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Internationale Fachtagung zum UNESCO-Welterbe in Europa
20 Länder diskutierten europäische Zusammenarbeit in Lübeck
Am 5. und 6. Oktober 2017 kamen im Europäischen Hansemuseum in Lübeck rund 70 Vertreterinnen und Vertreter aus 20 Ländern zusammen, um sich über die Rolle von Welterbe in Europa, nachhaltigen Tourismus und die Vermittlung von Welterbe für eine gemeinsames europäisches Selbstverständnis auszutauschen. Das Leitthema des 3. Treffens der europäischen Welterbestätten-Vereine stand mit „Sharing World Heritage“ ganz im Zeichen der Teilhabe und des bevorstehenden Europäischen Kulturerbejahres 2018.
Ein Europäisches Netzwerk aufbauen und konsolidieren
Im Fokus der Diskussionen der Vertreter von europäischen Welterbestätten-Vereinen sowie der Welterbe-Experten und -Akteure standen insbesondere die Konsolidierung und der Ausbau des bestehenden Netzwerks. Während bestehende Vereine auf nationaler Ebene bereits gut verankert und vernetzt sind, gibt es noch nicht in jedem Land eine organisierte zivilgesellschaftliche Vertretung der Welterbestätten. Andernorts besteht bereits eine langjährige überregionale Kooperation zwischen Welterbestätten und -Vereinen, wie z.B. in den skandinavischen Ländern, die inzwischen in einem überregionalen Dachverband kooperieren.
Zur Konsolidierung des jungen Netzwerks wurden daher vielfältige Ideen diskutiert, um sich auch zwischen den jährlichen Treffen besser zu vernetzen: Austausch- und Besuchsprogramme, themenbezogene Arbeitsgruppen, virtuelle Informationsforen oder die Teilnahme an den jeweiligen Jahresversammlungen der nationalen Vereine.
Am Beispiel des ersten internationalen so genannten Site Managers Forum im Rahmen der 41. Sitzung des Welterbekomitees im Juli 2017 in Krakau und dessen Abschlusserklärung unterstrichen Anna Marconi-Betka und Katarzyna Piotrowska von der polnischen Behörde für Kulturerbe (National Heritage Board of Poland) die Bedeutung von besserem Austausch und Verständnis zwischen den lokal Verantwortlichen für das Welterbe und den Entscheidungsgremien auf internationaler Ebene. Gleichzeitig wurde beraten, wie sich das Netzwerk der Vereine langfristig gegenüber den europäischen Institutionen aufstellen kann, um Verantwortung für den Schutz und Erhalt von sowie die Teilhabe am gemeinsamen Natur- und Kulturerbe zu kommunizieren.
Gemeinsames Engagement für Tourismus
In seinem Impulsvortrag erläuterte Peter DeBrine, Programmleiter für nachhaltigen Tourismus im UNESCO-Welterbezentrum, die Bedeutung des Nachhaltigkeitsgedankens für den Tourismus. Welterbestätten sind Besuchermagneten, dürfen aber nicht Opfer des eigenen Erfolgs werden. Die Herausforderung besteht darin, ansteigende Besucherzahlen nachhaltig zu managen, um lokale Einkommensquellen und qualitätvolle Vermittlungsarbeit zu vereinbaren. Das Jahr 2017 wurde von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr des nachhaltigen Tourismus für Entwicklung ausgerufen, um diese wachsende Herausforderung zu thematisieren und – im Sinne der Agenda 2030 und der Ziele für nachhaltige Entwicklung – einen Wandel in wirtschaftlichen Grundsätzen, Unternehmenspraktiken und Verbraucherverhalten hin zu einem nachhaltigen Tourismus herbeizuführen.
In ihrem Vortrag erläuterte Hege Agathe Bakke-Alisøy, Welterbekoordinatorin von Bryggen, Bergen in Norwegen, zudem anschaulich das Risiko von unverhältnismäßigem Kreuzfahrttourismus. In den Präsentationen und Arbeitsgruppen wurde für die Prävention bzw. Eindämmung von Massentourismus insbesondere die Sensibilisierung auf politischer Ebene für Qualität statt Quantität als grundlegende Voraussetzung für einen denkmal-, umwelt- und sozialverträglichen Tourismus identifiziert. Auch eine abgestimmte Zusammenarbeit unter den Vereinen bei der Entwicklung von nachhaltigen Angeboten wurde als richtungsweisend angesehen.
Kommunikation und Vermittlung - Europäisches Kulturerbejahr 2018 und darüber hinaus
Neben der netzwerkinternen Kommunikation lag ein Schwerpunkt auch auf der Präsentation und Kommunikation von Welterbe an unterschiedlichste Zielgruppen, um ein besseres Verständnis der Besonderheiten und Gemeinsamkeiten des Welterbes in Europa zu erreichen. Prominent zu nennen, sind hier Sensibilisierungskampagnen für vielfältige Zielgruppen oder auch Informationsveranstaltungen im Rahmen eines gemeinsamen Welterbetages. Ein Bericht von Catherine Arteau und Blandine Giambiasi zur Sensibilisierung neuer Akteure für die Besonderheit des Weinanbaugebiets und Welterbes Juridiction Saint-Émilion trug zu Denkanstößen bei, wie das Potenzial von Welterbe als Lernorte für ein friedliches Zusammenleben aktiviert werden können.
Zum 4. Treffen der Europäischen Welterbestätten-Vereine lud abschließend der italienische Welterbestätten-Verein kommendes Jahr in die sizilianische Stadt Noto ein, eine der spätbarocken Städte des Val di Noto.