (IHP) ein.
Erste Weltkonferenz gegen Analphabetismus: An der Weltkonferenz im September 1965 in Teheran beteiligen sich Bildungsministerinnen und -minister aus 88 Staaten. Sie beschließen zwölf Länderprogramme zur Bekämpfung des Analphabetismus. Das Konzept der „funktionalen Alphabetisierung“ wird eingeführt, dabei orientiert sich die Unterweisung im Lesen und Schreiben am unmittelbaren beruflichen und gesellschaftlichen Umfeld und erfolgt teilweise direkt am Arbeitsplatz.
Tsunami-Warnsystem im Pazifik: Im November 1965 wird auf Hawaii das Tsunami-Frühwarnsystem für den Pazifik eingerichtet. Das Alarmsystem wertet die Daten seismischer Stationen zur Erkennung von Tsunamis aus und gibt bei Gefahr Warnmeldungen an über 100 staatliche Stellen entlang der Pazifikküste heraus. Koordiniert wird das Frühwarnsystem von der Zwischenstaatlichen Ozeanographischen Kommission (IOCExterner Link:) der UNESCO. 2005 hat die IOC drei weitere Tsunami-Frühwarnsysteme auf den Weg gebracht: im Indischen Ozean (seit 2008 in Betrieb), in der Karibik und im Nordostatlantik / Mittelmeer.
Teheran 1965
88
Staaten beteiligen sich an der ersten Weltkonferenz gegen Analphabetismus 1965 in Teheran.
1966
Prix Jeunesse: Erstmals wird im Juni 1966 in München der UNESCO-Sonderpreis zum Prix Jeunesse International verliehen. Der Prix Jeunesse ist die höchste internationale Auszeichnung für Kinderfilme. Der Sonderpreis der UNESCO zeichnet Produktionen aus, die sich für die Verständigung zwischen den Kulturen einsetzen. Im Auftrag der UNESCO übernimmt die Deutsche UNESCO-Kommission die Preisverleihung.
Internationale Empfehlung zum Status der Lehrenden: Auf einer gemeinsamen Konferenz der UNESCO und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) wird am 5. Oktober 1966 die Internationale Empfehlung zum Status der Lehrer und Lehrerinnen verabschiedet. Die Empfehlung macht auf die verantwortungsvolle Aufgabe von Lehrenden aufmerksam und setzt sich dafür ein, das Ansehen der Lehrerinnen und Lehrer weltweit zu steigern. An die Verabschiedung der Empfehlung erinnert der Welttag der Lehrer und Lehrerinnen, der seit 1994 jährlich am 5. Oktober begangen wird.
Gründung des Entwicklungsprogramms der UN: Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP)Externer Link: wird durch die Zusammenlegung des erweiterten Programms für technische Hilfe und den Spezialfonds der UNO für Entwicklung geschaffen. Für die Projektarbeit der UNESCO ist das UNDP von großer Bedeutung.
1967
Programm zur Massenalphabetisierung: Auf Beschluss der Generalkonferenz startet die UNESCO ein experimentelles Programm zur Massenalphabetisierung. In acht ausgewählten Ländern in Afrika und Lateinamerika werden Pilotprojekte gestartet. Am 8. September 1967 wird zum ersten Mal der Welttag für Alphabetisierung begangen. Seither vergibt die UNESCO zu diesem Anlass jährlich Alphabetisierungspreise.
1968
Bundesregierung verstärkt UNESCO-Zusammenarbeit: Die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der UNESCO wird 1968 eine selbstständige diplomatische Mission. Zuvor war sie Teil der Botschaft in Frankreich. Die Bundesregierung trägt damit der wachsenden Bedeutung der Zusammenarbeit mit der UNESCO Rechnung.
Bundesrepublik Deutschland im Exekutivrat: Hans Reimers wird im Juni 1968 Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im UNESCO-Exekutivrat (bis 1970).
Der Mensch und die Biosphäre (MAB): In Paris findet im September die erste zwischenstaatliche Konferenz über die nachhaltige Nutzung der Biosphäre statt. Forschende aus 63 Staaten diskutieren über die globalen Auswirkungen von Umweltproblemen. Zuvor hatten Fachleute der Deutschen UNESCO-Kommission bei der UNESCO eine Resolution zur Stärkung des Naturschutzes erfolgreich eingebracht. Die Biosphärenkonferenz im Jahr 1968 war das erste zwischenstaatliche Forum, das sich mit nachhaltiger Entwicklung befasste. Sie legte den Grundstein für das zwischenstaatliche Programm „Der Mensch und die Biosphäre“ (MAB), das seit 1971 globale Ökosystemforschung fördert. Im Rahmen dieses Programms hat die UNESCO das globale Netzwerk der Biosphärenreservate eingerichtet. Heute setzen weltweit 714 UNESCO-Biosphärenreservate in 129 Ländern das Konzept nachhaltiger Entwicklung um.
Programm für Sonderpädagogik: Die UNESCO initiiert erste Programme zur Bildung für Menschen mit Behinderung.
Wege zum Frieden: Der deutsche Bundesaußenminister Willy Brandt hält am 6. November 1968 auf der 15. Generalkonferenz der UNESCO in Paris eine viel beachtete Rede über „Wege zum Frieden“. Er entwickelt darin die Idee einer Politik, die sich der Kunst des Dialogs mit Andersdenkenden verpflichtet fühlt.
1969
Internationales Bildungsbüro (IBE): Am 1. Januar wird das 1925 gegründete Internationale Bildungsbüro (IBE) in Genf integrativer Bestandteil des Bildungssektors der UNESCO.
Kommunikationsprogramm: Eine Expertentagung der UNESCO in Montreal legt die Grundlagen für ein langfristiges Forschungsprogramm zu den Auswirkungen der Kommunikationstechnologie auf die Gesellschaft.
1970
„Internationales Jahr der Bildung“: 1970 ist das „Internationale Jahr der Bildung“. Die UNESCO übernimmt die Federführung für das Internationale Jahr.
Erste Weltkonferenz über Kulturpolitik: An der Weltkonferenz (Venedig, 24. August bis 2. September) nehmen Kulturminister bzw. deren Vertretungen aus 88 Mitgliedstaaten der UNESCO teil. Thema der Konferenz sind „institutionelle, administrative und finanzielle Aspekte der Kulturpolitiken“.
Konvention gegen illegalen Handel mit Kulturgut: Die 16. Generalkonferenz der UNESCO verabschiedet am 14. November in Paris das bisher weitreichendste internationale Instrument gegen den illegalen Handel mit Kulturgut, das „Übereinkommen über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut“Externer Link:. Deutschland ist der Konvention am 30. November 2007 beigetreten.
Bundesrepublik Deutschland im UNESCO-Exekutivrat: Die Generalkonferenz wählt den deutschen Botschafter a. D. Herbert Blankenhorn in den Exekutivrat (bis 1976). Von 1974 bis 1976 ist er stellvertretender Vorsitzender.
1971
Faure-Kommission: Der Generaldirektor der UNESCO beruft eine „Internationale Kommission für die Entwicklung der Bildung“ unter dem Vorsitz des ehemaligen französischen Premierministers Edgar Faure. 1972 legt die Kommission ihren Schlussbericht vor. Er erscheint unter dem Titel „Learning to Be“ (deutsche Ausgabe: Wie wir leben lernen). Der Faure-Bericht bereitet den Weg für innovative Konzepte zur internationalen Erziehung.
Austritt Portugals: Am 31. Dezember tritt Portugal aus der UNESCO aus. Als Begründung wird politische Einmischung genannt. Portugal war erst 1965 der UNESCO beigetreten. Seither hatten Exekutivrat und Generalkonferenz eine unabhängige Untersuchung der Situation des Bildungswesens in den damaligen portugiesischen Kolonien in Afrika gefordert, der sich Portugal widersetzte. Nach der Demokratisierung des Landes und der Aufgabe seiner afrikanischen Kolonien hat Portugal 1974 seine Mitgliedschaft in der UNESCO erneuert.
1972
Deutsch-Polnische Schulbuchkommission: In Warschau findet im Februar die erste deutsch-polnische Schulbuchkonferenz statt. Die Initiative geht auf den Präsidenten der Deutschen UNESCO-Kommission Georg Eckert und seine polnische Amtskollegin Eugenia Krassowska zurück. Am 17. Oktober 1972 unterzeichen Georg Eckert und Wladyslaw Markiewicz von der Polnischen Akademie der Wissenschaften das deutsch-polnische Abkommen zur Schulbuchrevision. Geschichts- und Geografiebücher beider Länder werden überarbeitet, um gegenseitige Feindbilder abzubauen. Die Initiative wird zum Vorbild für gleichartige Projekte in anderen Ländern.
Europäische Hochschulzentrum: In Bukarest wird am 21. September das Europäische Hochschulzentrum (CEPES) eröffnet. Seine Aufgabe ist die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen der UNESCO-Mitgliedstaaten der Region Europa (einschließlich USA, Kanada und Israel).
Internationales Geowissenschaftliches Programm (IGCP): Um geologische Forschung weltweit zu fördern, wird 1972 das Internationale Geowissenschaftliche Programm (IGCP) von der UNESCO und der Internationalen Union der Geowissenschaften (IUGS) gegründet. Schwerpunkte des IGCP sind die Erforschung globaler Umweltveränderungen und Katastrophenforschung. Deutsche geologische Fachkräfte haben seit 1972 an mehr als der Hälfte der 500 Großforschungsprojekte des IGCP mitgewirkt und viele dieser Projekte koordiniert.
UNESCO-Welterbekonvention: Die 17. UNESCO-Generalkonferenz (Paris, 17. Oktober bis 21. November) verabschiedet das „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“Externer Link:, das 1975 in Kraft tritt. Leitidee der Welterbekonvention ist die „Erwägung, dass Teile des Kultur- oder Naturerbes von außergewöhnlicher Bedeutung sind und daher als Bestandteil des Welterbes der ganzen Menschheit erhalten werden müssen“ (aus der Präambel der Welterbekonvention). 191 Staaten haben das Übereinkommen ratifiziert. Seit 1978 führt die UNESCO die „Liste des Welterbes“. Der Aachener Dom gehörte zu den ersten zwölf Stätten, die in die UNESCO-Liste aufgenommen wurden. Heute stehen auf der Welterbeliste über 1.154 Kultur- und Naturerbestätten in 167 Ländern.
Beitritt der DDR zur UNESCO: Die DDR wird am 24. November 1972 als 130. Mitgliedstaat in die UNESCO aufgenommen. Die UNESCO ist die erste UN-Organisation, der die DDR angehört. Am 4. Dezember wird eine Ständige Vertretung der DDR bei der UNESCO in Paris eröffnet.
1973
UNESCO-Kommission der DDR: Auf Beschluss des DDR-Ministerrats wird am 31. Januar 1973 die UNESCO-Kommission der DDR gebildet. Sie ist als beratendes Gremium dem Außenministerium zugeordnet.
UN-Dekade gegen Rassismus: Die UNESCO beteiligt sich mit einem eigenen Programm an der von den Vereinten Nationen ausgerufenen Weltdekade zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung (1973-1983). Im Rahmen der Dekade verabschiedet die UNESCO 1978 die „Erklärung über ‚Rassen‘ und rassistische Vorurteile“.
1974
UNESCO erhält Friedenspreis des Papstes: Papst Paul VI. verleiht der UNESCO den von seinem Vorgänger Papst Johannes XXIII. gestifteten vatikanischen Friedenspreis.
Amadou-Mahtar M'Bow wird Generaldirektor: Die 18. UNESCO-Generalkonferenz wählt am 14. November Amadou-Mahtar M'Bow (Senegal) mit 123 Stimmen bei einer Gegenstimme zum neuen Generaldirektor der UNESCO. Er hat das Amt bis 1987 inne.
DDR im Exekutivrat: Rita Schober wird als erste Vertreterin der DDR in den Exekutivrat der UNESCO gewählt (bis 1976).
Empfehlung zur internationalen Erziehung: Am 19. November verabschiedet die Generalkonferenz die „Empfehlung über Erziehung für internationale Verständigung, Zusammenarbeit und Frieden sowie Erziehung bezüglich der Menschenrechte und Grundfreiheiten“Externer Link:. Mit der Empfehlung werden erstmals Leitlinien für ein Konzept des Globalen Lernens sowie zur Friedens- und Menschenrechtserziehung formuliert. Die Empfehlung bildet fortan die Grundlage für die Arbeit der UNESCO-ProjektschulenExterner Link:.