UNESCO-Welterbe Göbekli Tepe

Monumentale Architektur aus der Jungsteinzeit

Die megalithischen Strukturen von Göbekli Tepe gehören zu den ältesten Bauwerken der Menschheit weltweit. Entstanden zu einer Zeit, als aus Jägern und Sammlern sesshafte Ackerbauern wurden, bieten die Strukturen einzigartige Informationen über das Leben vor über 11.000 Jahren. Die archäologische Stätte wurde 2018 als UNESCO-Welterbe anerkannt.

Fakten

Im südöstlichen Anatolien gelegen, besteht die Kulturerbestätte Göbekli Tepe aus einem künstlich geschaffenen Hügel auf einem Kalksteinplateau. Dieser Hügel birgt in mehreren Schichten megalithische Strukturen aus dem 10. und 9. Jahrtausend v. Chr., die Rückschlüsse auf die Weltsicht der prähistorischen Völker in Obermesopotamien erlauben.

Die ältesten, in der tiefsten Schicht des Hügels entdeckten Bauwerke werden dem sogenannten frühen präkeramischen Neolithikum zugeordnet. Sie bestehen aus drei bis fünf Meter hohen T-förmigen Steinsäulen, die in Ovalen angeordnet sind und mit Stein- und Knochenwerkzeugen aus dem regionalen Kalkstein geschnitten wurden. Es wird davon ausgegangen, dass die Bauwerke für Rituale genutzt und zu einem noch nicht sicher erforschten Zeitpunkt aufgegeben und zugeschüttet wurden. Auf dem so entstandenen Hügel wurden im 9. Jahrtausend v. Chr. kleinere, rechteckige Bauten errichtet, ebenfalls mit T-förmigen Steinsäulen.

Nach der endgültigen Aufgabe des Ortes am Ende des präkeramischen Neolithikums verschwanden auch diese Bauten unter dem Boden, der in jüngerer Zeit vor allem landwirtschaftlich genutzt wurde. Seit 1995 konnte ein kleiner Bereich der archäologischen Stätte in dem etwa 126 Hektar großen Gebiet allmählich durch Ausgrabungen freigelegt werden. Dabei wurden jüngst auch Bauwerke von geringerer architektonischer Komplexität entdeckt.

Zeugnisse jungsteinzeitlicher Handwerkskunst und Vorstellungskraft

Die megalithischen Strukturen wurden von Gruppen von Jägern und Sammlern an einem Platz errichtet, der vermutlich als regionaler Versammlungsort diente. Die verwendeten T-förmigen Säulen sind reich verziert mit Darstellungen wilder Tiere, darunter Wildkatzen, Bären und Schlangen. Menschliche Darstellungen nehmen nur einen geringen Raum ein, zunehmend jedoch in den jüngeren Strukturen.

Die megalithischen Strukturen von Göbekli Tepe gehören zu den ältesten bekannten Bauwerken weltweit. Sie stellen auf Grund ihrer Dimensionen und künstlerischen Charakteristika ein einzigartiges Zeugnis des Wissens und Könnens der jungsteinzeitlichen Menschen und somit ein Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft dar (Aufnahmekriterium i). Die Bautechniken, insbesondere die teilweise unterirdische Bauweise mit Säulen, und die bildlichen Darstellungen übten Einfluss auf die architektonischen Entwicklungen in der Region aus (Aufnahmekriterium ii). Dies zeigt sich in unterschiedlichen Stätten aus der Jungsteinzeit im Mittleren Osten.

Auszug aus dem Outstanding Universal Value, 2017

„The monolithic T-shaped pillars were carved from the adjacent limestone plateau and attest to new levels of architectural and engineering technology. They are believed to bear witness to the presence of specialised craftsmen, and possibly the emergence of more hierarchical forms of human society.”

"Die monolithischen T-förmigen Säulen wurden aus dem angrenzenden Kalksteinplateau herausgeschnitten und belegen eine neue Entwicklungsstufe der Architektur- und Ingenierustechnologie. Man glaubt, dass sie von der Anwesenheit von spezialisierten Handwerkern zeugen, und möglicherweise von der Entstehung hierarchischer Formen in der damaligen Gesellschaft."

Göbekli Tepe ist ein außergewöhnliches Beispiel megalithischer Bauten und der ersten Monumentalbauten (Aufnahmekriterium iv) aus einer Zeit, in der ein entscheidender Wandel im Leben und in den Organisationsformen der Menschen geschah: der Übergang vom Dasein als Jäger und Sammler zum Leben als Ackerbauern.

Verträglichkeitsprüfungen für den langfristigen Erhalt

Gut geschützt im Boden konnten die jungsteinzeitlichen Bauten nahezu unversehrt bis heute überdauern. Diverse aktuelle und geplante Infrastrukturprojekte in der Umgebung der Stätte, darunter Straßen, Kanäle und weitere Anlagen, stellen aus Sicht der Experten von ICOMOS International, der Beraterorganisation für Kulturerbestätten, nun Herausforderungen für den Schutz und Erhalt des Welterbes dar. Insbesondere die visuelle Integrität der Stätte, das heißt die wichtigen Sichtachsen auf und vom archäologischen Erbe aus, könnte durch die Bauvorhaben negativ beeinflusst werden.

Um die Integrität der Stätte zu bewahren, hat das Welterbekomitee in seinem Beschluss zur Einschreibung von Göbekli Tepe in die Welterbeliste die Türkei als zuständigen Vertragsstaat auch aufgerufen, Verträglichkeitsprüfungen für die geplanten Projekte durchzuführen und 2020 dazu zurückzuberichten.

Verträglichkeitsprüfungen dienen dazu, etwaige Gefährdungen von Welterbestätten schon im Vorfeld zu identifizieren und Welterbe-verträgliche Alternativlösungen aufzuzeigen.

Porträtserie

Im Rahmen der 42. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees 2018 in Manama, Bahrain, wurden 19 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Kultur- und Naturerbes der Menschheit.

Zur Porträtserie

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