In Lorsch an der Bergstraße zwischen Worms und Darmstadt steht die pittoreske Torhalle, die auch Königshalle genannt. Sie ist eines der wenigen Denkmäler aus der Zeit der Karolinger, das über die Jahrhunderte hinweg sein ursprüngliches Aussehen bewahrt hat und an die vergangene Größe eines einst mächtigen Klosters und seiner weitgreifenden Verbindungen in der Welt erinnert. 1991 wurde das Kloster Lorsch zusammen mit den übrigen Gebäuden und archäologischen Überresten des nahe gelegenen Klosters Altenmünster als UNESCO-Welterbe anerkannt.

Fakten

Aufnahmejahr: 1991
Bundesland: Hessen
Staaten: Deutschland
Art der Stätte: Kulturstätte
Erfüllte Aufnahmekriterien: (iii), (iv)

Seltene erhaltene karolingische Bauten

Die Königshalle der früheren Abtei Lorsch und die archäologischen Überreste des Klosterkomplexes gehören zu den seltenen noch erhaltenen spätkarolingischen Bauten, die heute noch in ihrem ursprünglichen Aussehen erhalten sind. Sie ist eine Erinnerung an die Größe der 764 unter König Pippin, dem Vater Karls des Großen, gegründeten Abtei, die damals und bis ins Hochmittelalter hinein das Zentrum der Macht, Spiritualität und Kultur des Heiligen Römischen Reiches war. 

Blick auf die Königshalle im Kloster Lorsch
Königshalle im Kloster Lorsch | © Axel Polsfuss, Commons Wiki
Externer Link: CC-BY-SA 4.0
Blick auf das Basilikafragment im Kloster Lorsch
Basilikafragment im Kloster Lorsch | © Hendrik Priem

Eine ereignisreiche Geschichte

Seinen Zenit erreichte das Kloster vermutlich im Jahr 876, als es nach dem Tod von Ludwig II. der Begräbnisplatz der Könige des Ostkarolingischen (deutschen) Reiches wurde. In der von Ludwig III. zum Bau veranlassten Grufkirche wurden die Gebeine seines Vaters bestattet und er selbst, sein Sohn Hugo und Kunigunde, die Gemahlin Konrads I., beigesetzt. Das Kloster florierte während des gesamten 11. Jahrhunderts, wurde jedoch im Jahr 1090 durch einen Brand zerstört. Im 12. Jahrhundert erfolgte der Wiederaufbau. Nach der Eingliederung von Lorsch in das Kurfürstentum Mainz im Jahr 1232 verlor das Kloster einen Großteil seiner Privilegien. Den Benediktinern folgten erst die Zisterzienser, dann die Prämonstratenser. In der Reformationszeit erlosch das klösterliche Leben. Die Klostergebäude standen leer und zerfielen. Nur die Torhalle, ein Teil der romanischen Kirche, Überreste des mittelalterlichen Klosters und Gebäude aus der Zeit, in der Lorsch durch die Kurfürsten von Mainz verwaltet wurde, sind noch innerhalb der Ringmauern zu sehen.

Das Lorscher Arzneibuch

Das Kloster Lorsch beherbergte einst eine der größten Bibliotheken des Landes. Das Lorscher Arzneibuch aus dem 8. Jahrhundert gilt als Symbol für den Beginn der modernen Medizin und wurde daher in das UNESCO-Verzeichnis des Weltdokumentenerbes aufgenommen. Zugleich wird in Lorsch im Sinne des Immateriellen Kulturerbes das Wissen um die Herstellung von Heilmitteln weitergegeben. 

Welterbe-Vernetzung

Die Welterbestätte initiierte als eine der ersten ein interkulturelles und interreligiöses Netzwerk zwischen Klöstern auf der Welterbeliste. Das Kloster Lorsch, das armenisch-orthodoxe Kloster Geghard in Armenien, das buddhistische Kloster Haein-sa in Südkorea und das Benediktinerkloster St. Johann in der Schweiz bilden eine internationale Partnerschaft im Sinne der Welterbekonvention, die selbst im Geiste der internationalen Zusammenarbeit und Solidarität begründet wurde.

Das Welterbe erleben

Die Stätte ist wichtiger Impulsgeber in der Vermittlung des kulturellen Erbes. Auf einem 2014 eröffneten Welterbe-Areal lassen sich die Gelände der Klöster Lorsch und Altenmünster, die Königshalle und Kirchenfragmente – allesamt UNESCO-Welterbe – besichtigen. Daneben kann der Besucher in einem Freilichtlabor erleben, wie das Leben der einfachen Leute und Gutsherrenfamilien zu Zeiten Karls des Großen aussah. Das Schaudepot Zehntscheune bietet eine Entdeckungsreise in die Klostergeschichte und ein Kräutergarten gibt Einblick in das Lorscher Arzneibuch.

Die Beleuchtete Königshalle im Kloster Lorsch am Abend
Königshalle im Kloster Lorsch | © Andrea Jäger
Infobox

Der außergewöhnliche universelle Wert

Authentizität

Das Kloster Lorsch und das Altenmünster erfüllen die Bedingungen der Authentizität durch die bestehenden Gebäude, insbesondere die Königshalle, die noch immer das am besten erhaltene und weitgehend intakte Beispiel für einen Bau aus der Karolingerzeit in Mitteleuropa ist.

Alle Gebäude werden mit größter Sorgfalt gepflegt, erhalten, erforscht und
präsentiert. Die Bildhauerarbeiten und Malereien aus dieser Zeit sind noch immer in einem bemerkenswert guten Zustand.

Integrität

Die Integrität des Klosters Lorsch und des Altenmünsters bezieht sich auf die baulichen Überreste, also die Eingangshalle und den Hauptbau der Abteikirche, die eine erstaunliche Vielfalt an Baustilen aufweisen. Die Klostermauer und die nach der Blütezeit des Klosters entstandenen Handelsgebäude sind ein Beispiel und – bis zu einem gewissen Grad – Symbol für den Aufstieg, die Blütezeit und den Verfall eines der großen Klöster Europas, von denen kein einziges erhalten geblieben ist. Mindestens zwei Drittel des Klosterareals, das nie überbaut wurde, stellen eine intakte archäologische Stätte dar, in der die materiellen Überreste des über 800 Jahre währenden klösterlichen Lebens bewahrt werden. Zusammen mit den baulichen Überresten und den erhaltenen Teilen der alten Bibliothek zeugt das Kulturerbe des Klosters Lorsch von einem der über mehrere Jahrhunderte hinweg mächtigsten und aktivsten spirituellen Zentren in Mitteleuropa.

Kriterien

Kriterium (iii)

Mit seiner 1200 Jahre alten, außergewöhnlich gut erhaltenen Torhalle enthält der Klosterkomplex Lorsch ein seltenes architektonisches Zeugnis aus der Karolingerzeit mit in eindrucksvollem Zustand erhaltenen Bildhauerarbeiten und Malereien aus jener Zeit.

Kriterium (iv)

Das Kloster Lorsch mit seiner karolingischen Torhalle ist ein architektonisches Zeugnis des Aufbruchs des Westens im Geist des Früh- und Hochmittelalters unter dem ersten König und Kaiser Karl dem Großen.

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