Die heute sichtbaren Anlagen des Schachts XII der Zeche Zollverein in Essen sind die komplett erhaltenen Anlagen einer historischen Kohlezeche. Als Industriedenkmal ist sie zugleich Sinnbild einer bedeutenden Wirtschaftsepoche und als Architekturdenkmal Ausdruck der Formsprache des Bauhauses. Der Industriekomplex Zeche Zollverein in Essen wurde 2001 in die Welterbeliste der UNESCO eingeschrieben.

Fakten

Aufnahmejahr: 2001
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Art der Stätte: Kulturstätte
Erfüllte Aufnahmekriterien: (ii), (iii)

Industriedenkmal im Stil des Bauhauses

In den Anlagen des Schachts XII spiegeln sich die wirtschaftlichen und politischen Umbrüche zur Zeit der Erbauung des Schachts Anfang der 1930er Jahre wider. Die Erfahrungen des kurzen wirtschaftlichen Hochs der 1920er und der Beginn von Globalisierung und Modernisierung fanden künstlerisch durch den Übergang vom Expressionismus zum Kubismus und Funktionalismus Ausdruck. Die Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer schufen in der Architektursprache des Bauhauses eine meisterliche Verbindung von Form und Funktionalität. Indem sie den in zwei Achsen angeordneten Industriekomplex nach Prinzipien der Symmetrie und Geometrie gestalteten, schufen sie ein harmonisches Gesamtwerk. Die Gebäude des Industriedenkmals sind herausragende Beispiele für die Anwendung der Gestaltungskonzepte der klassischen Moderne in der Architektur in gänzlich industriellem Kontext (Aufnahmekriterium ii). In der Zeche wurde bis zu ihrer Stilllegung 1986 135 Jahre lang Kohle abgebaut. Noch heute ist die Anlage mit ihren Schächten, Kokereien, Schienenwegen, Halden, Arbeitersiedlungen, Geschäften und Sozialeinrichtungen vollständig erhalten. So ist der Industriekomplex Zeche Zollverein in Essen auch ein repräsentatives Beispiel der Entwicklung der Schwerindustrie in Europa (Aufnahmekriterium iii) und Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwungs in den „Goldenen Zwanzigern“.

Ansicht von Gebäuden auf Zeche Zollverein mit dem Förderturm über Schacht XII im Hintergrund
Zeche Zollverein | © André P. Meyer-Vitali
Lichtinstallation auf Zeche Zollverein
Zeche Zollverein | © Stiftung Zollverein, Jochen Tack

Heute stellt die Welterbestätte in Essen ein besonders gelungenes Beispiel der Umwandlung und Umnutzung industrieller Großanlagen nach Produktionsende dar. Im vom Strukturwandel nach dem Ende des Kohleabbaus geprägten Ruhrgebiet ist die Zeche ein bedeutender Standort wirtschaftlicher und kultureller Revitalisierung und somit ein wichtiger Bestandteil nachhaltiger Regionalentwicklung: Das Land Nordrhein-Westfalen entschloss sich nach der Stilllegung gegen den Abriss und dafür, die Zeche der Ruhrkohle AG abzukaufen, sie unter Denkmalschutz zu stellen und grundlegend zu sanieren. Die 1998 gegründete Stiftung Zollverein widmete sich der Wiedernutzbarmachung und Erhaltung des Industriedenkmals. Der gesamte Industriekomplex ist heute ein beispielhafter Besichtigungsort zur Bergbaugeschichte und zur Entwicklung der Industrie-Architektur in einer der bedeutendsten Industrieregionen Europas. Auf der "schönsten Zeche des Ruhrpotts" kann man die Moderne der 20er und 30er Jahre und die Entwicklung der Schwerindustrie nachvollziehen. Der Denkmalpfad ZOLLVEREIN® führt durch die Gebäude der ehemaligen Sieberei und der Kohlenwäsche, und vorbei an gigantischen Maschinen und Förderbändern, die vom Arbeitsalltag in Lärm und Staub erzählen. Modelle, Filme und museumstechnische Installationen verdeutlichen die Aufbereitung der Kohle.

Um die Stätte langfristig erhalten und schützen zu können, ist ein nachhaltiges Tourismuskonzept von entscheidender Bedeutung. In diesem Zusammenhang nimmt die Zeche Zollverein unter anderem am UNESCO-Projekt World Heritage Journeys in the European UnionExterner Link: teil, finanziert durch die Europäische Union und durchgeführt in Kooperation mit National Geographic. Ziel des Projektes ist die Förderung von nachhaltigem Tourismus und die Präsentation der kulturellen Diversität in Europa durch das Entwickeln thematischer Narrative. Als Industriedenkmal von europäischer Bedeutung ist die Welterbestätte darüber hinaus Mitglied des Netzwerkes European Route of Industrial HeritageExterner Link:.

Ansicht eines Sonnernuntergangs über dem Ruhrgebiet mit dem Förderturm über Schacht XII auf Zeche Zollverein im Vordergrund
Zeche Zollverein | © Stiftung Zollverein, Jochen Tack
Infobox

Der außergewöhnliche universelle Wert

Authentizität

Der Industriekomplex Zeche Zollverein XII verfügt über ein hohes Maß an Authentizität. Die einzelnen Industriekomponenten haben unweigerlich ihre funktionale Authentizität verloren. Dank einer sensiblen und fantasievollen Umnutzungspolitik konnten ihre Formen jedoch intakt und bedeutende Elemente der Industrieanlage erhalten bleiben. Die Verbindungen zwischen ihnen bleiben auf klare und logische Weise sichtbar. Vor allem die Authentizität der wichtigen Gruppe der Industriebauten, die Fritz Schupp für Zollverein XII entworfen hat, wurde sorgfältig konserviert.

Integrität

Der Industriekomplex Zeche Zollverein in Essen umfasst alle Elemente der intensiven industriellen Nutzung des 19. und 20. Jahrhunderts – den vollständigen, für den Abbau und die Aufbereitung von Kohle und für die Herstellung von Koks
erforderlichen Gebäude- und Anlagenkomplex, das benötigte Schienenverkehrsnetz sowie die riesigen Bergehalden.

Kriterien

Kriterium (ii)

Der Industriekomplex Zeche Zollverein XII ist ein außergewöhnliches Industriedenkmal: Seine Gebäude sind herausragende Beispiele für die Anwendung der Gestaltungskonzepte der klassischen Moderne in der Architektur in einem gänzlich industriellen Kontext.

Kriterium (iii)

Die technischen und sonstigen Anlagen von Zollverein XII stehen für einen entscheidenden Zeitraum in der Entwicklung der traditionellen Schwerindustrien in Europa, die durch die gleichzeitige Entstehung und Anwendung
der qualitativ außergewöhnlichen Architektur der klassischen Moderne gestärkt wurde.

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