UNESCO World Heritage Sustainable Tourism Toolkit

Im Rahmen des Programms „World Heritage and Sustainable Tourism” des UNESCO-Welterbezentrums wurde das „UNESCO World Heritage Sustainable Tourism Toolkit” entwickelt. Dieses richtet sich an Manager von UNESCO-Welterbestätten und andere Akteure, die den Tourismus an ihrer Welterbestätte nachhaltig im ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Sinne gestalten möchten.

Basierend auf praktischen Erfahrungen bietet das Toolkit eine Anleitung für Aktivitäten, beispielsweise in den Bereichen Kommunikation, Management oder Investitionen. Zahlreiche Themenfelder werden mithilfe von Fallstudien präsentiert. Da das Toolkit bisher nur in englischer und französischer Sprache erhältlich ist, werden einige der Fallstudien im Folgenden kurz auf Deutsch präsentiert.

Fallstudien

1. Understanding – Historische Stadt Vigan (Philippinen)

Im Vorfeld der Anerkennung als UNESCO-Welterbe hatten die Bewohner der Historischen Stadt Vigan mit einer Vielzahl von Problemen zu kämpfen, unter anderem politischer Instabilität und Gewalt, Verfall des historischen Stadtkerns und finanziellen Engpässen bei den zuständigen Behörden. Im Zuge der Bewerbung um den Welterbe-Status haben die lokale Regierung und diverse Akteure gemeinsam einen Aktionsplan entwickelt, der insbesondere auf den Erhalt der Stätte als Mittel zur Entwicklung setzte. Die konsequente Umsetzung dieses Aktionsplans, basierend auf der Erkenntnis des positiven Potenzials von Welterbe-Tourismus, hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. So konnte nicht nur die Kulturerbestätte besser und langfristig geschützt werden, auch der lokalen Bevölkerung kamen die Maßnahmen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht zugute. Die Erkenntnis der Notwendigkeit, die alltäglichen Bedürfnisse der Bevölkerung – Wasserversorgung, Abfallmanagement, Transportinfrastruktur – in die Planungen und Aktivitäten zum Schutz der Welterbestätte und zur Förderung des Tourismus zu integrieren,  haben maßgeblich zum Erfolg des Aktionsplanes beigetragen.

Guide 1: Understanding tourism at your destination

2. Strategy – Nationalpark Ichkeul (Tunesien)

Die Welterbestätte stand für 10 Jahre auf der Liste des gefährdeten Welterbes aufgrund der starken Gefährdung des natürlichen Gleichgewichts des Ökosystems, konnte jedoch auch durch den Erfolg des Projektes im Bereich nachhaltiger Tourismus 2006 wieder aus dieser Liste gestrichen werden. Zur Integration aller betroffenen Akteure in das Management der Stätte wurde ein Managementkomitee gegründet und die Tourismusstrategie an der Einbeziehung der lokalen Bevölkerung ausgerichtet. Insbesondere die Sensibilisierung aller Betroffenen für die notwendigen Schutzmaßnahmen zugunsten des natürlichen Lebensraums und die stärkere umweltverträgliche Ausrichtung des Tourismus haben dazu geführt, dass sich der Nationalpark als Anziehungspunkt für Touristen etablieren und sich die Natur gleichzeitig erholen konnte.

Guide 2: Developing a strategy for progressive change

3. Governance – Melaka und George Town – Historische Städte an der Meeresstraße von Malakka (Malaysia)

Die beiden historischen Städte sahen sich mit ähnlichen Problemen konfrontiert: der Schwierigkeit, ein Gleichgewicht zwischen den Anforderungen des Tourismus einerseits und der Erhaltung des außergewöhnlichen universellen Wertes andererseits zu finden, sowie der mangelnden Identifikation der lokalen Bevölkerung mit dem gebauten Kulturerbe. Durch die Gründung einer gemeinnützigen Organisation für das Management und die Förderung der Welterbestätte und die Einrichtung von Einwohnerkomitees konnten die Bewohner und die lokalen Akteure in die Managementprozesse einbezogen und ein Gefühl der Verantwortlichkeit für das kulturelle Erbe geschaffen werden. Durch die Ausrichtung der Tourismusstrategie an dem Konzept des „Kulturtourismus“ und der Wiederbelebung alter Bausubstanz durch neue Nutzungsarten rentiert sich der Tourismus langfristig und entspricht den Wünschen und Vorstellungen der Lokalbevölkerung. Heute betrachtet ein weitaus größerer Teil der Einwohner die historischen Städte als lebenswertere Orte als vor Umsetzung der Tourismusstrategie.

Guide 3: Developing effective governance

4. Engagement – Great Barrier Reef (Australien)

Viele Naturerbestätten und insbesondere Korallenriffe können aufgrund von unkontrolliertem Tourismus schwere Schäden erleiden. Durch das Programm „Eye on the Reef – Tourism Weekly Monitoring Programme“ sind lokale Tourismusanbieter nun jedoch zu Hütern und Bewahrern des Great Barrier Reef geworden. Im Rahmen des Programms werden lokale Anbieter in der Überwachung und Sammlung von Daten geschult, die sie im Zuge ihrer touristischen Ausflüge an und um das Riff erheben. Diese Daten werden zentral gesammelt und wissenschaftlich ausgewertet. So ergibt sich ein feinmaschiges Bild der Gesundheit des außergewöhnlichen Ökosystems, welches es den Managern der Stätte ermöglicht, rechtzeitig einzugreifen und Schäden von der Naturerbestätte abzuwenden.

Guide 4: Engaging local communities and businesses

5. Communication – Bergbaustadt Røros und Umgebung (Norwegen)

Die Vermittlung des außergewöhnlichen universellen Wertes der Welterbestätte und der Notwendigkeit ihrer Bewahrung für zukünftige Generationen steht im Mittelpunkt des Programms „Knowledge to be a good host“. Tourismusunternehmen und andere lokale Betriebe in Røros können im Rahmen dieses Programms ein Gütesiegel erhalten, wenn sie an der angebotenen Schulung sowie an fünf ausgewählten touristischen Angeboten teilnehmen. Ziel ist es, ein Gefühl der Verantwortlichkeit und des Stolzes in der lokalen Bevölkerung und insbesondere bei den Wirtschaftsakteuren zu wecken, sodass der langfristige Erhalt des Welterbes von allen Akteuren mitgetragen wird.

Guide 5: Communicating with visitors

6. Infrastructure – Bergbau-Landschaft von Cornwall und West-Devon (Vereinigtes Königreich)

Die Welterbestätte erstreckt sich über knapp 20.000 Hektar und umfasst zehn Teilgebiete, woraus sich das Bedürfnis einer sinnvollen und funktionalen Vernetzung der Gebiete und einer einheitlichen Präsentation durch entsprechende Infrastruktur ergibt. Im Rahmen der Initiative „Discover the Extraordinary“ wurden ab 2010 Besucherzentren und Informationsangebote für Touristen entwickelt und umgesetzt, die den außergewöhnlichen Wert der Landschaft als Ganzes ins Zentrum stellen. Zugleich wurden ländliche Tourismusbetriebe in den Ausbau der touristischen Infrastruktur eingebunden und Besuchern umweltverträgliche Tourismusangebote zugänglich gemacht. Gemeinsam haben die Tourismusakteure vor Ort eine einheitliche und sehr erfolgreiche Marketingstrategie entwickelt. Das Ergebnis ist, dass die Besucherzahlen ebenso wie das Interesse an spezifischem Wissen zum Welterbe zugenommen haben und die lokale Wirtschaft auf kurze und lange Sicht profitiert.

Guide 6: Managing the development of tourism infrastructure

7. Value – Bergbaustadt Røros und Umgebung (Norwegen)

Die historische Landschaft um Røros ist geprägt durch traditionelle Bewirtschaftungsweisen, die jedoch aus ökonomischen Gründen immer stärker bedroht und deshalb im Rückgang waren, mit potenziell sehr negativen Folgen für die Welterbestätte. In enger Zusammenarbeit konnten die betroffenen Akteure, insbesondere lokale Landwirte sowie Tourismus- und Handelsunternehmen, den Verfall der traditionellen Landwirtschaft abwenden. Entscheidend waren hierbei die Zusammenschlüsse der Landwirte in Kooperativen, die Nutzung bestehender Netzwerke sowie die Aufwertung und Vermarktung traditioneller lokaler Produkte und Gastronomie.

Guide 7: Adding value through products, experiences, and services

8. Behaviour – Wadi Al-Hitan („Tal der Wale“) (Ägypten)

Die Manager der Welterbestätte „Tal der Wale“ sahen sich der Herausforderung gegenüber,  Schutz des außergewöhnlichen Wertes der Fossillagerstätte, Tourismus als notwenige Einnahmequelle für die lokale Bevölkerung und wissenschaftliche Forschung zu verbinden und in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen. Dies ist gelungen durch eine nachhaltig ausgerichtete Tourismusstrategie und einen Managementplan, der sehr begrenzte Besucherzahlen sowie die Absperrung bestimmter Gebiete zum Zweck wissenschaftlicher Forschung vorsieht. Die Einbindung der lokalen Bevölkerung in Aktivitäten im Rahmen des Ökotourismus sowie der Welterbevermittlung haben zu einer positiven Entwicklung im Sinne der drei Dimensionen von Nachhaltigkeit sowie zu einer Verbesserung des Schutzes und der Konservierung der Welterbestätte geführt.

Guide 8: Managing visitor behaviour

9. Investment – Land des Weihrauchs (Oman)

Die archäologischen Stätten in Dhofar benötigen Erhaltungsmaßnahmen, die sehr kostspielig sind. Um nicht von staatlicher Unterstützung abhängig zu sein, hat die Stätte deshalb ein auf mehreren sich ergänzenden Komponenten beruhendes System entwickelt: durch Aktivitäten im Bereich des Tourismus erwirtschaftet die Welterbestätte Gelder für die Finanzierung des Personals und Instandhaltungsmaßnahmen, während zusätzliche Ausgrabungen und wissenschaftliche Forschungsprojekte über Crowdfunding finanziert werden. Auch wenn eine absolute finanzielle Unabhängigkeit noch nicht erreicht ist, sind die Einnahmen aus dem Tourismus ausreichend, um die nötigen Erhaltungsmaßnahmen zu sichern. Parallel hierzu wurde eine internationale Kooperation zwischen der Sultan Qaboos Universität in Muskat, der Universität in Aachen und dem DAAD eingerichtet mit dem Ziel, junge Experten vor Ort in den Bereichen Erhalt und Management auszubilden. Dieses Projekt war bisher sehr erfolgreich mit über 40 ausgebildeten lokalen Fachkräften.

Guide 9: Securing funding and investment

Guide 10: Monitoring success with sustainable tourism

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