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Globaler Dialog über die Regulierung digitaler Plattformen

Digitale Plattformen bedürfen einer internationalen und multidisziplinären Regulierung. Wie diese aussehen könnte, diskutierten rund 4.300 Teilnehmende der UNESCO-Konferenz „Internet for Trust“, die vom 21. bis zum 23. Februar in Paris und online stattfand.

Lügen verbreiten sich sechs Mal schneller als Fakten, so Nobelpreisträgerin und Gewinnerin des UNESCO/Guillermo Cano World Press Freedom Prize 2021 Maria Ressa in ihrem Eröffnungsvortrag. Damit werden Desinformationen und Falschinformationen zur Gefahr für Demokratie, das öffentliche Vertrauen und die Gesellschaft als Ganzes. Ressa rief die Unternehmen zu einem verantwortlicheren Handeln auf.

Die UNESCO lud Fachleute aus Regierungen, Regulierungsbehörden, Unternehmen der Digitalbranche, Hochschulen, der technischen Gemeinschaft und der Zivilgesellschaft ein, um über die Krise des digitalen Informations-Ökosystems, das Einfallstor für Manipulationen, Hassrede und Gewalt ist, zu diskutieren und gemeinsam neue Lösungswege zu entwickeln.

44% auf our peace keepers said that disinformation and hate speech on social media is impacting their ability to carry out their job.

44 % unserer Friedenssoldaten gaben an, dass Desinformation und Hassreden in den sozialen Medien ihre Arbeit beeinträchtigen.

Melissa Fleming, Stellvertretende UN-Generalsekretärin für Kommunikation

Im Zentrum der Diskussionen standen Forderungen nach mehr Transparenz digitaler Plattformen, nach menschenrechtsbasierten Richtlinien und Praktiken für die Verwaltung von Inhalten und der ausgeglichenen Moderierung digitaler Inhalte durch Menschen und Künstliche Intelligenz.

UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay eröffnete die Konferenz. An der Konferenz beteiligten sich unter anderem der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, Katrín Jakobsdóttir, Ministerpräsidentin von Island, die Vizepräsidentin der EU-Kommission und Kommissarin für Werte und Transparenz Věra Jourová, Christopher Wylie, Datenwissenschaftler und Whistleblower von Cambridge Analytica und Éric Garandeau, Direktor für Politik und Regierungsbeziehungen bei TikTok. Auf die Eröffnung folgte eine Reihe von Podiumsdiskussionen, in denen die Teilnehmenden vor Ort und online partizipieren konnten. Die Veranstaltung bildete einen wichtigen ersten Schritt hin zu einer vertrauensvolleren digitalen Umgebung. Der Dialog soll mit allen Stakeholdern und insbesondere denen aus dem Globalen Süden auch nach der Konferenz fortgeführt werden.

Deutsche UNESCO-Kommission und Partner veranstalten Side Event

Das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut, das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, das Institut für Theorie und Zukunft des Rechts an der Universität Innsbruck und die Deutsche UNESCO-Kommission organisierten im Vorprogramm der Konferenz eine Diskussionsveranstaltung zum Potenzial hybrider Plattformregulierung. Die Veranstaltung war Teil einer Reihe von Begleitveranstaltungen, bei denen Stakeholder aus aller Welt Fragen zur Regulierung digitaler Plattformen erörterten.

Ausgehend von wissenschaftlichen Erkenntnissen, wurde die Frage aufgeworfen, welche Rolle Plattformräte (Social Media Councils) für eine menschenrechtsbasierte und rechenschaftspflichtige Diskurssphäre spielen und wie diese gestaltet sein könnten. Die Teilnehmenden teilten die Einschätzung, dass Plattformräte unabhängig und als demokratische Ergänzung oder Alternative zu staatlich auferlegten Regulierungsmodellen agieren sollten. Eine Ko-Regulierung von digitalen Plattformen sei die Voraussetzung dafür, dass auch in der digitalen Sphäre das Prinzip der Gewaltenteilung wirken kann und gesellschaftliche Beteiligung garantiert ist. Eine rein staatliche oder rein durch die Unternehmen bestimmte Regulierung wurde als problematisch identifiziert. Vor allem die Notwendigkeit, die Besetzung von Plattformräten so divers wie möglich zu gestalten, wurde betont. Zugleich wurde anerkannt, dass eine vollständige gesellschaftliche Repräsentation nicht erreichbar ist.

Hintergrund

Die Konferenz "Internet for Trust" bildete den Höhepunkt eines globalen Multistakeholder-Dialogs, der von der UNESCO ins Leben gerufen wurde, um die erste globale Leitlinie für die Regulierung sozialer Plattformen zu entwickeln, mit dem Ziel die Zuverlässigkeit von Informationen zu verbessern und die Menschenrechte im Internet zu fördern.

Bis zum 8. März kann die aktuelle Fassung der Richtlinien über eine Online-Plattform kommentiert werden. Der überarbeitete Entwurf wird voraussichtlich Ende März 2023 verfügbar sein.