Ethische Fragen im Zusammenhang mit neuen digitalen Technologien wie KI sind per se keine Fragen, die allein auf nationaler Ebene beantwortet werden können. KI-Systeme, die beispielsweise in den USA, in China oder auch in Deutschland entwickelt werden, werden weltweit genutzt und eingesetzt. Ethische Festlegungen, die in ihre Entwicklung einfließen, haben daher unmittelbare Auswirkungen auf Gesellschaften in anderen Staaten. Da der Großteil der KI-Entwicklung in einigen wenigen Industrie- und Schwellenländern stattfindet, besteht zudem die Gefahr, dass ärmere Staaten von der technologischen Entwicklung abgehängt werden und sich die sogenannten “digitalen Gräben” zwischen Staaten weiter vertiefen.
Die Entwicklung und Anwendung von KI berührt somit unmittelbar Fragen der globalen Gerechtigkeit. Die UNESCO-Empfehlung zu Ethik der Künstlichen Intelligenz widmet diesen Fragen besondere Aufmerksamkeit und formuliert entsprechende Handlungsaufträge an die UNESCO-Mitgliedsstaaten und die internationale Gemeinschaft: KI-Systeme müssen die Menschenrechte achten und fördern - wo auch immer sie eingesetzt werden, digitale Gräben innerhalb und zwischen Gesellschaften sollen überwunden und die internationale Zusammenarbeit zu KI massiv ausgebaut werden.
Besonderes Augenmerk legt die UNESCO-Empfehlung auf die Teilhabe von Menschen aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, sowohl bei der Nutzung von KI-Technologien als auch bei der Beteiligung an internationalen Prozessen zu deren Regulierung. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf den Ländern des afrikanischen Kontinents, dessen friedliche und prosperierende Entwicklung seit Jahren ein Schwerpunkt der Arbeit der UNESCOExterner Link: und auch der internationalen Zusammenarbeit der Deutschen UNESCO-Kommission ist.
Vor diesem Hintergrund verfolgt die UNESCO-Empfehlung folgendes übergreifendes Ziel:
Überschrift
"Die Förderung des gleichberechtigten Zugangs zu KI-Entwicklungen und -Wissen sowie eine gerechte Aufteilung des Nutzens (…)."
Die Deutsche UNESCO-Kommission trägt zur Umsetzung dieses Ziels bei, insbesondere durch die Sensibilisierung zentraler Akteure in Deutschland und den Austausch mit internationalen Expertinnen und Experten sowie anderen UNESCO-Nationalkommissionen.
Nationale Sensibilisierung für globale KI-Gerechtigkeit
In Podiumsdiskussionen und Workshops mit Akteuren der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und Wissenschaftspolitik wirbt die Deutsche UNESCO-Kommission für eine globale Perspektive auf das Thema der KI-Gerechtigkeit. Aktuell besteht die Gefahr, dass die Weltgemeinschaft bei der KI-Revolution die Fehler früherer technologischer Entwicklungen wiederholt: Einkommensstarke Länder dominieren Entwicklung und Nutzung neuer KI-Systeme, ärmeren Ländern droht einmal mehr die Rolle als Zaungäste. Dabei zeigen die Veranstaltungsformate der Deutschen UNESCO-Kommission immer wieder das große Potenzial dieser Länder für eigene KI-Forschung und -Entwicklung. So gibt es auf dem afrikanischen Kontinent bereits eine ganze Reihe von „KI-Hubs“, in denen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Privatwirtschaft erfolgreich zusammenarbeiten.
Deutschland kann im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit einen Beitrag zur besseren Nutzung dieser Potenziale und zur Förderung einer gleichberechtigten Entwicklung und Nutzung von KI leisten, z.B. durch die aktive Einbindung ärmerer Länder in Regelsetzungsprozesse oder durch einen weitreichenden Ausbau der internationalen Wissenschaftskooperation speziell zu KI-Themen.
Überschrift
"Wir wollen afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme. Wir wollen keine Technologie, die im Norden entwickelt und uns dann in den Schoß gelegt wird."
Verweis auf Interview Emma Ruttkamp-Bloem und Philipp Olbrich
Weitere Einblicke in die Rolle des Globalen Südens im Bereich KI-Ethik geben Prof. Emma Ruttkamp Bloem und Dr. Philipp Olbrich in diesem Interview.
Internationale Vernetzung zu KI-Ethik
Die Deutsche UNESCO-Kommission organisert außerdem internationale Fortbildungs- und Vernetzungsveranstaltungen, um globale KI-Gerechtigkeit zu fördern. Hierzu gehören beispielsweisel Online-Seminare für Mitarbeitende aus UNESCO-Nationalkommissionen weltweit, in denen sie sich über erfolgreiche Ansätze zur Umsetzung der UNESCO-Empfehlung zur Ethik der KI austauschen. In den Seminaren wird der große Nutzen des Austauschs zwischen den rund 200 UNESCO-Nationalkommissionen deutlich: Trotz aller nationalen Unterschiede sind die konkreten Herausforderungen und die entwickelten Lösungsansätze oft ähnlich oder übertragbar, sei es bei der Kommunikation von KI-Themen in die nationale Politik oder bei der Förderung von KI-Bildung. Neben diesen weltweiten Aktivitäten organisiert die Deutsche UNESCO-Nationalkommission auch regelmäßig gemeinsame Veranstaltungen mit anderen europäischen UNESCO-Nationalkommissionen, zum Beispiel mit den Kommissionen von Österreich und der Schweiz zur Rolle von KI im Journalismus.
KI-Publikationen mit internationaler Reichweite
Neben Veranstaltungen spielt auch die Herausgabe von Publikationen mit internationaler Reichweite eine wichtige Rolle, um den globalen Diskurs zur KI-Ethik zu fördern. So wurde in Zusammenarbeit mit den UNESCO-Nationalkommissionen der Niederlande und Sloweniens eine englischsprachige Broschüre erstellt, die die zentralen Inhalte der UNESCO-Empfehlung zur Ethik der KI für die breite Öffentlichkeit zusammenfasst. Diese Publikation wurde allen UNESCO-Nationalkommissionen weltweit als offene Datei zur freien Übersetzung und Adaption zur Verfügung gestellt, so dass sie mittlerweile neben Deutsch und Englisch in sieben weiteren Sprachversionen, darunter Griechisch, Italienisch und Litauisch, vorliegt.