Quedlinburg liegt nur einen ‚Hexensprung‘ vom Brocken entfernt auf der östlichen Seite des Harzes. Sie war im Mittelalter eine der wichtigsten Königs- und Kaiserpfalzen und eine wohlhabende Handelsstadt. Altstadt und Neustadt verschmolzen 1330 zu einer Doppelgemeinde mit gemeinsamer Stadtmauer. Dieses zusammenhängende städtische Gefüge mit vier alten Pfarreien und den alten Fachwerkhäusern bestimmen den Charakter des Ortes.

Fakten

Aufnahmejahr: 1994
Bundesland: Sachsen-Anhalt
Staaten: Deutschland
Art der Stätte: Kulturstätte
Erfüllte Aufnahmekriterien: (iv)

Hauptstadt des Ostfränkischen Reichs

Die außergewöhnliche und weltweite kulturelle Bedeutung Quedlinburgs beruht auf dem Einfluss der sächsisch-ottonischen Herrscherdynastie auf Entwicklung und Architektur der Stadt. Nach der Krönung Heinrichs (876 bis 936), dem ersten deutschen König aus der sächsischen Dynastie, wurde die königliche Residenz Quedlinburg Hauptstadt des Ostfränkischen Reichs. Sichtbares Zeugnis dieser Dynastie ist die St. Servatius geweihte Stiftskirche, die im Mittelalter eine der am höchsten geschätzten Kirchen des Reiches war. Ihre Krypta mit dem Kreuzgewölbe, den Kapitellen, Gräbern und Wandmalereien stellt eines der bedeutendsten Denkmäler der Kunstgeschichte aus dem 10. bis 12. Jahrhundert dar und beherbergt neben Aachen und Halberstadt den wertvollsten Kirchenschatz des Mittelalters.

Blick auf den Schlossberg in Quedlinburg mit Schloss und Siftskirche
Schloss und Siftskirche in Quedlinburg | © Richard White, flickr
Externer Link: CC-BY-NC-ND 2.0
Blick auf die Dächer der Altstadt von Quedlinburg
Quedlinburg | © pixabay, u_cpcg1cgcfw

Eine einzigartig erhaltene Stadtbebauung aus dem Mittelalter

Die Bedeutung Quedlinburgs als Denkmal städtischer Architektur basiert auf der Erhaltung der Stadtmauer aus dem Jahr 1330, auf den noch immer bestehenden Beziehungen zwischen den alten Pfarreien St. Ägidius, St. Blasius, St. Benedictus und St. Nikolaus sowie der städtischen Bebauung mit mittelalterlichen und nachmittelalterlichen Fachwerkhäusern. Vom Schlossberg aus schaut man auf ein schiefverwinkeltes Spitzgiebel- und Türmchengewirr. Infolge der einseitigen Baupolitik in der ehemaligen DDR mit ihrer Orientierung auf industrielles Bauen wurde die Pflege der Fachwerkhäuser vernachlässigt. Durch den Widerstand der Bürger in der Zeit der politischen Wende im Herbst 1989 konnten großräumig geplante Abrisse im Nordteil der Altstadt verhindert werden. Nach dem Abbruchstopp erfolgten 1990 erste Sanierungsarbeiten. Seitdem werden zunehmend Fachwerkhäuser repariert und modernisiert.

Wirtschaftlicher Aufschwung und "Fachwerk-Boom"

Der Glanz der Stadt Quedlinburg zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert zeigt sich in den Gebäuden auf dem Schlossberg. Der Grundriss und einige sehr wahrscheinlich originale Stücke innerhalb der Häuser stammen noch aus der ihn umgebenden Residenzstadt der Zeit. Aus dem Markt mit den Kaufleuten und Handwerkern im Westen und später im Norden des Schlossbergs und den kleineren Siedlungen entstand die Stadt Quedlinburg. Quedlinburg erlebte während und unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg einen wirtschaftlichen Aufschwung, im Zuge dessen zwischen 1620 und 1720 mehr Fachwerkhäuser als in jeder anderen vergleichbaren Stadt in der Region gebaut wurden.

Fachwerkhäuser in einer Gasse in Quedlinburg
Fachwerkhäuser in einer Gasse in Quedlinburg | © pixabay, lutz6078

Aktive Arbeit in Welterbe-Netzwerken

Quedlinburg ist Sitz der Geschäftsstelle des UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V.Externer Link: Der Verein und die in ihm zusammengeschlossenen deutschen Welterbestätten fördern gemeinsam einen nachhaltigen, denkmal- und naturschutzverträglichen Tourismus in Deutschland.

Die Stadt engagiert sich auch im Arbeitskreis Welterbe-Altstädte des Deutschen StädtetagesExterner Link: sowie international im Netzwerk der UNESCO-Welterbestädte (OWHCExterner Link:). Ziel dieses Netzwerks ist es, die Zusammenarbeit von UNESCO-Welterbe-Städten in Denkmalpflege und Management zu fördern. Auf diese Weise soll die Solidarität unter den Welterbe-Städten weltweit gestärkt werden.

In der Welterbestadt aktiv ist auch die Jugendbauhütte QuedlinburgExterner Link: der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Junge Menschen können in der Welterbestadt traditionelle Handwerkstechniken erlernen, sie am Original anwenden und das Besondere des Echten und Authentischen mit eigenen Händen spüren und erfahren. Die Weitergabe traditionellen Handwerkskönnens ist auch für die Baudenkmäler selbst von Bedeutung: Nur mit Hilfe dieses Könnens und Wissens kann sichergestellt werden, dass gebautes Erbe langfristig erhalten und restauriert werden kann.

Infobox

Der außergewöhnliche universelle Wert

Authentizität

Die Authentizität Quedlinburgs ist unwiderlegbar. Viele der Gebäude, vor allem die Fachwerkbauten, haben sich im Laufe der Jahrhunderte kaum oder gar nicht verändert. Die Politik der ehemaligen DDR, die den Einsatz industriell vorgefertigter Bauten als Ersatz für die Ende der 1980er-Jahre abgerissenen Gebäude begünstigte, hat dazu geführt, dass Bereiche in der Stadt sämtliche materielle und bauliche Authentizität eingebüßt haben. Diese haben jedoch einen relativ geringen Anteil am gesamten Gebäudebestand; zudem wurde bei Merkmalen wie Größe, Kubatur und Fensterzeilen das Gesamtstadtbild respektiert.

Integrität

Durch den Stadtgrundriss und die städtebauliche Struktur wird das hauptsächlich mittelalterliche Stadtbild intakt gehalten, das einen bemerkenswert hohen Anteil an Fachwerkbauten aus dem Mittelalter und späteren Epochen aufweist.

Kriterien

Kriterium (iv)

Quedlinburg ist ein herausragendes Beispiel für eine europäische Stadt aus dem Mittelalter, in der ein hoher Anteil außergewöhnlich hochwertiger
Fachwerkhäuser erhalten geblieben ist.

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