Auf ein Wort,

UNESCO-Lehrstühle in Deutschland sind den Globalen Nachhaltigkeitszielen verpflichtet

Prof. Dr. Gerd Michelsen

Prof. Dr. Gerd Michelsen
Sprecher des Netzwerks der UNESCO-Lehrstühle in Deutschland und Inhaber des UNESCO-Lehrstuhls „Hochschulbildung für eine nachhaltige Entwicklung“ an der Leuphana Universität Lüneburg

Die Globale Nachhaltigkeitsagenda steht im Mittelpunkt der Arbeit aller UNESCO-Lehrstühle in Deutschland. Welchen Beitrag können die Lehrstühle zur Umsetzung der Agenda leisten?

Mit der im Herbst 2015 von der Weltgemeinschaft verabschiedeten 2030 Agenda und den darin formulierten 17 Globalen Nachhaltigkeitszielen stehen die UNESCO-Lehrstühle und die UNITWIN-Netzwerke (Kooperationsprogramm der UNESCO im Hochschulbereich) vor der Herausforderung, ihren Beitrag zur Erreichung dieser Ziele zu leisten. Eine besondere Rolle spielt dabei das Globale Nachhaltigkeitsziel 4, dem ein humanistisches Bildungsideal auf Basis der Menschenrechte unterliegt und als entscheidend dafür gesehen wird, dass Menschen ihre individuellen Fähigkeiten entfalten, ihre beruflichen Ziele verwirklichen und an der Gestaltung einer nachhaltigen Gesellschaft mitwirken können. Die UNESCO-Lehrstühle setzen sich in ihren Aktivitäten, in der Forschung wie auch in der Lehre mit diesem Ziel, aber auch anderen Nachhaltigkeitszielen häufig in Kooperation mit weiteren Partnern weltweit auseinander. Sie tragen damit zur Bekanntheit der Nachhaltigkeitsagenda und zu deren Einbindung in die Wissenschaft bei.

Der UNESCO stellen die Lehrstühle ihre wissenschaftliche Expertise zur Verfügung, um so die unterschiedlichen UNESCO-Aktivitäten durch Beratung, Studien, Bereitstellung wissenschaftlicher Daten oder Publikationen zu unterstützen. Wir haben zum Beispiel mitgearbeitet an der Erarbeitung der „Guidelines on Sustainability in Research and Education“, die im Herbst 2017 veröffentlicht wurden und die die besondere Rolle von Wissenschaft und Bildung bei der Umsetzung der SDGs hervorheben. Es ist zu hoffen, dass die Zusammenarbeit der Lehrstühle mit der UNESCO noch weiter wächst, um eine breite wissenschaftlich untermauerte Basis für die Arbeit der UNESCO in der Bewältigung der Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung sicherzustellen.

Die Aufgabe der UNESCO-Lehrstühle ist es, zu den UNESCO-Themen zu forschen und Multiplikatoren bei der Umsetzung der Ziele und der Arbeit der UNESCO zu sein. Wie tun das die UNESCO-Lehrstühle in Deutschland konkret?

Die UNESCO-Lehrstühle in Deutschland konnten auf ihren letzten Jahrestagungen zeigen, dass sie den Globalen Nachhaltigkeitszielen in ihrer Forschung und Lehre verpflichtet sind. Lassen Sie mich drei Beispiele nennen. Die Kollegin Christine Volkmann hat an der Universität Wuppertal den UNESCO-Lehrstuhl für Entrepreneurship und Interkulturelles Management inne. Vor dem Hintergrund ihrer Forschungsarbeiten bereitet sie Studierende auf ihre künftige Rolle als Entscheidungsträger in der Gesellschaft vor. Dabei spielen vor allem die Auseinandersetzungen mit dem Nachhaltigkeitsziel 4 zur Bildung, dem Ziel 8 zu menschenwürdiger Arbeit und Wirtschaftswachstum und dem Ziel 9 zu Industrie, Innovation und Infrastruktur eine Rolle. Sie schärft das Bewusstsein der Studierenden für ein nachhaltiges und ethisch verantwortungsvolles Unternehmertum.

Der Kollege Heribert Nacken vertritt an der RWTH Aachen den UNESCO-Lehrstuhl für HydroChange – Hydrologischer Wandel und Wasserressourcen-Management. Seine Arbeiten orientieren sich am Nachhaltigkeitsziel 6 zu sauberem Wasser und Sanitärversorgung. Eine seiner Forschungsarbeiten setzt sich mit Fragen zum Zusammenhang von Wasser, Energie und Nahrungsmitteln auseinander. Eine Besonderheit ist hier das Schülerlabor Waterlab, in dem sich Schülerinnen und Schüler mit Filmen, Simulationen, Rechercheaufgaben und kleinen Präsentationen spielerisch mit dem Thema Hochwasser auseinandersetzen. Ihr neues Wissen können sie in zwei Computerspielen testen.

Der UNESCO-Lehrstuhl für Erdbeobachtung und Geokommunikation von Welterbestätten und Biosphärenreservaten des Kollegen Alexander Siegmund hat einen besonderen Bezug zum Nachhaltigkeitsziel 11 zu nachhaltigen Städten und Gemeinden. Durch die Nutzung digitaler Geoinformationstechnologien wie Satellitenfernerkundung und geographischer Informationssysteme werden Umweltveränderungen überwacht, bewertet und visualisiert. Inhaltlich liegt der Schwerpunkt auf UNESCO-Welterbestätten, Biosphärenreservaten und Geoparks. Auf diese Weise fördert der UNESCO-Lehrstuhl den Erhalt, das Management und die Bewusstseinsbildung des universellen Werts dieser Orte und Landschaften.

Und ganz persönlich: Welchen Profit haben Sie mit Ihrem Lehrstuhl von der Mitarbeit in diesem weltweiten Netzwerk?

Es geht weniger um Profit im engeren Sinne bei unserer Arbeit, sondern vielmehr um die Anerkennung unserer Leistungen, die wir im UNESCO-Kontext erbringen. Die Mitarbeit oder Einbindung in Arbeitsgruppen der UNESCO, das Abrufen von Expertise durch die UNESCO, die regelmäßige Evaluation und Bestätigung der Arbeiten der Lehrstühle durch die UNESCO, der Zugang zu einem internationalen Netzwerk von UNESCO-relevanten Lehrstühlen oder auch die Vielfalt der UNESCO-Netzwerke sind nur einige Beispiele, die deutlich machen, dass es sich lohnt, als UNESCO-Lehrstuhl zu arbeiten. Für die Lehrstühle in Deutschland möchte ich hervorheben, dass die Zusammenarbeit mit der Deutschen UNESCO-Kommission außerordentlich anregend ist und deutlich wird, dass beide Seiten durch die enge Kooperation gewinnen. Im In- und Ausland unterstreicht der Titel des UNESCO-Lehrstuhls eine besondere Qualität und wird von Partnern gewürdigt. Und wenn ich jetzt die Frage für den Lüneburger UNESCO-Lehrstuhl Hochschulbildung für nachhaltige Entwicklung beantworte, dann will ich nur folgende Punkte anmerken: Mitarbeit in der Reference Group zur Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung, Kooperationspartner der UNESCO im Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung, Mitarbeit zur Erarbeitung der „Guidelines on Sustainability Science in Research and Education“, Mitglied im Vorstand der Deutschen UNESCO-Kommission, alles Aktivitäten, in die meine Mitarbeitenden und ich nicht nur „einzahlen“, sondern gleichzeitig auch „Zinsen“ erhalten.

Was haben Sie sich mit den weiteren UNESCO-Lehrstühlen in Deutschland für das Jahr 2018 vorgenommen?

Ende Oktober dieses Jahres haben die UNESCO-Lehrstühle in Deutschland auf ihrer Tagung in Heidelberg eine Vereinbarung verabschiedet, in der wir uns auf drei gemeinsame Aktivitäten für das kommende Jahr und darüber hinaus verständigt haben. Erstens ist eine Ringvorlesung mit möglichst allen UNESCO-Lehrstuhlinhaberinnen und -inhabern an einer Hochschule geplant. Diese Ringvorlesung kann erstmalig im Sommersemester 2018 an der Leuphana Universität Lüneburg stattfinden. Zweitens wird ein Lehrmodul zum Verständnis der UNESCO-Arbeit im Horizont der 2030 Agenda vorbereitet. Dieses Modul und die darin enthaltenen Materialien können von allen Lehrstühlen für ihre jeweilige Lehrveranstaltung genutzt werden. Und drittens sollen gemeinsame Forschungs- und Publikationsaktivitäten initiiert werden, die trotz unserer unterschiedlichen Disziplinen unseren gemeinsamen Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030 herausstellen. Die nächste Jahrestagung der UNESCO-Lehrstühle in Deutschland wird im Herbst 2018 an der Universität Hildesheim stattfinden. Außerdem ist für 2019 in Deutschland eine internationale Tagung von UNESCO-Lehrstühlen vorgesehen. Das UNESCO-Lehrstuhlnetzwerk in Deutschland ist ein starkes Netzwerk, diese Zusammenarbeit nehmen wir sehr ernst und leisten weiterhin unseren Beitrag in der Umsetzung der geplanten Aktivitäten.

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