Fossillagerstätte Grube Messel
Seit 1995 ist die Grube Messel bei Darmstadt in Hessen als erste Naturerbestätte Deutschlands in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen worden. Erhaltungszustand, Menge und Vielfalt der dort gefundenen Fossilien ist einzigartig. Die Grube dokumentiert die Entwicklungsgeschichte der Erde vor 48 Millionen Jahren, als nach dem Aussterben der Saurier explosionsartige Veränderungen die Tier- und Pflanzenwelt bestimmten. Sie stellt eine detaillierte geologische Aufzeichnung des mittleren Eozäns dar und ist von herausragender Bedeutung für die Erforschung der Tier- und Pflanzenwelt dieses Zeitalters.
Fakten
Aufnahmejahr: 1995
Bundesland: Hessen
Staaten: Deutschland
Art der Stätte: Naturstätte
Erfüllte Aufnahmekriterien: (viii)
Fossile Schätze im Ölschiefer
Beim Abbau von Ölschiefer wurden Fossilien in der 190 Meter dicken Ölschieferschicht entdeckt. Der erste Fund war 1876 ein Alligatorenskelett. Auf Grund ihrer fossilen Schätze stellt die Grube Messel die beste Fossillagerstätte zur Erforschung des Eozäns (etwa 56 Millionen Jahre - 33,9 Millionen Jahre v. Chr.) dar. Die paläontologische Erforschung der Stätte hat zur Entdeckung von Fossilien von mehr als 1.000 verschiedenen Tier- und Pflanzenarten geführt. Unter anderem fand man 30 vollständig gegliederte Skelette. Von Wirbeltieren blieben Skelette mit Weichteilkonturen und sogar Mageninhalten erhalten. Die berühmtesten Stücke sind die fossilen Überreste prähistorischer Pferde wie Eurohippus. Fossilienfunde von Vögeln brachten neue Erkenntnisse über die Zusammensetzung der frühtertiären Vogelwelt mit einem überraschenden Artenreichtum.
Der außergewöhnlich gute Erhaltungszustand der Fossilien erlaubt präzise Forschungen zur Evolutionsgeschichte sowie den Umweltbedingungen und -veränderungen im Eozän. So konnten unter anderem Studien zur Entwicklung der Echolotung bei Fledermäusen sowie zur Evolution von Primaten, Vögeln und Insekten durchgeführt werden. Die Fossillagerstätte gibt Aufschluss über Kontinentaldrift und Sedimentation, über Ozeanbildung und Landbrücken zwischen sich verschiebenden Kontinenten, über Tiefe und Erstreckung der Biosphäre und über Klima- und Lebenszyklen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind auch heute noch von Bedeutung für das Verständnis von Entwicklungsprozessen in Klima, Flora und Fauna. Dies ist umso mehr der Fall, als die Grube Messel eines der Eingangstore zum UNESCO-Geopark Bergstraße-Odenwald, mit über 500 Jahren erlebbarer Erdgeschichte, ist.
Das Welterbe erleben
Um das gesammelte Wissen an Besucher und Anwohner weiterzugeben, wurde ein Interpretations- und Besucherzentrum eingerichtet, das die Bedeutung der Welterbestätte interaktiv vermittelt. An junge Interessierte richten sich spezielle Programme für Schulen und KiTas. Durch diese Angebote kann nicht nur Wissen über das Naturerbe, sondern auch ein Gefühl der Verantwortung für dessen langfristige Bewahrung geschaffen werden.
Der außergewöhnliche universelle Wert
Integrität
Da es sich bei der Grube Messel um den ehemaligen Standort eines Ölschieferbergwerks handelt, wurde die Landoberfläche erheblich gestört. Hätte es keine Grube gegeben, wäre der wissenschaftliche Wert des Geländes paradoxerweise nie entdeckt worden. Nach der Einstellung des Bergbaus in den späten 1960er Jahren wurde das Gelände für die private Prospektion geöffnet und 1971 sogar als Mülldeponie vorgeschlagen, eine Bedrohung, die zu einer verstärkten wissenschaftlichen Prospektion und öffentlichen Besorgnis führte. Dies führte zum Kauf der Grube durch die Regierung und zu ihrem vollständigen Schutz als Kulturdenkmal. Der außergewöhnliche Erhaltungszustand der Fossilien, der die Rekonstruktion der Morphologie der erhaltenen Fauna und Flora sowie ihrer Umgebung ermöglicht, und das ernsthafte Engagement der Regierung für ihre langfristige Erhaltung als Stätte von wissenschaftlicher Bedeutung bedeuten, dass die Bedingungen für die Unversehrtheit des Objekts vollständig erfüllt sind. Obwohl der Stätte viel Material entnommen wurde - etwa 20 Millionen Tonnen Gestein in einem Jahrhundert der Bergbautätigkeit - ist das Volumen der fossilen Ölschiefersedimente immer noch gewaltig und noch lange nicht erschöpft.
Kriterien
Kriterium (viii)
Die Fossilienfundstelle Grube Messel gilt als die beste Fundstelle, die zum Verständnis des Eozäns beiträgt, als Säugetiere in allen wichtigen Landökosystemen fest etabliert waren. Der Erhaltungszustand der Fossilien ist außergewöhnlich gut und ermöglicht eine wissenschaftliche Arbeit von hoher Qualität.