

UNESCO berät über Nominierungen für Weltdokumentenerbe
Vom 2. bis 17. April tritt der UNESCO-Exekutivrat in Paris zusammen. Auf seiner Sitzung berät das Gremium unter anderem über Neuaufnahmen in das internationale UNESCO-Register „Memory of the World“. Das Weltdokumentenerbe vereint Buchbestände, Handschriften, Partituren, Bild-, Ton- und Filmaufnahmen, die kulturelle Wendepunkte der Menschheitsgeschichte markieren. In diesem Jahr sind 73 Dokumente und Sammlungen nominiert. Die Entscheidung wird in der zweiten Aprilwoche erwartet.
Aus Deutschland sind drei Eintragungen zur Aufnahme vorgeschlagen:
Ausgewählte Röntgenbilder von Wilhelm Conrad Röntgen
Das Deutsche Röntgen-Museum in Remscheid bewahrt eine Sammlung von Röntgenbildern, die Wilhelm Conrad Röntgen im Zuge seiner Forschungen zu der nach ihm benannten Strahlung angefertigt hat. Darunter befinden sich drei Aufnahmen von Röntgens eigenen Händen und denen seiner Frau Anna Bertha. Drei weitere Bilder zeigen das Jagdgewehr Röntgens, das er mithilfe der neuen Technologie durchleuchten konnte. Die beiden Serien aus den Jahren 1895 und 1896, die nun zur Aufnahme in das Weltdokumentenerbe vorgeschlagen sind, veranschaulichen in herausragender Weise die Revolution, die Röntgens Entdeckung in Medizin und Materialwissenschaften auslösen sollte.
Friedrich Nietzsches literarischer Nachlass
Der Philosoph, Dichter und Komponist Friedrich Nietzsche gilt als einer der einflussreichsten Autoren unserer Zeit. Sein Werk ist in der Wissenschaft bis heute lebendig, hat aber auch außerhalb akademischer Kreise große Wirkung entfaltet. Im Gegensatz zu anderen bedeutenden Denkern hat Nietzsche seinen literarischen Nachlass nicht selbst geordnet, sondern nahezu vollständig seinen Erbinnen und Erben überlassen. So wurden Nietzsches gesammelte Schriften über seinen Tod im Jahr 1900 hinaus immer wieder zum Gegenstand von Auseinandersetzungen, Überarbeitungen und Neuauflagen. Seine Originalmanuskripte sind für das Verständnis seiner Philosophie daher von besonderer Bedeutung. Sein Nachlass wird heute in Deutschland und der Schweiz von der Klassik Stiftung Weimar, der Universitätsbibliothek Basel, dem Staatsarchiv Basel-Stadt und dem Nietzsche-Haus in Sils Maria bewahrt.
Münchner Handschrift des Babylonischen Talmud
Der Talmud gehört zu den bedeutendsten Schriften des Judentums. Er enthält Kommentare zur Auslegung der biblischen Gesetze und liegt in zwei Ausgaben vor: Neben dem Jerusalemer Talmud ist der Babylonische Talmud, der im Gebiet des heutigen Irak entstand, das umfassendere Kompendium. Die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds ist die einzige weltweit, in der der gesamte Text des Werks enthalten ist. 1342 in Frankreich verfasst, befindet sich das Manuskript seit 1803 im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek. Vom Mittelalter bis in die Neuzeit überdauerte diese wertvolle Handschrift Jahrhunderte der Verfolgung und den nationalsozialistischen Terror in Deutschland.
Darüber hinaus sind Dokumente aus Deutschland Teil einer weiteren internationalen Nominierung:
Zeichnungen und Schriften von Kindern und Jugendlichen in Kriegszeiten in Europa 1914-1950
Zeichnungen und Texte von Kindern und Jugendlichen aus verschiedenen Ländern Europas geben Einblick in die Jahre 1914 bis 1950. Sie dokumentieren Erlebnisse, Gedanken und Gefühle junger Menschen in Kriegszeiten und spiegeln persönliche Schicksale sowie gesellschaftliche Umbrüche wider. Viele dieser Werke sind die einzigen Spuren, die von ihnen hinterlassen wurden – insbesondere von jenen, die Krieg und Massenmord zum Opfer gefallen sind. Die Zeichnungen eröffnen neue Perspektiven auf das kulturelle Gedächtnis Europas und schaffen Raum für Dialog, Mitgefühl und Erinnerung. Die Dokumente wurden durch Frankreich zur Aufnahme in das internationale UNESCO-Register vorgeschlagen.
Hintergrund
Das UNESCO-Programm zum Weltdokumentenerbe wurde 1992 ins Leben gerufen. Ziel des 1997 im Rahmen des Programms gestarteten internationalen Registers ist es, dokumentarische Zeugnisse von außergewöhnlichem Wert in Archiven, Bibliotheken und Museen zu sichern, zugänglich zu machen und auf deren Bedeutung hinzuweisen. Über Aufnahmen entscheidet der Exekutivrat der Weltkulturorganisation auf Empfehlung des Internationalen Komitees für das UNESCO-Programm „Memory of the World“. 496 Dokumente aus allen Weltregionen zählen derzeit zum Weltdokumentenerbe, darunter 31 aus Deutschland.
Weitere Informationen
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Pressekontakt
Timm Nikolaus Schulze
Pressesprecher
Deutsche UNESCO-Kommission
Telefon: +49 228 604 97-142
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Peter Martin
Stellvertretender Pressesprecher
Deutsche UNESCO-Kommission
Telefon: +49 30 80 20 20-310
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