UNESCO-Welterbe Viktorianisch-gotische und Art Déco-Ensembles in Mumbai

Historische Stadtentwicklung in einer Handelsmetropole von Weltrang

Zwei weitreichende Stadtentwicklungsphasen im 19. und 20. Jahrhundert markierten die Umwandlung der Stadt von einem befestigten Außenhandelsposten zur größten Stadt Indiens und einem Handelszentrum von Weltklasse. Als Zeugnisse dieser Entwicklung und außergewöhnliche Beispiele einer Architektur mit europäischen und indischen Einflüssen wurden zwei Ensembles 2018 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen.

Fakten

Bei der ersten Erweiterung Mumbais in den 1880er Jahren wurde die Grünfläche Oval Maidan angelegt. Um den Platz herum entstand ein Ensemble von öffentlichen Gebäuden im neogotischen Stil. Die zweite Erweiterungsphase zu Beginn des 20. Jahrhunderts erstreckte sich nach Westen entlang der Küste. Direkt am Meer entstand die Uferpromenade Marine Drive mit zahlreichen Wohn- und Gewerbegebäuden sowie kulturellen Einrichtungen. Heute stehen sich am Oval Maidan ein eindrucksvolles neogotisches Gebäudeensemble auf der östlichen Seite und ein ebenso beeindruckendes Art Déco-Ensemble auf der westlichen Seite gegenüber und zeugen von den Modernisierungsphasen, die Mumbai im 19. und 20. Jahrhundert auf dem Weg zur Unabhängigkeit Indiens 1947 durchlaufen hat.

Stilprägende Ensembles aus bedeutenden Stadtentwicklungsphasen

Beide Ensembles sind Ausdruck eines bedeutenden Schnittpunktes europäischer und indischer Werte im 19. und 20. Jahrhundert (Kriterium ii). Mit dem neogotischen Ensemble imposanter öffentlicher Gebäude, wie dem Bombay High Court oder dem Rajabai Clock Tower der Universität Mumbai, wurde durch die Vermischung neogotischer und indischer Architektur der indo-gotische Stil geprägt. Aufgrund der lokalen Klimabedingungen wurden zudem weitere Elemente wie Balkons und Veranden eingebracht. Die im Art Déco-Stil errichteten Kinosäle und Wohngebäude an der Uferpromenade Marine Drive vermischen indische und Art Déco-Stilelemente miteinander. Daraus ist ebenfalls ein einzigartiger Stil hervorgegangen, der später Indo-Deco genannt wurde und die Architektur auf dem indischen Subkontinent maßgeblich beeinflusst hat. 

Auszug aus dem Statement of Outstanding Universal Value, 2018

Today the Oval Maidan offers two spectacular ensembles of Victorian Gothic […] and Art Deco buildings as a testimony to the modernization phases that Mumbai went through leading to a modern independent India in 1947.

Heute stehen sich am Oval Maidan zwei eindrucksvolle viktorianisch-gotische und Art Déco-Ensembles gegenüber und zeugen von den Modernisierungsphasen, die Mumbai auf dem Weg zur Unabhängigkeit Indiens im Jahr 1947 durchlaufen hat.

Die beiden neogotischen und Art Déco-Ensembles spiegeln zudem die Entwicklungen in Architektur und Stadtplanung aus zwei Jahrhunderten wider (Kriterium iv). Unterschiedliche Architekturstile sowie Phasen in der Entwicklung von Baumaterialien und -techniken als auch Stadtplanungskonzepte und historische Abschnitte werden anhand der beiden Ensembles auf hervorragende Weise sichtbar. Beide sind im Rahmen der zwei großen Erweiterungsphasen von Mumbai entstanden, die zur Entstehung eines wichtigen Handelszentrums geführt haben, das auch heute noch von internationaler Bedeutung ist.

Stadtensembles weltweit

Mit der Einschreibung der beiden Ensembles gibt es in Mumbai und dessen unmittelbarer Umgebung nunmehr drei Welterbestätten. 2004 wurde bereits der neogotische Chhatrapati Chivaji Bahnhof (ehemals Victoria Terminus) aufgenommen und 1987 die Höhlen von Elephanta, auf der gleichnamigen Insel, deren Skulpturen zu den bedeutendsten Werken der hinduistischen Bildhauerei zählen.

Auf der UNESCO-Welterbeliste ist eine Vielzahl außergewöhnlicher Altstädte und Stadtensembles weltweit vertreten. Über 300 Städte, auf deren Stadtgebiet sich eine Welterbestätte befindet, haben sich in der 1993 gegründeten Organisation der Welterbe-Städte OWHC (Organization of World Heritage Cities) zusammengeschlossen. Ziele der Organisation sind u.a., die Umsetzung der Welterbekonvention zu unterstützen und Kooperation und Informationsaustausch zum Erhalt und Management von städtebaulichem Erbe zu fördern. Neben dem Generalsekretariat in Québec (Kanada) gibt es acht regionale Sekretariate, die die Zusammenarbeit koordinieren. Der nächste Weltkongress der OWHC findet 2019 in Krakau (Polen) statt.

Porträtserie

Im Rahmen der 42. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees 2018 in Manama, Bahrain, wurden 19 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Kultur- und Naturerbes der Menschheit.

Zur Porträtserie

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