Ennedi-Massiv: Natur- und Kulturlandschaft
Der "Garten Eden der Sahara"
Der „Garten Eden der Sahara“ – das so beschriebene Ennedi-Massiv im Nordosten des Tschad gehört seit Juli 2016 zum UNESCO-Welterbe. Es ist die zweite Welterbestätte des afrikanischen Landes.
Faktenbox
- Aufnahmejahr: 2016
- Staat: Tschad
- Art der Stätte: Gemischte Welterbestätte
- Erfüllte Aufnahmekriterien: (iii) (vii) (ix)
- Webseite des UNESCO-Welterbezentrums
Der außergewöhnliche universelle Wert der Stätte liegt in der Verbindung der herausragenden Schönheit der Natur, des Vorkommens relikter Tier- und Pflanzenarten und der Zeugnisse vergangener menschlicher Nutzung und Kultur.
Das im Osten der Sahara liegende Sandstein-Massiv erhebt sich abrupt aus der umliegenden Landschaft und erreicht an seiner höchsten Stelle 1.450 Meter über dem Meeresspiegel. Durch Wind- und Wassererosion sind mit der Zeit tiefe Täler und Schluchten sowie faszinierende Steinformationen entstanden. So befindet sich unter anderem der Aloba-Steinbogen, der zweithöchste natürliche Steinbogen der Welt, auf dem Gebiet der Welterbestätte. Die Fülle der vorhandenen Felsformationen, verbunden mit spektakulären Ausblicken, ist der Grund für die Anerkennung der Stätte als Welterbe unter dem Kriterium außergewöhnliche Naturschönheit (Kriterium vii).
Auszug aus dem Statement of Outstanding Universal Value, 2016
„Le grès se présente sous tellement de formes et de couleurs différentes qu’il en résulte un spectacle inédit pour l’observateur.“
"Der Sandstein kommt in so vielen verschiedenen Formen und Farben vor, dass sich für den Betrachter ein neues Spektakel ergibt."
Ein Paradies der Artenvielfalt in der Wüste
Das Ennedi-Massiv zeichnet sich durch Mikroklimata aus, die pflanzliches und tierisches Leben in einer ansonsten unwirtlichen Gegend ermöglichen. In den größeren Schluchten finden sich sogenannte Gueltas: Wasserstellen, die ganzjährig Wasser führen. Ihre Bedeutung für das örtliche Ökosystem ist kaum zu überschätzen, da nur sie die Existenz von Pflanzen und Tieren sowie das Überleben der örtlichen Bevölkerung ermöglichen. Das Massiv stellt somit eine Insel der Artenvielfalt in der Wüste dar.
Neben Pflanzenarten, die außerhalb des Gebiets erst wieder hunderte Kilometer südlich in subtropischen Gebieten vorkommen, finden sich im Massiv auch relikte Tier- und Pflanzenarten. Hierzu gehören diverse aus vergangener Zeit stammende Bäume, die sich heute jedoch nicht mehr verbreiten können. Das wohl bedeutsamste Relikt ist die mit ungefähr 10 Tieren sehr kleine Krokodilpopulation in der Guelta Archei. Diese Tiere und Pflanzen sind Überbleibsel aus der letzten Feuchtigkeitsperiode in der Region, während der die Wasserläufe des Massivs mit Flüssen und Strömen in der umliegenden Landschaft verbunden waren. Während die Wasserversorgung innerhalb des Massivs aufgrund der speziellen klimatischen Bedingungen überdauern konnte, trockneten die Flüsse außerhalb aus, wodurch es zu einer Isolierung der Flora und Fauna innerhalb des Gebiets kam. Die relikten Pflanzen und Tiere sind somit auch Zeugnisse eines verschwundenen Ökosystems.
Kunst über 7.000 Jahre hinweg
Das Ennedi-Massiv ist nicht nur als Natur-, sondern ebenfalls als Kulturerbestätte in die Welterbeliste aufgenommen worden. Von kultureller Bedeutung sind vor allem die vielfältigen Höhlen- und Wandmalereien, die sich über das ganze Gebiet verstreut finden. Bisher sind 650 Fundstellen in dem Gebiet katalogisiert. Diese weisen um die 10.000 Motive auf, die in Stil und Thema stark variieren. Die Malereien sind über einen Zeitraum von 7.000 Jahren hinweg entstanden und illustrieren das Leben der Menschen in verschiedenen Epochen, insbesondere ihre Interaktionen untereinander und mit der sie umgebenden Natur (Kriterium iii). Die klimatischen Veränderungen in der Region mit Beginn der Trockenzeit werden ebenfalls durch die Kunstwerke thematisiert.
Neben den Malereien und Zeichnungen zeugen weitere Überreste vom vergangenen menschlichen Leben in der Region. Eine Vielzahl an Gräbern und Grabstätten sind im östlichen Teil der Stätte entdeckt worden, bedürfen jedoch noch eingehender wissenschaftlicher Untersuchungen. Ein großes Potenzial für Forschung bieten auch die Fundstücke im Zusammenhang mit der Herstellung von Eisen. Dies gilt umso mehr, als traditionelles Wissen zu den Produktions- und Verarbeitungstechniken noch in der örtlichen Bevölkerung vorhanden ist, jedoch der Sammlung und Verschriftlichung zur dauerhaften Bewahrung bedarf.
Porträtserie
Im Rahmen der 40. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2016 in Istanbul wurden 21 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Erbes der Menschheit, dessen Erhaltung und Pflege sich die internationale Staatengemeinschaft 1972 mit dem "Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verschrieben hat.