Nationalpark Kangchendzönga

Natur trifft Kultur

Der Nationalpark Kangchendzönga im nordindischen Bundesstaat Sikkim gehört seit Juli 2016 zum UNESCO-Welterbe und ist die erste Welterbestätte in Indien, die sowohl als Naturerbe als auch als Kulturerbe anerkannt ist. Der Berg Kangchendzönga und die umliegende Gebirgslandschaft mit einer einzigartigen Artenvielfalt haben eine mythologische Bedeutung für die indigenen Völker in Sikkim und sind Hotspot der biologischen Vielfalt.

Faktenbox

Der Nationalpark Kangchendzönga liegt im Herzen des Himalaya-Gebirges an der Grenze zu Nepal. Benannt ist der Nationalpark nach dem Berg Kangchendzönga, der mit 8.586 Metern die dritthöchste Erhebung der Welt ist. Das Welterbe Kangchendzönga gehört zu den derzeit 35 Welterbestätten weltweit, die als gemischtes Kultur- und Naturerbe anerkannt sind.

Kangchendzönga – heiliger Berg…

Der Berg sowie zahlreiche Naturstätten innerhalb des Nationalparks haben eine tief verwurzelte kulturelle und heilige Bedeutung für die Völker und Glaubensgemeinschaften von Sikkim. Die Erzählungen und traditionellen Praktiken, in denen die heilige Bedeutung des Berges überliefert ist, wurden in die buddhistische Glaubenslehre integriert und bilden die Grundlage der sikkimesischen Identität. Die Stätte ist ein einzigartiges Zeugnis der Koexistenz verschiedener religiöser und kultureller Traditionen auf demselben Gebiet (Kriterium iii) und spielt eine zentrale Rolle in der sozialen und religiösen Ordnung sowie für die Einheit und Solidarität unter den vielfältigen ethnischen Gemeinschaften in Sikkim (Kriterium vi).

Bereits die ersten Einwohner von Sikkim, das Volk der Lepcha, verehrten Kangchendzönga als heiliges Land. Mit der Einführung des Buddhismus in der Region im 8. Jahrhundert wurde diese heilige Bedeutung der Region in die buddhistische Glaubenslehre als "beyul" (verborgenes Land) übernommen. Auch der Volksstamm der Bhutia sah bei seiner Ankunft aus Tibet im 13. Jahrhundert eine mythologische  Bedeutung in dem Berg und seiner Umgebung, die schließlich im Freundschaftsvertrag zwischen Bhutia und Lepcha besiegelt wurde. Beide Völker schlossen außerdem ewige Freundschaft mit Kangchendzönga.

Auszug aus dem Statement of Outstanding Universal Value, 2016

"The Khangchendzonga Massif, other peaks and landscape features are revered across several cultures and religions. The combination of extremely high and rugged mountains covered by intact old-growth forests […] further adds to the exceptional landscape beauty."

"Das Khangchendzonga-Massiv, andere Gipfel und Landschaftselemente werden in verschiedenen Kulturen und Religionen verehrt. Die Kombination aus extrem hohen und zerklüfteten Bergen, die von intakten, alten [...] Waldwäldern bedeckt sind, trägt zusätzlich zu der außergewöhnlichen landschaftlichen Schönheit bei."

… und Hotspot der biologischen Vielfalt

Der Nationalpark Kangchendzönga nimmt ein Viertel der Fläche des Bundesstaates Sikkim ein und umfasst eine vielfältige Naturlandschaft von außergewöhnlicher Schönheit (Kriterium vii) mit 18 Gletschern, darunter auch der 26 Kilometer lange Zemu-Gletscher, einem der größten Gletscher in ganz Asien, 73 kristallklaren Gletscherstauseen sowie zahlreichen Hochebenen, Tälern und mit Urwald bewachsenen und Schnee bedeckten Bergen.

Die Stätte ist Teil des Hotspots biologischer Vielfalt im Ost-Himalaya und weist eine der größten Artendichten in ganz Indien auf: Hier sind nahezu die Hälfte der in Indien vorkommenden Vogel-, Baum-, Orchideen- und Rhododendrenarten sowie ein Drittel der Blütenpflanzenarten zu finden. Darüber hinaus ist der Nationalpark ein wichtiges Schutzgebiet für zahlreiche endemische, seltene und bedrohte Pflanzen- und Tierarten (Kriterium x). Durch den extremen Höhenunterschied von mehr als 7.000 Metern (bei Höhenlagen von 1.220 bis zu 8.586 Metern) sind in den subtropischen bis alpinen Ökosystemen des Nationalparks die unterschiedlichsten Arten, wie zum Beispiel der Schneeleopard, der Nebelparder, der Tibetische Wolf, der Rote Panda, das Blauschaf oder auch Nagetierarten wie das Zweifarbige Gleithörnchen, zu finden.

Porträtserie

Im Rahmen der 40. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2016 in Istanbul wurden 21 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Erbes der Menschheit, dessen Erhaltung und Pflege sich die internationale Staatengemeinschaft 1972 mit dem "Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verschrieben hat.

Porträtserie

MIDAs – international mehrfach ausgezeichnete Schutzgebiete

Der Nationalpark Kangchendzönga steht seit 1977 unter nationalem Schutz, wurde 1997 erweitert und nun in diesen Grenzen als UNESCO-Welterbe anerkannt. Darüber hinaus liegt die neue Welterbestätte in einem UNESCO-Biosphärenreservat und ist somit eines der international mehrfach ausgezeichneten Schutzgebiete (sogenannte multi-internationally designated areas / MIDAs). Hierbei handelt es sich um Naturschutzgebiete, die als Ramsar-Feuchtgebiet, Welterbestätte, Biosphärenreservat und/oder UNESCO Global Geopark international als schützenswert anerkannt sind und deren Schutzgebiete sich teilweise oder ganz überlappen. So ist beispielsweise in Deutschland das Wattenmeer eine grenzüberschreitende Welterbestätte sowie in Teilen ein UNESCO-Biosphärenreservat und ein durch die Ramsar-Konvention anerkanntes Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung.

Die internationale Naturschutzunion IUCN, eine der Beraterorganisationen des Welterbekomitees, hat im Rahmen ihres Weltkongresses auf Hawai‘i 2016 einen Leitfaden für ein einheitliches und abgestimmtes Management dieser Stätten veröffentlicht. Anhand von elf Fallbeispielen werden die Vorteile und Schwierigkeiten analysiert, die Mehrfachauszeichnungen mit sich bringen, und Empfehlungen für ein abgestimmtes Management, den systematischen Schutz und die nachhaltige Nutzung für lokale, nationale und internationale Akteure formuliert.

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