Pressemitteilung,

Manuelle Glasfertigung ist Immaterielles Kulturerbe der Menschheit

Traditionshandwerk wurde von sechs europäischen Staaten nominiert

Die UNESCO hat heute die Manuelle Glasfertigung zum Immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt. Das Traditionshandwerk wurde von Finnland, Frankreich, Spanien, Tschechien und Ungarn gemeinsam mit Deutschland zur Aufnahme in die UNESCO-Liste nominiert. Der Zwischenstaatliche Ausschuss zum Immateriellen Kulturerbe tagt noch bis zum 9. Dezember in Kasane, Botswana.

„Geduld, Kreativität und Teamwork zeichnen die Manuelle Glasfertigung aus. Ich freue mich, dass die UNESCO die beeindruckende schöpferische Kraft dieses Handwerks ausgezeichnet hat. Die Gemeinschaft der Glasmacherinnen und Glasmacher bewahrt diese besondere Handwerkstradition mit einem beeindruckenden Engagement. Ich bin überzeugt, dass ihr Wissen und Können der Menschheit noch lange erhalten bleiben wird“, betont der Vizepräsident der Deutschen UNESCO-Kommission Christoph Wulf.

Die Manuelle Glasfertigung widmet sich der Formgebung und Gestaltung von heißem wie kaltem Glas. Die ersten Glashütten in Deutschland, Frankreich und Spanien entstanden in vorchristlicher Zeit. Im frühen Mittelalter verlagerte sich die Herstellung in Regionen, die über große Holz- und Sandvorkommen verfügten, den damals wichtigsten Rohstoffen der Glasfertigung. So entstanden Hütten in Tschechien und Ungarn. Die erste finnische Glashütte wurde 1681 gegründet.

Glas wird bei Temperaturen von weit über 1.000 Grad Celsius geschmolzen und ist nur für kurze Zeit formbar. Zur Herstellung von Hohlglas blasen die Handwerkerinnen und Handwerker eine kleine Kugel heißes, zähflüssiges Glas mithilfe einer Pfeife auf und bringen sie durch Drehen, Schwenken und die Bearbeitung mit traditionellen Werkzeugen in die gewünschte Form. Für die Produktion von Flachglas wird das heiße Ausgangsmaterial zu einer Walze gestreckt und weiterverarbeitet.

„Für die Anerkennung der Manuellen Glasfertigung als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit sind wir unendlich dankbar“, erklären Georg Goes vom Museum Glashütte Baruth, Katrin Holthaus vom LWL-Museum Glashütte Gernheim und Rainer Schmitt von der Glashütte Lamberts. „Sie ist für Trägerinnen und Träger dieser traditionellen Handwerkspraxis eine wegweisende Auszeichnung und ist uns Ansporn, diese Tradition weiter zu erhalten und bekannter zu machen. In den kommenden Jahren planen wir gemeinsam mit den Partnern der anderen Bewerber-Nationen internationale Projekte zur Erhaltung der Manuellen Glasfertigung.“

Handgearbeitetes Hohlglas ist für hochwertige Serienproduktionen, Design, die Fertigung von Prototypen und technische Spezialanwendungen bis heute unverzichtbar. Mundgeblasenes Flachglas wird für Restaurierungsarbeiten, aber auch in Architektur und Kunst verwandt. So haben etwa Marc Chagall, Gerhard Richter und Neo Rauch Werke mithilfe dieser traditionellen Handwerkskunst geschaffen.

Das komplexe Wissen über die Manuelle Glasfertigung wird in Deutschland nur noch von wenigen Menschen bewahrt und weitergegeben. Die Glasmacherinnen und Glasmacher sind heute international eng vernetzt. An der Nominierung für die UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes haben sich Glashütten aus ganz Europa beteiligt.
 

Hintergrund

Zum Immateriellen Kulturerbe zählen lebendige Traditionen aus den Bereichen Tanz, Theater, Musik, mündliche Überlieferungen, Naturwissen und Handwerkstechniken. Die UNESCO unterstützt den Schutz, die Dokumentation und den Erhalt gelebter Kultur seit 20 Jahren. Das Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes wurde 2003 von der Generalkonferenz der UNESCO in Paris verabschiedet. Bis heute haben 181 Staaten den Vertrag ratifiziert. Deutschland gehört der UNESCO-Konvention seit 2013 an.

Einzelne Elemente aus den nationalen Verzeichnissen des Immateriellen Kulturerbes der Vertragsstaaten können für eine von drei internationalen UNESCO-Listen vorgeschlagen werden. Rund 700 Bräuche, darstellende Künste, Handwerkstechniken und Formen des Naturwissens aus aller Welt werden derzeit auf diesen Listen geführt, darunter der Tango aus Argentinien und Uruguay, die traditionelle chinesische Medizin, Reggae aus Jamaika und die Praxis des Modernen Tanzes in Deutschland.

Der Zwischenstaatliche Ausschuss zum Immateriellen Kulturerbe entscheidet jährlich über die Aufnahme neuer Kulturformen in die UNESCO-Listen. Das Gremium setzt sich aus 24 gewählten Vertragsstaaten der Konvention zusammen, darunter Deutschland.
 

Weitere Informationen

Webseite der 18. Sitzung des Zwischenstaatlichen Ausschusses zum Immateriellen Kulturerbe

Fotos zur Manuellen Glasfertigung

Manuelle Fertigung von mundgeblasenem Hohl- und Flachglas im Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes

Immaterielles Kulturerbe weltweit

FAQ Immaterielles Kulturerbe
 

Pressekontakt

Timm Nikolaus Schulze
Pressesprecher
Deutsche UNESCO-Kommission
Telefon: +49 228 604 97-142
E-Mail: schulze(at)unesco.de

Peter Martin
Stellvertretender Pressesprecher
Deutsche UNESCO-Kommission
Telefon: +49 30 80 20 20-310
E-Mail: martin(at)unesco.de