Friedenauer Gemeinschaftsschule – Berlin

„Inklusion bedeutet für uns die Akzeptanz und Wertschätzung der Heterogenität aller Kinder“, beschreibt die Friedenauer Gemeinschaftsschule ihr Selbstverständnis. Von den rund 840 Schülerinnen und Schülern haben im Durchschnitt rund 60 Prozent einen Migrationshintergrund und 14 Prozent einen sonderpädagogischen Förderbedarf.

Die Friedenauer Gemeinschaftsschule wurde 2012 in einem Fusionsprozess von vier Schulen gegründet: zwei Grund-, eine Haupt- und eine Realschule sind in einer Schule aufgegangen. Die beiden Grundschulen hatten bereits seit 1982 Erfahrungen mit dem Modell der „wohnortnahen Integration“ von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung gesammelt.

Unterrichtet wird in jahrgangsübergreifenden Lerngruppen, die jeweils drei Jahrgangsstufen umfassen – 1 bis 3, 4 bis 6 und 7 bis 9 – sowie in der zehnten Jahrgangsstufe. Eine gymnasiale Oberstufe ist in Planung und soll ab 2021/22 aufgebaut werden. Zudem gibt es Willkommensklassen für Kinder ohne Deutschkenntnisse.

An der Friedenauer Gemeinschaftsschule sollen die Schülerinnen und Schüler in ihrer Selbstorganisation gefördert werden und Verantwortung für ihren eigenen Lernprozess übernehmen. In den Klassen 1 bis 6 arbeiten sie daher in Mathe, Deutsch und Englisch mit Lernwegen: Jedes Kind kann hier in seinem eigenen Tempo auf seinem Lernweg vorankommen. In den Jahrgangsstufen 7 bis 9 arbeiten die Schülerinnen und Schüler in diesen Fächern in Lernbüros. Zum Arbeiten nutzen sie die Lernpläne der einzelnen Fächer mit Aufgaben, die sie nacheinander in ihrem eigenen Tempo bearbeiten.

Viele Aufgaben können in Partner- oder Gruppenarbeit erledigt werden. Bei Unklarheiten versuchen die Schülerinnen und Schüler, sich zunächst selbstständig und untereinander zu helfen. Bei Schwierigkeiten und der Ergebniskontrolle kann die anwesende Lehrkraft unterstützen. Schülerinnen und Schüler mit den Förderbedarfen Geistige Entwicklung und Lernen erhalten auf ihren Lernstand angepasstes Material, wobei darauf geachtet wird, dass trotzdem alle am selben Gegenstand lernen.

Friedenauer Gemeinschaftsschule – Berlin

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Der Anspruch der Schule an sich selbst ist: „Kein Kind soll unsere Schule verlassen, ohne die eigenen Stärken zu kennen und besondere Talente oder Leidenschaften ausprobiert zu haben.“ Um das zu erreichen, versucht die Schule durch verschiedene Angebote, alle Schülerinnen und Schüler in allen Lebenslagen möglichst individuell zu unterstützen.

Neben den typischen Unterrichtsfächern bietet die Friedenauer Gemeinschaftsschule daher eine Vielzahl an Wahlpflichtkursen an. Im eigenen Theaterraum etwa wirken alle Schülerinnen und Schüler an Theaterproduktionen mit. Im Bewegungsraum werden spezielle Kurse wie Psychomotorik unter Anleitung einer Therapeutin angeboten. Andere Kinder beschäftigen sich mit den Therapiebegleithunden, gehen zur Leseförderung oder nehmen am „Babywatching“ teil: Um die Empathie der Schülerinnen und Schüler zu fördern, zeigen Eltern den Umgang und die Interaktion mit ihren Babys.

Für Jugendliche, die ihren Schulabschluss unter normalen Unterrichtsbedingungen nicht erreichen können, bietet die Friedenauer Gemeinschaftsschule das „Produktive Lernen“ an. Dabei haben die Schülerinnen und Schüler nur noch an zwei Tagen Unterricht und verbringen die übrige Zeit in den umliegenden Betrieben, um frühzeitig berufliche Erfahrungen zu sammeln. Jenseits des klassischen Unterrichts erbringen die Jugendlichen so alle Leistungen, die sie für den Schulabschluss benötigen.

Kinder und Jugendliche aller Jahrgänge, die dem Unterricht nicht durchgehend konzentriert folgen können oder starke Auffälligkeiten im Verhalten zeigen, können am Projekt „Übergang“ teilnehmen. Die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler lernen stundenweise außerhalb der Klasse, bleiben aber Teil dieser Gemeinschaft. Ein vergleichbares Konzept verfolgt das Projekt „Lernbüro 2.0“, wo Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ an drei Tagen in der Woche Unterstützung erhalten. 

Um alle Schülerinnen und Schüler optimal fördern zu können, setzt die Friedenauer Gemeinschaftsschule auf Teamarbeit. Im Unterricht werden neben den Fach- und Klassenlehrkräften auch Erzieherinnen und Erzieher eingesetzt. Leitungsmitglieder, Sozialarbeiter, Sonderpädagogen, Schulpsychologen und externe Berater kommen regelmäßig in „Fallteams“ zusammen, um Unterstützungsmöglichkeiten für einzelne Schülerinnen und Schüler zu besprechen. Die Schule beschreibt die Teamarbeit so: „Leitung im Team vorzuleben heißt, Vielfalt zu erlauben und nicht davon auszugehen, dass eine Person allein alles richtig kann und weiß.“

Den Jakob Muth-Preis sieht die Schule als Ansporn. „Ich glaube, dass wir an vielen Stellen schon richtig viele gute Lösungen gefunden haben und manchmal viel zu wenig wissen, wieviel gute Lösungen wir schon haben“, sagt Juliane Winkler, Leiterin des Ganztags in der Grundstufe, „das ist vielleicht ein Geschenk mit dem Preis, dass wir innehalten und sagen können, wow, das haben wir schon geschafft. Und gleichzeitig zeigt uns der Alltag an Einzelfällen, dass wir immer noch nicht weit genug sind, und dass wir immer noch unseren Spielraum erweitern müssen und weiter lernen müssen.“

Um das zu erreichen, bestreitet die Schule ihren Alltag mit einer großen Portion Kreativität und Einfallsreichtum – jeden Tag.

Kontakt

Friedenauer Gemeinschaftsschule
Rubensstraße 63
12157 Berlin

Schulleitung

Herr Uwe Runkel
Telefon: (030) 90277 4713
E-Mail: Schulleitung(at)fgs.schule.berlin.de

Website

friedenauer-gemeinschaftsschule.de/home

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