Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe
Handwerksmüllerei in Wind- oder Wassermühlen
Im 18. und 19. Jahrhundert waren Mühlen moderne Verarbeitungsstätten, die effizient die Naturkräfte nutzten. Diese Produktionsstätten legten den Grundstein für die industrielle Revolution. Bekannt sind über 180 verschiedene Nutzungsarten: Dazu gehören Mahlen (z.B. Mehl), Pressen (z.B. Pflanzenöl), Sägen (i.d.R. Holz) und Schleifen (z.B. Naturstein). Mühlen prägen bis heute viele Landschaften in Deutschland.
Fakten
- Aufnahmejahr: 2018
- Verbreitung: deutschlandweit und darüber hinaus
- Zentraler Termin: ganzjährig
- Bereiche: Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das Universum, traditionelle Handwerkstechniken
Kontakt
Die Müllergilde – Interessengemeinschaft für das traditionelle Müllerhandwerk und historische Mühlen e.V.
Eckhard Meyer
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Heute ist die Müllerei ein Beruf, der im dualen Ausbildungssystem erlernt werden kann. An Müllerschulen erwerben die Auszubildenden alle Kenntnisse, die auf einen Industriebetrieb ausgerichtet sind. Das Arbeiten mit Wind- und Wasserkraft sowie mit traditionellen Mahlverfahren, wie Mahlgänge mit Mühlsteinen, ist heute im Lehrplan nicht mehr zu finden. Derartiger Techniken können nur noch in einigen Handwerksmühlen erlernt werden, die sich der Tradition verpflichtet sehen. Bundesweit nutzen noch ungefähr 50 von ehemals ca. 50.000 Mühlen Wind bzw. Wasser als Antriebskraft und halten das traditionelle Müllerhandwerk am Leben.
Neben diesen professionellen Betrieben gibt es eine zunehmende Zahl von Wind- und Wassermühlen, die auf semiprofessioneller, ehrenamtlicher Basis geführt werden und auf diese Weise das Müllerhandwerk in die Zukunft tragen. Einzelpersonen und Vereine bemühen sich zum Beispiel im Rahmen von Ausbildungskursen, den Umgang mit einer Wind- oder Wassermühle und die Fähigkeit zur Ausübung der traditionellen handwerklichen Müllerei zu vermitteln. Diese Ausbildung kann jedoch nicht der früheren Form der Berufsausbildung des Müllers gleichgesetzt werden.
Im Spätmittelalter und zu Beginn der Industrialisierung entstanden viele Gedichte, Sagen und Gemälde über die Handwerksmüllerei von namhaften Künstlern wie Wilhelm Busch, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Hölderlin, Theodor Storm oder auch Heinrich Heine. Auch heute noch findet sich das Handwerk in Form von Sprichwörtern und Liedern in der alltäglichen Wahrnehmung wieder. Verbreitete Redewendungen sind zum Beispiel „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ oder „behördliche Mühlen mahlen langsam“.
Das traditionelle Müllerhandwerk zu erhalten ist das Ziel der Müllergilde. Diese vermittelt vor- und frühindustrielle mühlentechnische Kenntnisse und Erfahrungen und sichert somit die Weitergabe der spezifischen handwerklichen Fähigkeiten durch Unterstützung der Handwerksmüllerausbildung.