Rede
© Thomas Müller

Prof. Dr. Maria Böhmer Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission

Sehr geehrte, liebe Mitglieder der Deutschen UNESCO-Kommission, 

ich freue mich, Sie zu unserer 84. Mitgliederversammlung zu begrüßen. Wir haben uns explizit dafür entschieden, unsere Versammlung heute in Erfurt auszurichten: 

Das jüdisch-mittelalterliche Erbe in Erfurt wurde im letzten Jahr als 52. Welterbestätte Deutschlands ausgezeichnet. Wir wollen uns als Deutsche UNESCO-Kommission zu unserem gemeinsamen jüdischen Erbe bekennen, unserer Verantwortung für dessen Schutz und Vermittlung gerecht werden.

In Zeiten, in denen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zunehmen, Gewalt verstärkt um sich greift, die Ergebnisse der Europawahlen mit ihren nationalistischen Tendenzen uns mit großer Sorge erfüllen,

möchten wir ein klares Zeichen setzen: für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, für die Wahrung der Menschenrechte, für Vielfalt und Toleranz und für einen starken Multilateralismus.

Auf der heutigen Mitgliederversammlung wollen wir gemeinsam mit Ihnen eine Erklärung verabschieden, die unsere Position verdeutlicht: Stellen wir uns gemeinsam gegen diejenigen, die die Werte einer weltoffenen und freiheitlichen Demokratie angreifen. 

Alle Aktivitäten der Deutschen UNESCO-Kommission sind mit diesen Werten verbunden, wie Sie meinem ausführlichen Bericht bereits entnehmen konnten. Ich möchte einige besondere Schwerpunkte hier hervorheben.

Im vergangenen Jahr lautete unser Jahresthema: „Grundlagen für Frieden und Freiheit stärken“. Unser hier ausliegendes Jahrbuch zeigt, wie wir dieses Thema mit Leben gefüllt haben. 

Allem voran möchte ich unser Recreation-Projekt in den Blick rücken, das durch das Auswärtige Amt unterstützt wird. 2023 konnten wir über 200 Schülerinnen und Schülern jeweils mehrwöchige Erholungsaufenthalte an deutschen UNESCO-Projektschulen ermöglichen. Im letzten September habe ich die Jugendlichen in Hannover persönlich kennengelernt. Es war sehr berührend, die Gastfreundschaft und Solidarität der Gastfamilien zu spüren – vor allem aber unmittelbar zu erfahren, wie lebensfroh und kreativ die Jugendlichen wieder sein können, wenn sie nicht täglich in Angst und Schrecken leben müssen.

Lieber Herr Luckscheiter, Sie halten engen Kontakt zur ukrainischen Nationalkommission. Nur dadurch können wir diese Unterstützung geben. Dafür danke ich Ihnen sehr herzlich.

Auch in diesem Jahr zeigt sich unsere intensive Partnerschaft mit unseren ukrainischen Kolleginnen und Kollegen: Anfang Mai konnte die DUK zusammen mit den ukrainischen, polnischen und österreichischen Nationalkommissionen eine viel beachtete internationale Konferenz in Lwiw veranstalten. Sie ist Ausdruck unserer Solidarität mit der Ukraine und fand anlässlich des 70. Jubiläums der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut in bewaffneten Konflikten statt. Im Rahmen der Konferenz wurde die Rolle von Kultur und Bildung in Kriegszeiten ausgelotet. Deren Schutz vor Einschränkungen und vor Zerstörung ist elementar für Frieden und Freiheit. 

Mit weiteren Nationalkommissionen haben wir intensive Kontakte aufgebaut und weiterentwickelt. Die gemeinsame Publikation zu „Kooperationen zwischen den Nationalkommissionen“ will weltweit Nationalkommissionen anregen und ermutigen, stärker bilateral und multilateral zusammenzuarbeiten und so Völkerverständigung und Zusammenhalt als Grundlagen für Frieden und Freiheit zu fördern! 

Beeindruckend ist, dass auf der Generalkonferenz der UNESCO im letzten November die Neufassung der „UNESCO-Empfehlung für Bildung für Frieden, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung“ einstimmig beschlossen wurde. Das zeigt: Trotz der angespannten und schwierigen Weltlage ist die UNESCO handlungsfähig und unterstreicht die Wirkungskraft ihrer, unserer Werte!

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen, lieber Herr Möller, für Ihr großes Engagement bei den Beratungen dieser UNESCO-Empfehlung einen herzlichen Dank zu sagen!

Die gesamte UNESCO-Familie haben wir als wichtige Akteure für Frieden und Freiheit in unserer letzten Resolution hervorgehoben. Deren Aktualität zeigt sich auch in 2024: Just in diesem Juni haben wir dafür zwei prominente Beispiele:

Am ersten Sonntag im Juni findet alljährlich der UNESCO-Welterbetag statt. In diesem Jahr haben wir – wie immer mit dem Verein der Welterbestätten Deutschlands – die bundesweite Eröffnung auf der Völklinger Hütte durchgeführt. Es kamen viele Besucher und Besucherinnen, die wir für die „Vielfalt unseres Welterbes“ begeistern konnten: für dessen Schutz, Erhalt und Vermittlung. Die Völklinger Hütte selbst ist Teil des Netzwerkes der European Route of Industrial Heritage. Zudem kamen auch zahlreiche Gäste aus Frankreich und Luxemburg nach Völklingen – Beides Zeichen dafür, dass Erbe über Grenzen hinweg verbindet.

Die Internationale Konferenz der Biosphärenreservate aus Europa und Nordamerika konnten wir Anfang Juni erstmals in Deutschland ausrichten. Mehr als 300 Vertreter und Vertreterinnen aus 41 Ländern trafen sich in Wittenberg und diskutierten über das Thema „Climate for Change“. Die Biosphärenreservate stehen unter diesem Motto stellvertretend für die gesamte UNESCO-Familie: Durch gemeinsame Ziele und mit vereinten Kräften können grenzüberschreitend Lösungen für „wicked problems“ entwickelt und umgesetzt werden. Alle UNESCO-Familien-mitglieder sind dabei Vorbilder, Laboratorien und Agenten des Wandels: Einem Wandel hin zu einer nachhaltigen Zukunft in Frieden.

Unsere gestrige öffentliche Veranstaltung hat gezeigt, wie Kultur und Bildung zusammenwirken können.

Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, dass die UNESCO diese Verbindung auf der Weltkonferenz zu kultureller Bildung in Abu Dhabi im Februar – nach 14 Jahren – wieder in den Fokus rückte. Dem Abschlussdokument „Framework for Culture and Arts Education“ haben alle Mitgliedsstaaten einstimmig zugestimmt und sich somit verpflichtet, kultureller und künstlerischer Bildung eine stärkere Rolle zuzuweisen. 

Dies gilt es, auch bei uns in Deutschland umzusetzen. Dafür habe ich bei der Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Frau Ministerin Streichert-Clivot, geworben.

Für das aktuelle Jahr 2024 haben wir uns als Jahresthema die Aufgabe gestellt, „Der Kreativität Räume (zu) geben“. 

Wir sind davon überzeugt, dass Kreativität Innovationen voranbringt; Bestehendes weiterentwickeln kann; Silos aufbricht und neue Ansätze für die vielfältigen Aufgaben in der UNESCO bietet. 

Angesicht der voranschreitenden Entwicklung im Bereich der Künstlichen Intelligenz ist es zentral, menschliche Kreativität zu schützen, ihr Vorrang zu geben und die Rechte von Kreativen und Kunstschaffenden zu stärken. Dafür haben wir unsere Initiative „Fair Culture“ vorangetrieben und zahlreiche Unterstützer weltweit gefunden. Aktuell wird die „Fair Culture Charta“ in vier Sprachen übersetzt. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag für faire und nachhaltige Austausch- und Handelsbeziehungen im Kulturbereich.

Kreativität entsteht gerade im Austausch, durch Interaktion mit anderen Menschen. Dieser Austausch steht bei unserem Freiwilligendienst „kulturweit“ im Mittelpunkt. In diesem Jahr feiert kulturweit sein 15-jähriges Jubiläum! Durch kulturweit konnten bereits über 6.000 junge Menschen, die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik vor Ort kreativ mitgestalten. Mit dem Incoming- und dem Outgoing-Programm vereint kulturweit unsere Jahresthemen 2023 und 2024 – und zeigt, dass kulturelle Bildung keine Einbahnstraße ist.

Liebe Mitglieder, dies sind nur einige Highlights unserer gemeinsamen Arbeit.              

Sie wären nicht möglich gewesen ohne die ideelle und finanzielle Förderung unserer Partner:

Ich bedanke mich an erster Stelle beim Auswärtigen Amt, mit dem wir eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit unterhalten.  Mein Dank gilt ebenso dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und dem Bundesumweltministerium und bedanke mich bei allen Stakeholdern, die unsere Arbeit ermöglichen.

Mein großer Dank gilt dem Vorstand sowie allen unseren Partnern in den UNESCO-Netzwerken.

Ich danke Christoph Wulf und Hartwig Lüdtke für die vertrauensvolle Arbeit im Präsidium.

Tagtäglich und tatkräftig setzt sich die gesamte Geschäftsstelle der DUK für die Umsetzung der UNESCO-Ziele ein. Unter der Leitung unseres Generalsekretärs, Roman Luckscheiter, und seines Stellvertreters, Lutz Möller, zeigt sich die DUK aktiv und innovativ. 

Die Evaluierung der Arbeit der Geschäftsstelle durch die Agentur EDUCULT ergab einen hervorragenden Abschlussbericht. Darauf können wir stolz sein und uns in unserem Wirken bestärkt fühlen. Wir freuen uns auch über die wichtigen Impulse für die Weiterentwicklung unserer Arbeit.

Vor allem aber richte ich meinen Dank an Sie, liebe Mitglieder. Durch die Wahlen im vergangenen Jahr haben wir die Expertise „alter“ Mitglieder bewahren und die frischen Ideen „neuer“ Mitglieder zur Stärkung unserer gemeinsamen Arbeit vereinen können. Das bringt uns nach vorne.

Für den Ausblick auf das zweite Halbjahr 2024 möchte ich zwei Schwerpunkte nennen:

Wir werden auch in den nächsten Monaten gezielt der Kreativität Räume geben. Dabei wollen wir intensiver mandatsübergreifend arbeiten und unsere Netzwerke untereinander stärker vernetzen. 

Das Querschnittsthema „KI“ werden wir weiterhin als maßgeblichen Schwerpunkt in unseren Veranstaltungen und Fachausschüssen behandeln. Die „UNESCO-Empfehlung zur Ethik der Künstlichen Intelligenz“ und die Neufassung der „UNESCO-Empfehlung für Bildung für Frieden Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung“ werden dabei für unsere Arbeit handlungsleitend sein.

Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen allen – und nun auf eine spannende Mitgliederversammlung.

Herzlichen Dank!

Rede
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UNESCO-Welterbetag in der Völklinger Hütte

Grußwort von Prof. Dr. Maria Böhmer zur Eröffnung der Veranstaltung zum UNESCO-Welterbetag in der Völklinger Hütte in Völklingen

Eingangsbereich Deutsche UNESCO-Kommission mit Logo
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Bildung für den Frieden

Begrüßung von Prof. Dr. Maria Böhmer zur öffentlichen Veranstaltung im Rahmen der 83. Mitgliederversammlung der Deutschen UNESCO-Kommission

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