In der ehemaligen Benediktinerabteikirche St. Michael und im Hildesheimer Dom mit seinem Domschatz findet sich mit Blick auf die Innengestaltung eine außergewöhnliche Reihe von Elementen, die in ihrer Gesamtheit für das Verständnis der in der Romanik verwendeten Grundrisse ziemlich einzigartig sind. 1985 wurden sie in die Welterbeliste der UNESCO eingeschrieben. 

Fakten

Aufnahmejahr: 1985
Bundesland: Niedersachsen
Staaten: Deutschland
Art der Stätte: Kulturstätte
Erfüllte Aufnahmekriterien: (i), (ii), (iii)

Ansicht der Michaeliskirche in Hildesheim
Michaeliskirche in Hildesheim | © barnyz, Flickr
Externer Link: CC-BY-NC-ND 2.0

Wegweisend für die Architektur des Mittelalters

St. Michael wurde von 1010 bis 1022 von Bischof Bernward von Hildesheim erbaut und zeichnet sich in seinem Grundriss durch strenge Symmetrie aus: Zwei Chöre, einer im Osten und einer im Westen, ein weit über die Seitenschiffe hinaus vorspringendes Querhaus, und schlanke Rundtürme beidseits der Giebelseiten, die mit den gedrungenen Vierungstürmen kontrastieren. Im Langhaus wechseln vier Eckpfeiler mit paarweise gekoppelten, Würfelkapitelle tragenden Rundstützen ab. Dieser einem bis dahin unbekannten Rhythmus folgende Stützenwechsel war eine der erfolgreichsten Erfindungen der ottonischen und romanischen Kunst. Die Architektur der Kirche war wegweisend für weitere architektonische Entwicklungen im Mittelalter. Heute ist die Michaeliskirche einer der wenigen Großbauten in Europa, die um die Jahrtausendwende entstanden und einen ganzheitlichen Eindruck der damaligen Kunstfertigkeit bieten und bis heute keine erheblichen Beschädigungen oder umfangreichen Umbauten ihrer Grund- und Detailstrukturen erfahren haben.

St. Mariae, 1046 nach einem Brand neu erbaut, und St. Michael beherbergen einen außergewöhnlichen Kirchenschatz mit einer Vielzahl einzigartiger Innendekorationselemente. Diese Elemente ermöglichen ein besseres Verständnis der in der Romanik verwendeten Grundrisse als die jeder anderen romanischen Kirche. Besonders die berühmten Bronzetüren und die Bronzesäule des Bernward von etwa 1020 sind hervorzuheben. Sie stellen ebenso wie die um 1130 geschaffene Holzdecke der Michaeliskirche ein künstlerisches Meisterwerk dar. Die Holzdecke, bestehend aus 1300 Holzteilen und bemalt mit einer Darstellung der Wurzel Jesse, ist eines von zwei noch erhaltenen Beispielen solch extrem anfälliger Strukturen. 

Das Welterbe erleben

Das Besucherzentrum Welterbe Hildesheim ermöglicht Interessierten, mehr über die Welterbestätte, ihre Geschichte und die heutige Bedeutung von Dom und Michaeliskirche zu erlernen. Die Vermittlungsarbeit, festgehalten in der Welterbekonvention von 1972 als Aufgabe aller Welterbestätten, ist von großer Bedeutung, um den langfristigen Erhalt der Stätte zu sichern und Wissen über die völkerverbindende Grundidee des Welterbes zu teilen.

Infobox

Der außergewöhnliche universelle Wert

Authentizität

Trotz der Schäden des Zweiten Weltkriegs blieb die St. Michaeliskirche bis zur Dachtraufe erhalten; gleichwohl wurde sie umfassend restauriert. Alle wichtigen Gestaltungselemente sind noch heute vollständig und uneingeschränkt zu sehen. Herzstück im Inneren der Kirche ist die Holzdecke aus dem frühen 13. Jahrhundert, die während des Krieges vorübergehend ausgelagert wurde und weltweit einzigartig ist. Alle anderen Ausstattungselemente im Dom St. Maria und der Michaeliskirche, die den außergewöhnlichen universellen Wert der Stätte belegen, befinden sich in einem ebenso authentischen Zustand. Der Dom St. Maria wurde im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört, aber ein Großteil der Kreuzgänge und der angrenzenden Kapelle blieben unversehrt, insbesondere die kostbare Innenausstattung. Alle beweglichen Inventar- und Einrichtungsstücke wurden rechtzeitig in Sicherheit gebracht.

Während der Rekonstruktion nach 1945 und im Zuge aller späteren Reparaturen und Restaurierungen war vorrangiges Ziel, das mittelalterliche Erscheinungsbild der beiden Großbauten gemäß modernster Forschung zu rekonstruieren.

Integrität

Da die Kirchen auf einer Anhöhe errichtet wurden, treten die umgebenden Gebäude nicht hervor und beeinträchtigen die Aussicht auf die und von den Kirchen in der Stadtlandschaft nicht wesentlich. Darüber hinaus ist der mittelalterliche
Stadtgrundriss relativ gut erhalten und entspricht der Erbauungszeit der Stätte (11. und 12. Jahrhundert). Der Dom St. Maria und die St. Michaeliskirche enthalten alle Elemente, die notwendig sind, um den außergewöhnlichen universellen Wert zum Ausdruck zu bringen. Die Stätte ist von angemessener Größe; alle Merkmale und Strukturen, die seine Bedeutung als herausragendes Beispiel der Kunst und Architektur des Heiligen Römischen Reichs vermitteln, sind vorhanden.

Kriterien

Kriterium (i)

Die Bernward-Bronzen und die Decke der St. Michaeliskirche stehen für einzigartige künstlerische Leistungen.

Kriterium (ii)

Die St. Michaeliskirche hatte großen Einfluss auf die Entwicklung der mittelalterlichen Architektur.

Kriterium (iii)

Der Dom St. Maria und die St. Michaeliskirche sowie ihre Kunstschätze ermöglichen ein besseres und unmittelbareres Verständnis als alle anderen romanisch ausgestatteten Kirchen im christlichen Abendland.

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