Die sechs Siedlungen der Berliner Moderne sind Ausdruck der politischen, sozialen, kulturellen und technischen Fortschrittlichkeit im Berlin der Weimarer Republik. Von einigen der bekanntesten Architekten der deutschen Moderne geplant und erbaut, stellen die Siedlungen eine Zäsur in architektonischer und städtebaulicher Hinsicht dar. Ihr Einfluss auf die Entwicklung des sozialen Wohnungsbaus ist bis heute spürbar. 2008 wurden sie in die Welterbeliste der UNESCO eingeschrieben.

Fakten

Aufnahmejahr: 2008
Bundesland: Berlin
Staaten: Deutschland
Art der Stätte: Kulturstätte
Erfüllte Aufnahmekriterien: (ii), (iv)

Sechs Siedlungen

Die Welterbestätte umfasst sechs repräsentative Siedlungen, die zwischen 1913 und 1934 als innovative Antwort auf die Wohnungsfrage in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts errichtet wurden: 

  • die Gartenstadt Falkenberg in Treptow, erbaut 1913-1915 von Bruno Taut,
  • die Schillerpark-Siedlung im Wedding, erbaut 1924-1930 durch Bruno Taut und Franz Hoffmann,
  • die im Volksmund als Hufeisensiedlung bezeichnete Großsiedlung Britz in Neukölln, erbaut 1925-1931 durch Bruno Taut und Martin Wagner,
  • die Wohnstadt Carl Legien, erbaut 1925-1930 durch Bruno Taut und Franz Hillinger,
  • die Weiße Stadt in Reinickendorf, erbaut 1929-1931 durch Bruno Ahrends, Wilhelm Büning und Otto R. Salvisberg,
  • sowie die Großsiedlung Siemensstadt, erbaut bis 1934 durch ein Architektenensemble um die Stararchitekten Walter Gropius, Hans Scharoun und Hugo Häring.
Blick auf Gebäude und eine Wiese mit Bäumen in der Car Legien Siedlung in Berlin
Car Legien Siedlung in Berlin | © Florian Müller-Klug
Externer Link: CC BY-SA 4.0
Blick in die Museumswohnung "Tautes Heim" in der Hufeisensiedlung in Berlin
Museumswohnung "Tautes Heim" in der Hufeisensiedlung in Berlin | © Ben Buschfeld, Commons Wiki
Externer Link: CC-BY 3.0

Neuer Typus von Städtebau und Architektur

Die Wohnungen mit Küchen, Bädern und Balkonen wurden einladend gestaltet, rational proportioniert und modern ausgestattet. Die Siedlungen sind in ihrer Verbindung von modernem Design und technischen sowie ästhetischen Innovationen außergewöhnliche Beispiele eines neuen städtebaulichen und architektonischen Typus.

Mit der Kombination aus Stadtplanung, Architektur und Gartengestaltung sowie der ästhetischen Forschung und Anwendung neuer sozialer und Hygienestandards sind die Siedlungen der Berliner Moderne Ausdruck einer breiten Reform des Wohnungs- und Siedlungsbaus. Die in diesem Zusammenhang entwickelten Standards dienten seither als Richtlinien für den sozialen Wohnungsbau in Deutschland und darüber hinaus. Den sozialen Ideen der politischen Linken folgend wurden die Siedlungen von gewerkschaftlichen, genossenschaftlichen und städtischen Baugesellschaften getragen.

Aktiv gelebte Genossenschaftsidee

Noch heute sind die Gartenstadt Falkenberg und die Schillerpark-Siedlung Eigentum einer Genossenschaft, der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG. Damit wird die GenossenschaftsideeExterner Link: als Modell der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung auf Grundlage von Kooperationen, 2016 anerkannt als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit, in den beiden Wohnsiedlungen weiterhin aktiv gelebt. Die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG hat auch die Stiftung Weltkulturerbe Gartenstadt Falkenberg und Schillerpark-Siedlung der Berliner Moderne mit dem Ziel gegründet, den Erhalt und die lebendige Entwicklung der Wohnsiedlungen zu fördern.

Detail eines Gebäudes in der Carl Legien Siedlung in Berlin
Detail eines Gebäudes in der Carl Legien Siedlung in Berlin | © Florian Müller-Klug
Externer Link: CC BY-SA 4.0

Verbindung von Erhalt und Entwicklung

Für die urbane und belebte Welterbestätte stellt die welterbeverträgliche Verbindung von Erhalt und Entwicklung eine besondere Herausforderung dar, beispielsweise das Nutzen von Energiesparpotenzialen vor dem Hintergrund des Klimawandels zugunsten der Effizienz, des Klimaschutzes und der Wohnqualität. Vor diesem Hintergrund wurden für die sechs Siedlungen Denkmalpflegewerke erarbeitet, die Richtlinien für die Modernisierung und energetische Sanierung der Siedlungen im Einklang mit den strengen Denkmalschutzauflagen aufstellen. Besondere Vorkehrungen müssen auch bei Bau- und Sanierungsmaßnahmen in der Pufferzone der Welterbestätte getroffen werden.

Um ein Verantwortungsbewusstsein für die Notwendigkeit des langfristiges Erhalts der Siedlungen zu fördern und ihren besonderen Wert den Bewohnern und Besuchern nahe zu bringen, wurde für die Siedlungen ein spezielles Leitsystem eingerichtet, das eine Verbindung zwischen den sechs Einheiten schafft und auf einen sozial verträglichen Tourismus abzielt, indem die Wohnsiedlungen touristisch zugänglich gemacht werden, ohne die Bewohnerinnen und Bewohner in ihrer Lebensqualität zu beeinträchtigen.

Infobox

Der außergewöhnliche universelle Wert

Integrität und Authentizität

Die sechs Siedlungen wurden aufgrund ihrer historischen, architektonischen, künstlerischen und sozialen Bedeutung und der Tatsache, dass sie im Zweiten Weltkrieg aufgrund ihrer Lage nur geringe Schäden erlitten, aus den in Berlin bestehenden Siedlungen dieser Zeit ausgewählt. Obwohl in der Nachkriegszeit kleinere Umbauten und Veränderungen im Innern vorgenommen wurden, wird dank der im Rahmen des Denkmalschutzgesetzes von 1975 ausgeführten Restaurierungsmaßnahmen und des gegenwärtigen Erhaltungszustands ein hohes Maß an Integrität und Authentizität erreicht.

Kriterien

Kriterium (ii)

Die sechs Berliner Siedlungen sind außergewöhnlicher Ausdruck einer breit angelegten Wohnungsreformbewegung, die einen entscheidenden Beitrag zur
Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen in Berlin geleistet hat. Ihre städtebauliche, architektonische und gartengestalterische Qualität sowie die in dieser Zeit entwickelten Wohnstandards dienten in der Folge als Leitlinie für den sozialen Wohnungsbau inner- und außerhalb Deutschlands.

Kriterium (iv)

Die sechs Berliner Siedlungen sind außergewöhnliche Beispiele für einen neuen städtebaulichen und architektonischen Typus, der auf der Suche nach
besseren sozialen Lebensbedingungen entwickelt wurde. Die führenden Architekten der Moderne, die an der Planung und am Bau der Siedlungen beteiligt waren, ließen neue gestalterische Lösungen sowie technische und ästhetische Innovationen darin einfließen.

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