Friedensbildung

Die UNESCO setzt diesen Auftrag mit vielen Instrumenten um, von praktischer Arbeit in den UNESCO-Projektschulen bis hin zur Ausbuchstabierung im Völkerrecht, was genau Friedensbildung im 21. Jahrhundert sein und leisten soll. Jüngst gelang dazu großer Fortschritt, mit der Einigung aller 194 UNESCO-Mitgliedstaaten auf das Völkerrecht der UNESCO-Empfehlung zu Bildung für Frieden, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung von 2023: Bildung muss zu einem friedlichen Miteinander in Vielfalt und zur friedlichen Konfliktlösung und -transformation beitragen.

Frieden ist nach diesem Grundlagentext viel mehr als die Abwesenheit von Krieg und physischer Gewalt; Frieden braucht gesellschaftliche Strukturen, die menschliche Grundbedürfnisse sicherstellen; Frieden braucht das Überwinden jeglicher Legitimierung von Formen der Gewalt, den Abbau systematischer Ungleichheit und die Anerkennung vielfältiger Wissenssysteme. Wo Frieden herrscht, muss man sich dies nicht als ereignislose „paradiesische Insel“ vorstellen, sondern als dynamischer und partizipativer Prozess, in dem alle Menschen mit ihren jeweiligen Stärken zusammenwirken, um gemeinsam gerechte und inklusive Gesellschaften unter Berücksichtigung der planetaren Grenzen zu schaffen.

Als Auftrag an die Friedensbildung folgt daraus, dass Bildung über den Frieden informieren und für den Frieden wirken muss. Als Wissen soll sie zum Beispiel vermitteln, was Frieden ist und welche Bedingungen Frieden erfordert, woran Frieden scheitern kann und was Gewalt in ihren verschiedenen Ausprägungen ist. Zugleich sollen Lernende durch Friedensbildung die Kompetenzen, Verhaltensweisen und Werte erlangen, Gewalt entgegen zu treten und bestehende Strukturen, welche Konflikte entstehen lassen oder verschärfen, tatsächlich zu verändern. 

Die große Errungenschaft der UNESCO-Empfehlung von 2023 ist zugleich, dass sie Friedensbildung verschränkt mit nah verwandten Ansätzen wie der Menschenrechtsbildung und der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Laut der Weltbildungsempfehlung handelt es sich bei allen Ansätzen um Ausprägungen der „transformativen Bildung“, welche sich gegenseitig befruchten und unterstützen sollen.  

Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern beim UNESCO-Projekttag in Frankfurt an der Oder
Grundschule am Botanischen Garten in Frankfurt (Oder) beim UNESCO-Projekttag 2024 mit dem Motto "Für den Frieden" | © Kerstin Müller

Menschenrechtsbildung

Menschenrechte sind die grundlegenden Rechte eines jeden Menschen: Staatsangehörige Deutschlands haben sie ebenso wie die Einwohner jedes anderen Landes weltweit, auch wenn sie als Gäste, Facharbeiterinnen oder Asylsuchende zu uns kommen oder irregulär einwandern; Menschen haben sie von Geburt und auch bei schwerer Krankheit, im Koma und im Gefängnis.

Diese Rechte werden nicht durch einen Staat verliehen und niemand kann seine Menschenrechte verlieren. Sie sind in Völkerrechtsverträgen verbindlich festgeschrieben – es sind Rechte, auf die man sich aus guten Gründen nach langen Verhandlungen weltweit geeinigt hat, weil diese Rechte nötig sind für ein würdiges Leben. 

Menschenrechte sind konkret: Das Menschenrecht auf Bildung sagt zum Beispiel, dass Bildung kostenfrei sein muss - mindestens der Grundschulunterricht. Menschenrechte müssen in ihrer Gesamtheit verwirklicht werden: Sogenannte bürgerliche und politische Rechte wie Meinungs- oder Religionsfreiheit sind genauso wichtig wie sogenannte wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte wie das Recht auf faire Arbeitsbedingungen und das Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben. 

Nur wenn Menschen ihre Rechte kennen, setzen sie sich für sie ein und fordern sie ein. Die Verwirklichung der Menschenrechte braucht Menschenrechtsbildung – weltweit. Menschenrechtsbildung vermittelt Kenntnisse, Fähigkeiten, Werte und Verhaltensweisen sowie Handeln über, durch und für die Menschenrechte. Lernen über Menschenrechte vermittelt Schlüsselbegriffe wie Freiheit, Gerechtigkeit, Menschenwürde oder Diskriminierung, und nationale und internationale Instrumente zum Schutz von Menschenrechten. Lernen durch Menschenrechte zielt auf "Empowerment" ab, zum Beispiel um Menschenrechtsverletzungen zu erkennen. Lernen für die Menschenrechte ermöglicht aktives Eintreten für sie und konstruktive Konfliktbewältigung.

Völkerrechtliche Grundlagentexte

Menschenrechtsbildung ist völkerrechtlich im Menschenrecht auf Bildung verankert, schon seit der Allgemeinen Erklärung der MenschenrechteExterner Link: von 1948.

Besonders wichtig ist die neue UNESCO-Empfehlung zu Bildung für Frieden, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung von 2023. Auch ihr zufolge ist Menschenrechtsbildung eine „transformativen Bildung“ für ein würdiges und zukunftsfähiges Leben für alle Menschen. Diese UNESCO-Empfehlung hatte einen Vorläufer von 1974Externer Link:, dem ersten Text der Vereinten Nationen, der den inhaltlichen Auftrag an die Bildung zur Förderung von Frieden und Menschenrechten umfassend und vertieft behandelte.

Die UN-Dekade 1995-2004 zur Menschenrechtsbildung hat diese weltweit vorangebracht. Seit 2005 arbeiten die Vereinten Nationen und die UNESCO im Weltprogramm zur Menschenrechtsbildung. 2012 verabschiedeten die Vereinten Nationen auch die UN-Erklärung über MenschenrechtsbildungExterner Link:.

Menschenrechtsbildung in Deutschland

Die Kultusministerkonferenz der Länder verabschiedete ihre erste Empfehlung zur Förderung der Menschenrechtserziehung in der Schule im Jahr 1980. Diese Empfehlung wurde im Jahr 2018 neu formuliertExterner Link:. Zwar gibt es in heutigen Lehrplänen genug Raum für die Behandlung der Menschenrechte, dieser Raum wird im Schulunterricht und in Schulbüchern dennoch nicht ausreichend genutzt. Das Themenportal MenschenrechtsbildungExterner Link: des Deutschen Instituts für Menschenrechte bietet Materialien wie den KompassExterner Link: an. Die Deutsche UNESCO-Kommission arbeitet auch im Forum MenschenrechteExterner Link:, dem Zusammenschluss von über 50 mit Menschenrechten befassten Menschenrechtsorganisationen, für die Menschenrechtsbildung. 

Gruppenfoto der Preisträgerinnen und Preisträger 2022
Die Preisträgerinnen und -träger des Deutschen Menschenrechts-Filmpreises 2022. Das nächste Mal wird der Preis Ende 2024 vergeben. | © Deutscher Menschenrechts-Filmpreis

Deutscher Menschenrechts-Filmpreis

Der Deutsche Menschenrechts-FilmpreisExterner Link: wird seit 1998 alle zwei Jahre am Internationalen Tag der Menschenrechte an herausragende Film- und Fernsehproduktionen verliehen. Der Preis wird von Organisationen der Menschenrechts-, Bildungs-, Kultur- und Medienarbeit getragen. Die Deutsche UNESCO-Kommission ist seit 2000 Mitveranstalter und präsentiert die prämierten Filme in eigenen Veranstaltungen. 

Städtekoalition gegen Rassismus

Auf Initiative der UNESCO bekämpft die Europäische Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR) seit 2004 Diskriminierung vor Ort. Aus Deutschland sind über 50 Städte Mitglied in ECCARExterner Link:. Die UNESCO kooperiert heute mit Städtekoalitionen in sechs Weltregionen und richtet jährlich im Herbst das „Global Forum against Racism and Discrimination“ aus.

Foto mit Ankündigung des Global Forum against Racism and Discrimination
© UNESCO

Menschenrechtsverfahren der UNESCO

Der Ausschuss für Übereinkommen und Empfehlungen der UNESCO untersucht Individualbeschwerden mutmaßlicher MenschenrechtsverletzungenExterner Link: in ihrem Zuständigkeitsbereich. Die meisten bisher behandelten Fälle betreffen Lehrkräfte, Studierende, Forschende sowie Kunst- und Medienschaffende. Beschwerden bei der UNESCO können nicht nur die Opfer von Menschenrechtsverletzungen selbst einreichen, sondern auch Gruppen und NGOs. Beschwerden können gegen alle Mitgliedstaaten der UNESCO erhoben werden, ohne dass diese einen Menschenrechtsvertrag der UNESCO oder der UNO anerkannt haben müssen.

Menschenrechtsverfahren erklärt

Von 1995 bis 2015 hat die Deutsche UNESCO-Kommission etwa zwanzig Publikationen in verschiedenen Sprachen herausgegeben, mit denen sie die Verfahren der Vereinten Nationen, der UNESCO und der ILO für Beschwerden bei Menschenrechtsverletzungen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt und verständlich gemacht hat.

Infobox

Menschenrechte in der UNESCO-Zuständigkeit

Die UNESCO ist als Sonderorganisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation zuständig. Die UNESCO fördert die Teilhabe jedes Menschen an diesen Lebensbereichen, dies ist auch das Ziel der „kulturellen Rechte“ der Allgemeinen Erklärung der MenschenrechteExterner Link::

Recht auf Bildung (Artikel 26);

Recht auf Teilhabe am wissenschaftlichen Fortschritt (Artikel 27);

Recht, frei am kulturellen Leben der Gemeinschaft teilzunehmen (Artikel 27);

Recht auf freie Meinung und Meinungsäußerung (Artikel 19);

Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Artikel 18);

Recht auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen als Urheber von Werken der Wissenschaft, Literatur oder Kunst (Artikel 27);

Recht, sich friedlich zu Zwecken der Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation zu versammeln und zu Vereinigungen zusammenzuschließen (Artikel 20).

Mehr zu Bildungsqualität

Bildung für nachhaltige Entwicklung

Bildung für nachhaltige Entwicklung () vermittelt Lernenden das Wissen und die Fähigkeiten, um aktiv und verantwortungsvoll an der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft mitzuwirken.

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Open Educational Resources

Open Educational Resources (OER) sind nicht nur kostenlos zugänglich, sondern können auch frei bearbeitet, geteilt, aktualisiert und vor allem an individuelle Lernbedürfnisse und -kontexte angepasst werden. Dadurch tragen sie zu einer hochwertigen und inklusiven Bildung bei.