UNESCO-Welterbetag in der Völklinger Hütte
Prof. Dr. Maria Böhmer
Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission
- Es gilt das gesprochene Wort! –
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Rehlinger,
(chère Mme la ministre Dati,)
sehr geehrter Herr Dr. Beil,
lieber Herr Ahrberg,
liebe Vertreterinnen und Vertreter der Welterbestätten,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
Mesdames et Messieurs,
im Namen der Deutschen UNESCO-Kommission begrüße ich Sie herzlich zur bundesweiten Eröffnung des diesjährigen UNESCO-Welterbetages.
Ich freue mich, dass wir in diesem Jahr zu Gast auf der Völklinger Hütte sein dürfen. Sie gehörte einst zu den bedeutendsten Eisenhütten Deutschlands.
Weltweit ist sie die einzige erhaltene Hütte aus dem Industriezeitalter! Viele technische Neuerungen wurden hier entwickelt und sind auf der ganzen Welt im Einsatz.
Auch heute noch können wir an diesem Ort die Geschichte der industriellen Revolution hautnah erleben und nachempfinden, wie sie unsere Gesellschaft geprägt hat. Und noch immer prägt die Völklinger Hütte die Identität dieser Region und der Menschen – als Ort des Wandels, gestern und heute. Sie ist Zeuge eines – mitunter schmerzhaften – Strukturwandels.
Schließlich gab es keine einfache Antwort auf die Frage, was mit der Hütte nach dem Ende der industriellen Produktion geschehen soll. Heute können wir von einer mehr als glücklichen Entscheidung sprechen, dass die UNESCO 1994 die Völklinger Hütte aus den genannten Gründen mit dem Welterbetitel ausgezeichnet hat. In diesem Jahr feiern Sie das 30. Jubiläum als Welterbestätte. Dazu gratuliere ich Ihnen ganz herzlich!
Am Beispiel dieses Industriedenkmals sehen wir, wie mit drei großen Herausforderungen umgegangen werden kann:
- Der fachgerechte Erhalt der rostenden Substanz wird sichergestellt, damit auch nachfolgende Generationen dieses Erbe bestaunen können.
- Die nachhaltige Umnutzung dieser Gebäude gelingt in Form eines beeindruckenden Zentrums für Kunst und Industriekultur.
- Für die Vermittlung der historischen und aktuellen Bedeutung der Völklinger Hütte gibt es ein Besucherzentrum, das in das Gelände des Industriedenkmals integriert ist.
Dieser Umgang mit dem Erhalt, der Weiterentwicklung und der Vermittlung ist ein Vorbild und ein Wegweiser für eine nachhaltige Zukunft weit über das Industrieerbe hinaus.
Aus einem weiteren Grund ist die Völklinger Hütte der ideale Veranstaltungsort für den heutigen UNESCO-Welterbetag: Hier erleben wir Internationalität!
So ist die Völklinger Hütte, zum einen, Teil des Netzwerkes der European Route of Industrial Heritage. Ein Netzwerk der wichtigsten Standorte des industriellen Erbes Europas. Zum anderen, sind viele Menschen über nationalstaatliche Grenzen hinweg hierhin gependelt. Diese lange Tradition führte dazu, dass die Großregion SaarLorLux in der Europäischen Union aktuell die höchste grenzüberschreitende Mobilität durch Arbeitnehmende aufweist. Aus dieser Tradition wurde ein solides Fundament für eine intensive Freundschaft zwischen Deutschland, Luxemburg und Frankreich. Deswegen freue ich mich umso mehr über [Ihr Kommen, liebe Frau Ministerin Dati sowie] die französischen UNESCO-Stätten, aber auch über die Repräsentanten aus Luxemburg, die sich heute hier auf dem Welterbemarkt präsentieren. Seien Sie herzlich willkommen – bienvenue à Völklingen!
Dass wir heute hier zusammen feiern können – das hätten wir in den Jahren nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges nicht zu träumen gewagt. Das ist ein hoffnungsvolles Zeichen dafür, dass gemeinsames Erbe dazu genutzt werden kann, Brücken zu bauen.
Brücken bauen – das ist auch unser Ziel: Dafür haben wir als Deutsche UNESCO-Kommission zusammen mit dem Verein UNESCO-Welterbestätten Deutschland den UNESCO-Welterbetag 2005 ins Leben gerufen. Unser Wunsch war und ist es, das Welterbe für alle Menschen zugänglich und erlebbar zu machen - für das Erbe zu begeistern!
Mittlerweile ist der Aktionstag am ersten Sonntag im Juni fest auf der Agenda aller 52 Welterbestätten in Deutschland verankert. Über 350 Veranstaltungen - von der Nordseeküste bis an die Alpen - finden heute statt.
Das Programm ist vielfältig: von digitalen Angeboten, über analoge Veranstaltungen bis hin zu unserem Fotowettbewerb zum UNESCO-Welterbetag: Sie sind alle eingeladen, unser gemeinsames Welterbe in Deutschland zu erkunden und mitzumachen!
Passend dazu steht der diesjährige UNESCO-Welterbetag unter dem Motto „Vielfalt entdecken und erleben“.
Worin zeigt sich diese Vielfalt der weltweit 1.199 Welterbestätten?
Zum einen darin, dass ganz unterschiedliche Kulturerbestätten wie das jüdisch-mittelalterliche Erbe in Erfurt oder der Taj Mahal in Indien zum Welterbe gehören. Einzelne Bauwerke haben ebenso Welterbestatus wie archäologische Stätten.
Zum zweiten gibt es nicht nur menschengeprägte Kulturerbestätten, sondern auch Naturerbestätten, wie das Wattenmeer.
Drittens, ist auch die historische Dimension der Welterbestätten vielfältig! In den Höhlen der Schwäbischen Alb hat der Mensch vor über 30.000 Jahren die weltweit ersten Musikinstrumente erschaffen. Ende des 19. Jahrhunderts entstanden industrielle Welterbestätten wie die Völklinger Hütte.
Die Vielfalt im Welterbe ist somit ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und unserer Geschichte. Sie erinnert uns daran, dass wir alle Teil eines größeren Ganzen, Teil des Erbes der Menschheit, sind und dafür Verantwortung tragen: Das vielfältige und einzigartige Erbe gemeinsam zu schützen, zu erhalten und zu vermitteln – dazu hat sich die Weltgemeinschaft vor über 50 Jahren durch die Ratifizierung der UNESCO-Welterbekonvention bekannt.
Das Netzwerk der Welterbestätten verbindet alle Menschen verschiedenster Kulturen weltweit.
Als besondere Orte der Begegnung, der gegenseitigen Toleranz und Wertschätzung machen Welterbestätten globalen Zusammenhalt erlebbar. Damit tragen sie zu nichts Geringerem bei, als zu den übergreifenden Zielen der UNESCO: Frieden, Völkerverständigung und nachhaltiges Handeln.
Vor diesem Hintergrund laden wir Sie heute ein, liebe Gäste, das vielfältige Erbe der Völklinger Hütte und weiterer Welterbestätten zu entdecken und zu erleben.
Besten Dank!