Porträt Maria Böhmer an einem Rednerpult
© Jörn Wolter

Prof. Dr. Maria Böhmer Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission

Lieber Herr Professor Esser, 
sehr geehrter Herr Abgeordneter Gehring,
sehr geehrter Herr Krüger, 
sehr geehrte Frau Jendrich, 
sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich, als Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission heute eine Keynote zu „Demokratiebildung im Beruf – eine Aufgabe für alle Lernorte“ halten zu dürfen.

Das BIBB setzt mit dieser Fachtagung gemeinsam mit der Bundeszentrale für Politische Bildung und der Kultusministerkonferenz einen höchst aktuellen Schwerpunkt. Denn demokratische Grundwerte geraten zunehmend in Bedrängnis: Die „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung 2022/2023 zeigt, dass in Deutschland jede zwölfte Person ein rechtsextremes Weltbild teilt. 
Die Menschen wenden sich von der Demokratie ab. Ihr Vertrauen in die demokratischen Institutionen schwindet. 
Hinzu kommt ein enormer Kandidatenmangel für politische Ämter. Diese Entwicklungen rufen uns zum Handeln auf!

Wir müssen uns für unsere Demokratie stark machen! 
Die Mitglieder der Deutschen UNESCO-Kommission – davon sehe ich einige Personen und Institutionen heute hier – haben diese Überzeugung in unserer gemeinsamen „Erfurter Erklärung“ im Juni 2024 klar zum Ausdruck gebracht. Darin bekennen wir uns ausdrücklich zu den Werten der UNESCO: 
Menschenrechte, Demokratie, Gleichberechtigung und gegenseitigen Respekt. Die UNESCO fördert die Verständigung aller Menschen in Bildung, Wissenschaft und Kultur mit dem Ziel, den „Frieden im Geiste der Menschen“ zu verankern. 
Als Deutsche UNESCO-Kommission ist es unsere Aufgabe, die Werte der UNESCO zu vertreten und zu vermitteln. Wir engagieren uns dafür, dass diese Werte in Deutschland und der Welt ihre volle Kraft entfalten können. Ein wichtiges Instrument dafür ist die Demokratiebildung.

Demokratiebildung im Sinne der UNESCO besteht in der Vermittlung von drei Komponenten:

1. das Wissen über die Prinzipien der Demokratie und Menschenrechte 
2. die Fähigkeiten wie kritisches Denken, Medienkompetenzen und die Fähigkeit zur Partizipation 
3. die Werte wie Gleichberechtigung, Toleranz und Respekt 

Diese drei Komponenten der Demokratiebildung schwingen in allen Mandatsbereichen der UNESCO mit. Sie liegen allen Programmen zugrunde. Heute konzentrieren wir uns auf den UNESCO-Mandatsbereich der Bildung. In den letzten Jahren hat die UNESCO Grundlagen für eine demokratieorientierte Bildung formuliert. 
Auf der Generalversammlung der UNESCO 2023 wurde die Empfehlung „zu Bildung für Frieden, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung“ einstimmig verabschiedet. In dieser Empfehlung führt die UNESCO zentrale Werte und Kompetenzen auf, die für eine Bildung der Zukunft entscheidend sind. Dazu gehören u.a. Achtung der Vielfalt, Fähigkeit zur Zusammenarbeit sowie Informations- und Medienkompetenz. Die UNESCO betont, dass Bildung der Schlüssel zur Verwirklichung von Frieden, Völkerverständigung und Demokratie ist.

In der TVET-Strategie (Technical and Vocational Education and Training) der UNESCO für den Zeitraum 2022-2029 werden diese Komponenten nochmal explizit in Bezug auf die Berufsbildung adressiert: 
Die UNESCO fordert in dieser Strategie, Jugendlichen und Erwachsenen Wissen über ihre Rechte, Rechtsstaatlichkeit und einen starken ethischen Kompass zu vermitteln – ganz im Sinne der Demokratiebildung. 
Die Berufsbildung soll sie dazu befähigen, sich für Gerechtigkeit an ihrem Arbeitsplatz und darüber hinaus einzusetzen. Und sie sieht Berufsbildungseinrichtungen als Orte der sozialen Integration und des Zusammenhalts. Diese möchte die UNESCO gezielt fördern.

Vor diesem Hintergrund fokussieren wir uns heute auf die Demokratiebildung im Beruf. Hier zeigen sich spezifische Herausforderungen und Chancen:
Auf der einen Seite betont ein wissenschaftliches Diskussionspapier vom BIBB aus 2019 die unterschiedlichen Schulabschlüsse der jungen Menschen, die in die Berufsausbildung starten. Außerdem zeigt die Studie auch große Unterschiede in Bezug auf die Altersstruktur, soziale Hintergründe und Migrationserfahrungen. Diese unterschiedlichen Voraussetzungen bedeuten eine Herausforderung für die Demokratiebildung.
Auf der anderen Seite ergibt sich daraus aber auch eine große Chance für die Demokratiebildung in der beruflichen Bildung, wie Sie als Organisatoren dieser Tagung treffend adressieren. Gerade diese Vielfalt an Meinungen, Erfahrungswerten und Perspektiven bereichern die Demokratiebildung und die Demokratie! 
Rund 1,3 Millionen Auszubildende in Deutschland sind eine relevante Zahl, um qualitativ hochwertige Demokratiebildung in die Breite zu tragen. Gerade Ausbildungsberufe sind mitten in der Gesellschaft verankert. Auszubildende kennen die Bedürfnisse der Gesellschaft sehr gut durch den täglichen, direkten Kontakt mit ihren Mitmenschen. Und die soeben beschriebene Vielfalt, die sie an den drei Lernorten erleben, wie sie auch auf dieser Tagung thematisiert werden – und zwar in Betrieben, in Berufs-bildenden Schulen und im Rahmen von Auslandsaufenthalten – diese Vielfalt lässt sie die demokratischen Grundwerte der Toleranz, Respekt und Völkerverständigung unmittelbar erfahren. Vielfalt ist eine Chance! Partizipation ist eine Chance.
Ich möchte aus dem UNESCO Bildungskonzept für die Zukunft („Futures of Education“) von 2022 zitieren: 
Diese jungen Menschen werden zu „Agenten des Wandels“, wenn wir sie dazu befähigen, ihre Potentiale zu entwickeln. 
Zu einer „Gelegenheit“ der eigenen Weiterentwicklung zählt die UNESCO explizit die berufliche Bildung. Sie fordert den Ausbau deren Strukturen.

Das bringt mich zu meinem nächsten Punkt: Ich möchte drei Voraussetzungen für die Demokratiebildung im Beruf nennen.

1. Die erste Voraussetzung sind die soeben genannten „Strukturen“. Das entspricht der Empfehlung der ständigen wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz, die sich im Juli 2024 für eine strukturelle Verankerung der Demokratiebildung von der Grundschule bis zum Ende der Sekundarstufe 1 ausgesprochen hat. Darüber hinaus ist es essentiell, die Demokratiebildung auch in der Sekundarstufe 2 weiter zu fördern. Und besonders in der beruflichen Bildung! 
Ganz im Sinne von Wolfgang Edelstein, dem Begründer der modernen Demokratiebildung in Deutschland: 
„(…) eine Schule der Demokratie ist kein Luxus. (…) Demokratie lernen ist keine Nebenaufgabe, (…) sie muss im Zentrum (…) stehen.“ 
Es gibt keine Zweifel daran, dass hier noch Nachholbedarf besteht. Umso wichtiger ist die heute beginnende BIBB-Tagung zu diesem Thema.

Unter Strukturen zähle ich auch das von der ständigen wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz sowie vom BIBB geforderte fächerübergreifende Unterrichtsprinzip und Demokratiebildung als Querschnittsaufgabe: Demokratiebildung muss in allen Fächern in der berufsbildenden Schule verankert werden. Das muss Hand in Hand mit der Überprüfung und Weiterentwicklung bestehender Curricula gehen. 
Darüber hinaus müssen sowohl in den Schulen als auch in den Betrieben demokratische Strukturen ausgebaut werden, die Mitbestimmung ermöglichen: sei es in Betriebsräten, Schülervertretungen oder anderen Gremien. 
Schließlich bedeutet Demokratie Partizipation! Demokratiebildung muss diese Partizipation auf allen Ebenen vermitteln.

Deswegen müssen auch außerhalb von Gremien Prozesse etabliert werden, 
die demokratische Regeln und Verfahren einüben lassen; beispielsweise bei der Unterrichtsgestaltung oder in Demokratieprojekten. Die dadurch vermittelten Werte führen zu einem „Wir-Gefühl“, zu einer gemeinsamen Identität als Betrieb, als Auszubildende oder auch Berufsschule, was wiederum das demokratische Bewusstsein stärkt. 
Dieser Zugehörigkeitsaspekt als emotionale Facette der Demokratiebildung ist zentral!
Zusammenfassend können Betriebe und berufsbildende Schulen als Demokratielabore verstanden werden. Viele Lernorte übernehmen diese Verantwortung als Demokratielabore bereits. Das ist zu unterstützen!

2. Die zweite Voraussetzung ist die entsprechende Qualifikation von Lehrkräften. Lehrkräfte müssen das Wissen und die Kompetenzen dazu haben, Demokratiebildung voranzutreiben, z.B. Diskussionen anregen, inklusiv gestalten und lenken. Regelmäßige Fortbildungen müssen angeboten werden, um die Lehrenden immer auf dem neuesten Stand zu bringen. 
Das Gleiche gilt für die Schulleitungen und Betriebsleitungen. Sie haben eine tragende Rolle für die Demokratiebildung, denn sie müssen die genannten Strukturen aufbauen, weiterentwickeln und sie müssen sowohl Lehrkräfte als auch Lernende motivieren und unterstützen.

3. Die dritte Voraussetzung ist eine stärkere Kooperation zwischen Schule und Betrieben. Treffend sagen Sie im Untertitel für Ihre Konferenz, dass die Demokratiebildung im Beruf eine Aufgabe für alle Lernorte sei. Dem stimme ich uneingeschränkt zu! Dazu gehört auch eine Kooperation zwischen den Lernorten, um die Demokratiebildung zu festigen. Außerschulische Lernorte, Bildungspartner aus der Zivilgesellschaft, Kommunen und die Landeszentralen für politische Bildung können für Kooperationen Anlaufstellen sein. An dieser Stelle nenne ich auch ganz explizit die Deutsche UNESCO-Kommission und ihr Netzwerk als Kooperationspartner!

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist das ein guter Start für die Demokratiebildung im Beruf. Aber für eine erfolgreiche Demokratiebildung brauchen wir mehr! Dazu möchte ich fünf Ansätze vorstellen:

1. Demokratiebildung braucht Globales Denken. 
Die UNESCO setzt sich mit ihrem Konzept der „Global Citizenship Education“ seit langem dafür ein, dass diese globale Dimension ein integraler Bestandteil von Bildung wird. Global Citizenship bedeutet nicht, dass wir ein eigenes Fach „Weltoffenheit“ einführen, es bedeutet vielmehr, die globale Perspektive grundsätzlich mit einzubeziehen, die Zusammenhänge zwischen lokalem und globalem Handeln zu verstehen und eine weltbürgerliche Haltung zu entwickeln; Verantwortung für die Gemeinschaft übernehmen zu wollen. Dazu bedarf es auch Gelegenheiten, Erfahrungen mit der Welt zu machen. Die internationale Aufstellung vieler Betriebe wie auch die internationalen Schulpartnerschaften der beruflichen Schulen können das ermöglichen! 
Hier ist beispielsweise das Programm ErasmusPlus mit seinen Angeboten für Auslandsaufenthalte eine wunderbare Möglichkeit ein „Global Citizen“ zu werden. Sie haben die dafür zuständige „Nationale Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung“ in Ihrem Hause. Ich hoffe, dass immer mehr Menschen diese Möglichkeiten in Anspruch nehmen.

Gerne mache ich an dieser Stelle Werbung für unseren Freiwilligendienst kulturweit der DUK. Der Freiwilligendienst bietet bis zu 12-monatige Auslandsaufenthalte in Bildungseinrichtungen (sowie im Bereich Kultur, Natur und Sport) weltweit an. 
Wir sind sehr daran interessiert, dieses Programm noch stärker für die Zielgruppe der Auszubildenden zu öffnen. 
Auslandsaufenthalte schaffen es wohl wie kein anderer Lernort, Wissensvermittlung und Persönlichkeitsentwicklung zusammenzudenken – das ist essentiell für die Demokratiebildung!

2. Der zweite Ansatz für eine erfolgreiche Demokratiebildung lautet: 
Gute Beispiele müssen sichtbar werden. Wie ich eingangs erwähnte, schwingt Demokratiebildung in allen Programmen der UNESCO mit. Sie wird im weltweiten Netzwerk der UNESCO, wir nennen sie die „UNESCO-Familie“, umgesetzt. 
Ihre Familienmitglieder sind allesamt Lernorte für Demokratiebildung. Seien es UNESCO-Welterbestätten, UNESCO Learning Cities und Creative Cities oder UNESCO Lehrstühle, beispielsweise der UNESCO-Lehrstuhl an der Universität Dortmund, der zur Berufsbildung forscht.

Zu dieser UNESCO-Familie zählt auch das UNESCO-UNEVOC Zentrum für berufliche Bildung hier in Bonn – und ich grüße an dieser Stelle dessen Direktor Herrn Huebler ganz herzlich. Das Internationale Zentrum für Berufsbildung der UNESCO unterstützt die Mitgliedstaaten der UNESCO in der Weiterentwicklung und Verbesserung ihrer Berufsbildungssysteme. Zwischen dem BIBB und UNEVOC bestehen entsprechend enge Beziehungen, unter anderem durch das gemeinsame Projekt BILT zur Vernetzung der UNEVOC-Zentren in Europa, Afrika und Asien.

Eines der größten UNESCO-Netzwerke ist dasjenige der UNESCO-Projektschulen. Es wurde vor über 70 Jahren gegründet und umfasst tausende Schulen und Bildungseinrichtungen auf allen Kontinenten. Das deutsche Netzwerk mit über 300 Mitgliedsschulen wird durch die bei der Deutschen UNESCO-Kommission angesiedelte Bundeskoordination der UNESCO-Projektschulen geleitet. Der Einsatz für die Demokratie- und Menschenrechtsbildung zählt bereits seit vielen Jahren zur DNA der UNESCO-Projektschulen und zeigt sich in Veranstaltungen und Publikationen des Netzwerks. Die Kultusministerkonferenz-Empfehlung von 2018 zu „Demokratie als Ziel, Gegenstand und Praxis historisch-politischer Bildung“ benennt daher ausdrücklich die UNESCO-Projektschulen. 
Besonders hervorzuheben ist die 2021 von der Deutschen UNESCO-Kommission veröffentlichte Publikation „Praxisimpulse zur Demokratiebildung“. Darin finden sich konkrete Beispiele aus rund 40 UNESCO-Projektschulen – beispielsweise ein Musikprojekt zum Grundgesetz oder ein Podcast-Projekt zu den US-Wahlen – und weiterführende Anstöße, wie die Demokratiebildung im Zusammenspiel mit weiteren Bildungsansätzen z.B. der Bildung für nachhaltige Entwicklung fächerverbindend profiliert wird.

Seit dreißig Jahren ist das Bonner Robert-Wetzlar Berufskolleg eine solche UNESCO-Projektschule, als eine von rund 25 Berufsschulen des deutschen Netzwerks. Im vergangenen Jahr gestaltete die Schule u.a. einen Projekttag für Schülerinnen und Schüler der unterschiedlichen Bildungsgänge zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember in Kooperation mit dem Kunstmuseum Bonn. 
Zum Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz am 27. Januar 2024 fand eine Vortragsveranstaltung statt, an dem über 100 Lernende unterschiedlicher Bonner Berufsschulen teilnahmen. Das Robert-Wetzlar-Berufskolleg arbeitet seit Jahren intensiv mit Partnern weltweit zusammen – besonders hervorzuheben sind dabei das Erasmus-Programm, die Zusammenarbeit mit einer Hotelfachschule aus Lille und die Kooperation mit Partnern in Namibia im Rahmen des BMBF-Förderprogramms „AusbildungWeltweit“.

Das Berufskolleg verfolgt das Ziel einer interkulturellen Bildung und setzt sich für die Verwirklichung der allgemeinen Menschenrechte im Sinne der Vereinten Nationen ein, für Toleranz und für die parlamentarische Demokratie als Leitidee. 
Es ist damit auch eine Art Leuchtturm für eine wertebasierte berufliche Bildung, das als Teil des UNESCO-Netzwerks die Lernenden tagtäglich erfahren lässt, dass sie Teil einer Weltgemeinschaft sind. 
Leuchttürme wie dieses Berufskolleg geben Orientierung und inspirieren andere Lernorte. Zudem sind sie Anknüpfungs-punkte für ein weltweites Netzwerk an Lernorten, das noch stärker genutzt werden sollte!

3. Demokratiebildung muss auch Medienbildung sein. 
Wenn wir von Demokratiebildung sprechen, dann müssen wir vermehrt eine kritische Medienbildung mitdenken. 
Dazu zählt eine gezielte Medienkompetenz, um mit sozialen Medien umgehen und Desinformation erkennen zu können.

Es ist unsere Aufgabe, die Lehrenden und die Lernenden mit den dafür notwendigen Kompetenzen auszustatten: digitale, ethische, kritische und pädagogische Kompetenzen. Darunter fällt die Fähigkeit, Fake News sowie KI-generierte Texte erkennen und kritisch hinterfragen zu können. Darunter fällt ebenso die Fähigkeit, weiterhin selbstständig denken und handeln zu können ohne auf Technologie angewiesen zu sein. 
Aber natürlich auch die Skills, wie man digitale Inhalte erstellt und verantwortungsvoll nutzt. Die Auswirkungen des Einsatzes von Technologie in der Bildung müssen wir immer wieder kritisch evaluieren. Es gilt in diesem Zusammenhang stets das Primat der Pädagogik! Das heißt, dass insbesondere die Lehrkräfte wissen und ständig überprüfen müssen, wie man digitale Medien didaktisch richtig einsetzt. Der Weltbildungsbericht der UNESCO von 2023 zum Thema „Technologie in der Bildung“ sensibilisiert für diese Chancen und Herausforderungen des Digitalen. Die UNESCO wirbt dafür, dieses Feld zum Gegenstand von Fortbildungen für Lehrkräfte zu machen.

4. Der vierte Ansatz lautet: Demokratiebildung muss inklusiv sein. 
Ich erwähnte bereits, dass Vielfalt in unserer Gesellschaft eine Chance ist. Da die Demokratie von Meinungspluralismus lebt, muss verschiedenen Sichtweisen Gehör verschafft werden. Demokratiebildung muss deswegen inklusiv gestaltet werden. Inklusiv im Sinne der UNESCO, d.h. jede Person – ungeachtet ihres sozialen Hintergrundes, ihrer bisherigen Ausbildung und anderen Merkmalen – sollte in der Demokratiebildung involviert werden. Dabei betone ich vor allem ein Konzept, welches die UNESCO fordert: das lebenslange Lernen. 
Das Nachhaltigkeitsziel Nummer 4, die Bildungsagenda, aus den SDGs der Vereinten Nationen, hat zum Ziel, bis zum Jahr 2030 für alle Menschen Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen zu schaffen. Die UNESCO koordiniert die Umsetzung dieser Agenda Bildung 2030 im Rahmen der Vereinten Nationen.

Um das lebenslange Lernen zu ermöglichen, müssen auch nach der abgeschlossenen Berufsbildung im Betrieb und in Kooperation mit weiteren Lernorten agile, demokratische Strukturen und ein demokratisches Miteinander fortgesetzt werden. Demokratie muss immer wieder erlernt werden. Für Demokratie muss man sich immer wieder begeistern.

5. Demokratiebildung braucht die Mitwirkung junger Menschen. 
Wenn Demokratiebildung gelingen soll, dann muss sie bei den Interessen und Erfahrungen der jungen Menschen ansetzen sowie ihre Ängste ernst nehmen. Nur so wird Demokratie etwas, was die konkrete Situation der Lernenden wider-spiegelt und nicht etwas Abstraktes bleibt.

Ich betone, dass Demokratie Partizipation bedeutet. Mitbestimmung sollte dabei nicht nur in Bezug auf Inhalte sondern auch auf Strukturen ermöglicht werden. Insbesondere junge Menschen sollten in diese Mitbestimmung eingebunden werden; dazu motiviert werden. 
Sie haben diesen Gedanken ja bereits in vorbildlicher Weise aufgegriffen, indem Sie für diese Fachtagung junge Menschen in die Planung und Organisation der Veranstaltung eingebunden haben.

Wir als Deutsche UNESCO-Kommission haben verschiedene Beteiligungsformate für junge Menschen, wie den bereits genannten Freiwilligendienst kulturweit, etabliert. Ich will noch das Junge Forum der DUK in den Blick rücken: 
eine Gruppe von jungen Menschen, die sich für die Themen der UNESCO engagieren und für unsere Arbeit wichtige Ideen beitragen. Wir sind sehr daran interessiert, Bewerbungen von Auszubildenden für das Junge Forum zu erhalten. Wir freuen uns über Ihre Bewerbung!

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich betonen: Das deutsche System der beruflichen Bildung – das merken wir auch immer wieder im Kontext der UNESCO – ist ein weltweit begehrtes Modell. Das sollte uns ein Ansporn sein. Wenn wir hier in Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen und das Potential beruflicher Bildung für die Stärkung der Demokratie nutzen, kann dies eine Signalwirkung weit über Deutschland hinaus haben.

Mit Ihren Impulsen wird diese Fachtagung ein inspirierender Anstoß sein, sich weiter für die Stärkung der Demokratiebildung in der beruflichen Bildung – an allen Lernorten – einzusetzen.

Wir als Deutsche UNESCO-Kommission setzen uns mit unseren Netzwerken ebenfalls dafür ein und helfen gerne dabei mit. 
Lassen Sie uns zusammen ausloten, wo wir gemeinsam zusammenarbeiten und neue Wege erproben können, um die Demokratiebildung in der beruflichen Bildung weiter voranzubringen und zu stärken.

Schließen möchte ich mit den Worten der UNESCO-Generaldirektorin, Audrey Azoulay: „Die Demokratie ist (…) ein Versprechen an die Menschheit, das die tägliche Beteiligung jedes einzelnen Mitglieds der (…) Gemeinschaft erfordert.“

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und freue mich auf den Austausch mit Ihnen darüber, wie wir dieses Versprechen gemeinsam einlösen können.
 

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