Rathaus und Roland in Bremen
Das Rathaus und der Roland auf dem Marktplatz zu Bremen repräsentieren in herausragender Weise die Entwicklung bürgerlicher Autonomie und Souveränität im Heiligen Römischen Reich und wurden 2004 in die UNESCO-Welterbeliste eingeschrieben. Das Rathaus wurde Anfang des 15. Jahrhunderts im gotischen Stil erbaut und im frühen 17. Jahrhundert im Stil der Weserrenaissance renoviert. Die Rolandstatue auf dem Marktplatz wurde 1404 errichtet und symbolisiert die Rechte und Privilegien der Freien Reichsstadt Bremen.
Fakten
Aufnahmejahr: 2004
Bundesland: Bremen
Staaten: Deutschland
Art der Stätte: Kulturstätte
Erfüllte Aufnahmekriterien: (iii), (iv), (vi)
Außergewöhnliches Beispiel der Weserrenaissance
Das Alte Rathaus ist ein rechteckiger, zweigeschossiger Bau, der zwischen 1405 bis 1408 im Stile eines Saalgeschossbaus errichtet wurde. Die große Halle im Erdgeschoss mit Eichensäulen wurde ihrerzeit von den Kaufleuten und für Theateraufführungen genutzt. Im Obergeschoss befindet sich ein Festsaal.
Im frühen 17. Jahrhundert wurde das Bauwerk renoviert und erhielt eine neue Fassade, wodurch das Rathaus zu einem außergewöhnlichen Beispiel der sogenannten Weserrenaissance geworden ist, einer regionalen Variante des Renaissance-Baustils, der zwischen der Reformation und dem Dreißigjährigen Krieg entstand. Die Städte entlang der Weser erfuhren zu dieser Zeit einen wirtschaftlichen Aufschwung, der einen "Bauboom" in Adel und Bürgertum auslöste.
Die Fassade des Rathauses zeichnet sich aus durch das Zusammenwirken von gotischen Steinstatuen des Kaisers und der Kurfürsten und einem Skulpturenschmuck aus der Spätrenaissance, der die bürgerliche Selbstverwaltung symbolisiert. Das Bremer Rathaus und der Roland bezeugen in außergewöhnlicher Weise die Entwicklung bürgerlicher Autonomie und Souveränität im Heiligen Römischen Reich. Sie stehen für die politische Idee der bürgerlichen Selbstregierung und der eigenständigen Regulierung der rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen, wie sie in Bremen bereits ab 965 nach Christus praktiziert wurden. Zu diesem Zeitpunkt erhielt die Stadt Bremen das Recht, Zölle zu erheben und Münzen zu prägen. Die Existenz eines Bürgergremiums in dieser frühen Zeit der Stadtgeschichte ist durch ein Schriftstück von 1186 belegt. Dieser Stadtrat setzte unter anderem ein zivilrechtliches Gesetzbuch durch.
Symbol für die Entstehung bürgerlicher Autonomie
Die Rolandstatue aus Stein wurde ursprünglich im Jahre 1404 als Symbol für die Rechte und Privilegien der Freien Reichsstadt Bremen errichtet und gilt heute als die älteste noch an ihrem Platz befindliche Statue dieser Art in Deutschland. Sie wird assoziiert mit dem Markgrafen der Bretagne, einem Paladin Karls des Großen.
Die Statue wie auch das Rathaus in Bremen und der ihnen inhärente Symbolismus sind direkt verbunden mit der ideengeschichtlichen Entstehung bürgerlicher Autonomie und Marktrechte im Heiligen Römischen Reich.
Vernetzung in der Hanse
Noch heute ist Bremen seiner Rolle als freier Handelsstadt verbunden und seit 1358 Teil des Städtebundes der HanseExterner Link: und der entsprechenden Europäischen Kulturroute. In diesem Zusammenhang ist Bremen nicht nur mit den deutschen Welterbestädten Lübeck, Stralsund und Wismar, sondern auch mit weiteren europäischen Städten an Nord- und Ostsee vernetzt.
Der außergewöhnliche universelle Wert
Authentizität
Das Bremer Rathaus erlebte in seiner Geschichte unterschiedliche Phasen, beginnend mit dem ersten gotischen Bau zu Beginn des 15. Jahrhunderts und der umfassenden Umgestaltung im Barock zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Außerdem
wurden in den folgenden Jahrhunderten verschiedene Veränderungen und Ergänzungen vorgenommen, darunter auch der Bau des neuen Rathauses zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Unter Berücksichtigung dieser historischen Entwicklung ist anzunehmen, dass das Rathaus historische Authentizität in Bezug auf die verschiedenen Epochen in Form und Material aufweist. Außerdem ist seine geschichtlich entstandene räumliche Beziehung zu den angrenzenden historischen Gebäuden und dem Marktplatz erhalten geblieben.
Der Bremer Roland gilt als eine der ältesten und repräsentativsten Statuen dieser Art, die noch erhalten sind. Er wurde mehrmals repariert und restauriert, und das ursprüngliche Material wurde an einigen Stellen ersetzt, wodurch die Authentizität teilweise verloren ging.
Integrität
Während die unmittelbare Umgebung des Rathauses relativ gut erhalten ist, erfuhr der Rest des historischen Zentrums von Bremen im Zweiten Weltkrieg erhebliche Zerstörung und wurde nach dem Krieg in neuer Form wieder aufgebaut. Das Rathaus enthält alle Elemente, die den außergewöhnlichen universellen Wert der Stätte zum Ausdruck bringen, und es ist von angemessener Größe, um die vollständige Wiedergabe zu gewährleisten. Es gibt keine nachteiligen Auswirkungen von Entwicklung und/oder Vernachlässigung.
Kriterien
Kriterium (iii)
Das Bremer Rathaus und der Roland sind ein außergewöhnliches Zeugnis der sich im Heiligen Römischen Reich entwickelnden bürgerlichen Autonomie und Souveränität.
Kriterium (iv)
Das Bremer Rathaus und der Roland sind ein herausragendes Ensemble, das für bürgerliche Autonomie und Marktfreiheit steht. Das Rathaus repräsentiert den mittelalterlichen Typ eines Saalgeschossbaus und ist ein herausragendes Beispiel für die sogenannte Weserrenaissance in Norddeutschland.
Der Bremer Roland ist die repräsentativste Rolandstatue, die als Symbol für Marktrechte und Freiheit errichtet wurde, und auch eine der ältesten.
Kriterium (vi)
Das Ensemble von Rathaus und Roland von Bremen mit seiner Symbolik ist direkt mit dem Aufkommen der Konzepte der bürgerlichen Autonomie und der Marktfreiheit im Heiligen Römischen Reich verbunden. Der Bremer Roland bezieht sich auf eine historische Persönlichkeit, einen Paladin Karls des Großen, der die Vorlage für die französischen „chanson de geste“ und andere epische Poesie des Mittelalters und der Renaissance lieferte.