Der Archäologische Grenzkomplex Haithabu und Danewerk ist ein außergewöhnliches Zeugnis der Handels- und Austauschbeziehungen zwischen Nord- und Ostsee sowie Nord- und Mitteleuropa in der Wikingerzeit. Der Handelsplatz Haithabu und die Wallanlagen des Danewerks sicherten an der schmalsten Stelle zwischen Ost- und Nordsee, der Schleswiger Landenge, das Grenzland zwischen Skandinavien und dem europäischen Festland. Diese besondere Lage ermöglichte einen intensiven Handel und den Austausch zwischen den Regionen. 2018 wurde die Stätte in die UNESCO-Welterbeliste eingeschrieben.

Fakten

Aufnahmejahr: 2018
Bundesland: Schleswig-Holstein
Staaten: Deutschland
Art der Stätte: Kulturstätte
Erfüllte Aufnahmekriterien: (iii), (iv)

Handelsstadt in der Wikinger-Ära

Das Dorf Haithabu entwickelte sich ab Ende des 1. Jahrtausends dank seiner besonderen geografischen Lage am Schleswigschen Isthmus zu einem der wichtigsten Handelszentren in Europa. Noch heute belegen Überreste von Straßen, Gebäuden, Friedhöfen und Hafen die Bedeutung der Stadt für den lokalen Markt wie auch für den Exporthandel zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert. Haithabu belegt exemplarisch den Wandel von offenen Siedlungen zu geordnet angelegten Städten mit Hafenanlagen und gesonderten Bereichen für handwerkliche Produktion.

Luftaufnahme des Halbkreiswalls von Haithabu
Der Halbkreiswall von Haithabu | © Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein
Ruine der Waldemarsmauer im Hauptwall des Danewerks aus dem 12. und 13. Jahrhundert
Ruine der Waldemarsmauer im Hauptwall des Danewerks aus dem 12. und 13. Jahrhundert | © Kai-Erik Ballak

Ein groß angelegtes Verteidigungssystem

Angesichts seiner Lage im Grenzgebiet zwischen dem christlichen Frankenreich im Süden und dem Königreich der Dänen im Norden konnte Haithabu nur dank des Danewerks florieren. Die Verteidigungsanlage nutzte natürliche Gegebenheiten, insbesondere das Wasser, und verband sie mit einem System aus Erdwällen, Palisaden, Steinmauern und Konstruktionen vor der Küste, deren Überreste noch heute an Land und unter Wasser sichtbar sind. Die Stätte steht damit exemplarisch für ein städtisches Handelszentrum, das durch ein großangelegtes Verteidigungssystem geschützt wird.

Zeugnis wirtschaftlicher und sozialer Entwicklungen

Der Archäologische Grenzkomplex Haithabu und Danewerk belegt in außergewöhnlicher Weise den Austausch zwischen Gemeinschaften unterschiedlicher kultureller Traditionen in Europa zwischen dem 8. und dem 11. Jahrhundert. Aufgrund der vielfältigen, sehr gut erhaltenen archäologischen Funde kommt der Stätte besondere Bedeutung bei der Erforschung der historischen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen vor, während und nach der Wikingerzeit zu.

Bereits seit 1950 steht die Stätte unter Naturschutz und ist somit ein hervorragendes Beispiel der Verbindung von Kultur- und Naturerbe und der Synergien, die bei dessen Schutz entstehen können.

Blick auf archäologische Ausgrabungen in Haithabu
Archäologische Ausgrabungen in Haithabu | © Kai-Erik Ballak
Rekonstruierte Gebäude in Haithabu
Rekonstruierte Gebäude in Haithabu | © Kai-Erik Ballak

Das Welterbe erleben

Einst zur Abgrenzung genutzt – sei es zu Zeiten der Wikinger oder während späterer deutsch-dänischer Auseinandersetzungen – stehen das Danewerk und Haithabu heute für interkulturelle Begegnungen und insbesondere deutsch-dänischen Austausch. Das Wikinger Museum HaithabuExterner Link: und das von der Vereinigung der dänischen Minderheit in Südschleswig betriebene Danevirke MuseumExterner Link: bieten heute vielfältige Vermittlungsangebote für dänische, deutsche und internationale Besucher an. Der Archäologische Park am Danevirke Museum stellt den wichtigsten außerschulischen Lern- und Vermittlungsort der Denkmallandschaft dar und geht zurück auf eine deutsch-dänische Initiative.

Die Vermittlung der Welterbestätte erfolgt neben den Museen und dem Archäologischen Park auch über ein Informations- und Leitsystem sowie digitale Angebote. So bietet KuLaDig als digitales Informationssystem zur Darstellung von historischen Landschaften ausführliche Beschreibungen einzelner Abschnitte und Werte der archäologischen StätteExterner Link:. Das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein kooperiert in diesem Zusammenhang mit der Hochschule RheinMain und der Oberen Denkmalpflegebehörde hessenArchäologie für die Entwicklung einer App zur zielgruppengerechten, interaktiven und motivierenden Vermittlung teilweise schwer erkennbaren oder gar verborgenen archäologischen Erbes von Haithabu-Danewerk und dem Obergermanisch-Raetischen Limes in Hessen.

Infobox

Der außergewöhnliche universelle Wert

Authentizität

Die Anforderungen an die Authentizität der Stätte in Bezug auf Form, Konstruktion, Material und Substanz der Denkmale sind erfüllt. Haithabu erfuhr keine Wiederbesiedlung oder anderweitige Überbauung, seit es in historischer Zeit verlassen wurde. Somit ist die Ursprünglichkeit der archäologischen Funde und Befunde sichergestellt. Der Großteil der Stadt (um die 95 %) liegt noch im Boden. Die übrigen Bereiche wurden und werden mit anerkannten archäologischen Methoden und Analysen erforscht. Auch das Danewerk ist umfassend dokumentiert. Es erfuhr nur durch die Schanzen im 19. Jahrhundert, deren Überreste sich klar von den älteren Bauabschnitten des Walls unterschieden, einen Umbau.

Integrität

Als archäologische Stätten und Strukturen des 6. bis 12. Jahrhunderts bilden Haithabu und Danewerk einen Komplex aus Handelsstadt und damit verbundenem Verteidigungssystem. Das Gebiet umfasst alle Elemente, die die Werte des Gutes ausmachen: Denkmale, Wallstrukturen, Orte von besonderer Bedeutung und alle archäologischen Hinterlassenschaften, die die lange Geschichte des Komplexes von Haithabu-Danewerk widerspiegeln. Die Komponenten des Danewerks verdeutlichen die Bauphasen und die stetige Weiterentwicklung der Verteidigungsanlagen, da einzelne Abschnitte um- und ausgebaut oder hinzugefügt wurden. Die Pufferzone ist eine Schutz- und Verwaltungseinheit, die wichtige Sichtachsen bewahrt und gewährleistet, dass die Kernelemente des Gebietes für die Zukunft erhalten bleiben.

Kriterien

Kriterium (iii)

Haithabu stand in Verbindung mit dem Danewerk im Zentrum hauptsächlich maritim geprägter Handels- und Austauschnetzwerke zwischen West- und Nordeuropa und bildete über mehrere Jahrhunderte den Kern des Grenzgebiets zwischen dem dänischen Königreich und dem Fränkischen Reich. Beide Stätten stellen ein herausragendes Zeugnis für Austausch und Handel zwischen Menschen verschiedener kultureller Traditionen in Europa vom 8. bis zum 11. Jahrhundert dar. Aufgrund ihres reichen und außerordentlich gut erhaltenen archäologischen Materials nehmen sie eine Schlüsselstellung in der Interpretation und Erforschung eines breiten Spektrums wirtschaftlicher, sozialer und historischer Entwicklungen in der Wikingerzeit in Europa ein.

Kriterium (iv)

Haithabu begünstigte den Austausch zwischen Handelsnetzwerken, die den europäischen Kontinent umspannten. Der Seehandelsplatz kontrollierte – in Verbindung mit dem Danewerk – Handelswege, Wirtschaft und Herrschaftsgebiete an der Kreuzung zwischen dem aufstrebenden dänischen Königreich und den Königreichen und Völkern des europäischen Festlandes. Die archäologischen Funde weisen auf die Bedeutung von Haithabu und Danewerk als Musterbeispiel für ein urbanes Handelszentrum hin, das innerhalb eines Grenzgebiets am Knotenpunkt der wichtigsten Handelsrouten über Meer und Land vom 8. bis zum 11. Jahrhundert in ein großangelegtes Verteidigungssystem eingebunden ist.

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