Historische Stadt von Yazd

Traditionelle Siedlungsformen in der iranischen Wüste

Eine irdene Stadt in der Wüste – als außergewöhnliches Beispiel traditioneller Siedlungsformen unter herausfordernden klimatischen Bedingungen ist die historische Stadt von Yazd 2017 in die Welterbeliste der UNESCO eingeschrieben worden. Die auf dem iranischen Zentralplateau gelegene Stätte ist zugleich ein Ort des friedlichen Zusammenlebens dreier Religionen und Ausdruck der Anpassungsfähigkeit des Menschen an seine natürliche Umgebung.

Faktenbox

Die neu eingeschriebene Welterbestätte umfasst drei Komponenten: die Altstadt von Yazd, das Viertel der Zoroastrier und den persischen Garten Dolat-abad. In ihrer Gesamtheit ist die Stätte von der Anpassung an die Wüstenumgebung geprägt: Angesichts der Knappheit an Holz und anderen Baumaterialien wurden Wohnhäuser, öffentliche Gebäude, Tempel und Moscheen traditionellerweise mit Erdmaterialien gebaut. So stellt Yazd ein außergewöhnliches Beispiel der Interaktion der Bevölkerung mit ihrer Umgebung dar, gekennzeichnet durch die optimale Nutzung knapper Ressourcen (Aufnahmekriterium v).

Die Optimierung der Bauweise in der ariden Umgebung drückt sich auch in einer Konstruktionsweise aus, die – unter anderem durch überdachte Wege sowie Höfe und Räume unterhalb des Bodenniveaus – angenehme Mikroklimata in der Stadt schafft. Die Wasserversorgung wird durch das Qanat-System sichergestellt, wobei die Qanate von Yazd Teil der 2016 in die Welterbeliste eingeschriebenen Stätte "Die persischen Qanate“  sind. Gelegen in der Nähe dreier wichtiger Handelsrouten, wies Yazd durch die iranische Geschichte hinweg große Bedeutung als Handelszentrum und befestigte Stadt auf. Ebenso ist die Stadt seit jeher Schauplatz des friedlichen Zusammenlebens dreier Religionen: Islam, Zoroastrismus und Judentum. Die mit den Religionen verbundenen Traditionen, darunter stadtweit gefeierte Festlichkeiten oder das islamische Waqf-System, prägen bis heute das Stadtbild und sind von Bedeutung für den Erhalt der historischen Stadt (Aufnahmekriterium iii).
 

Auszug aus dem vorläufigen Statement of Outstanding Universal Value, 2017

„Yazd is an outstanding example of a traditional human settlement which is representative of the interaction of man and nature in a desert environment that results from the optimal use and clever management of the limited resources that are available in such an arid setting.”

"Yazd ist ein herausragendes Beispiel für eine traditionelle menschliche Besiedlung, die repräsentativ für das Zusammenspiel von Mensch und Natur in einer Wüstenumgebung ist, die sich aus der optimalen Nutzung und cleveren Verwaltung der begrenzten Ressourcen ergibt, die in dem trockenen Umfeld verfügbar sind."

Nachhaltigkeit und geringere Gefahrenanfälligkeit

Durch die Verwendung von lokalen und daher kostengünstigen Ressourcen trägt die traditionelle Bauweise in Yazd in verschiedener Hinsicht zur Nachhaltigkeit bei: Materialien müssen nicht von weit her angeliefert werden und sind auf Grund der geringen Kosten breiten Schichten der Bevölkerung zugänglich, also sozial verträglich.

Darüber hinaus scheint die traditionelle Bauweise besonders standhaft gegenüber Erdbeben zu sein. So hat die historische Stadt vergangene Erderschütterungen in der Region gut überstanden. Um den Zusammenhang zwischen der traditionellen Bauweise und Erdbebensicherheit zu belegen und zu spezifizieren, sind jedoch weitere tiefergehende wissenschaftliche Studien notwendig.

Irdene Architektur, eine besondere Herausforderung

Aus Erde und Lehm erbaute Gebäude und Städte finden sich in etwa 10% der Welterbestätten weltweit (Stand 2011). Um die Forschung und den Erfahrungsaustausch hinsichtlich Management und Erhaltungsmaßnahmen für diese Stätten zu fördern, hat das Welterbekomitee 2007 das "World Heritage Earthen Architecture Programme (WHEAP)" ins Leben gerufen. Koordiniert durch das UNESCO-Welterbezentrum wurden seitdem unter anderem regionale Expertentreffen, Erhaltungsprojekte an diversen Welterbestätten und Aktivitäten im Bereich Vermittlung und Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt.

UNESCO-Programm für den Erhalt der Lehmbauarchitektur (WHEAP)

 

Porträtserie

Im Rahmen der 41. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2017 in Krakau wurden 21 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Erbes der Menschheit, dessen Erhaltung und Pflege sich die internationale Staatengemeinschaft 1972 mit dem "Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verschrieben hat.

Porträtserie

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