In seiner Gesamtheit ist Maulbronn weltweit ein Einzelfall, der es ermöglicht, ein zuverlässiges Bild von zahllosen zerstörten Klosteranlagen zu rekonstruieren.

Fakten

Aufnahmejahr: 1993
Bundesland: Baden-Württemberg
Staaten: Deutschland
Art der Stätte: Kulturstätte
Erfüllte Aufnahmekriterien: (ii), (iv)

Wegweisend für die gotische Architektur

Die zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert erbauten Hauptgebäude sind von starken Mauern umgeben und wurden zu einem prägenden Merkmal der umgebenden Landschaft. Insbesondere die Klosterkirche beeinflusste die Ausbreitung der gotischen Architektur über weite Teile Nord- und Mitteleuropas. Der Zisterzienserorden war auch für seine Erfindungen auf dem Gebiet der Wassertechnik bekannt. Dies wird durch das ausgeklügelte System der Wasserspeicher, Bewässerungskanäle und Abläufe des Klosters deutlich.

Blick auf eine gotische Gebäudefassade im Kloster Maulbronn
Kloster Maulbronn | © BabaMu, pixabay
Blick auf die Klosterbäckerei im Kloster Maulbronn, ein Fachwerkgebäude, mit einem steinernen Gebäude im Hintergrund
Klosterbäckerei im Kloster Maulbronn | © Joachim Koehler, Commons Wiki
Externer Link: CC-BY-SA 3.0

Nahezu vollständige Erhaltung mittelalterlicher Strukturen

Der mittelalterliche Grundriss und Bau des für die Tradition der Zisterzienser typischen Zentralgebäudes ist nahezu vollständig. Bis ins Detail lassen sich Leben und Arbeit des Zisterzienserordens vom 12. bis 16. Jahrhundert veranschaulichen. Der Innenhof des Klosters ist noch immer von Türmen umgeben, die über die Unterkünfte und Nebengebäude sowie eine Verteidigungsmauer von etwa einem Kilometer Länge hinaus ragen. Seit der Reformation wurden nur das Refektorium der Mönche und die Schlafräume der Laienbrüder umgestaltet. Die dreischiffige Basilika, der älteste Teil der Anlage, wurde 1178 geweiht. Im getrennten Mönchschor zeigt das aus dem 15. Jahrhundert stammende Chorgestühl mit seinen 92 Plätzen den Umfang des Klosters in dieser Zeit. Die Einrichtungen, die zur Versorgung eines Klosters benötigt wurden, befinden sich innerhalb der Anlage. Dazu kommen die zugehörigen angrenzenden Felder und ein Wasserwirtschaftssystem, das ebenfalls erhalten geblieben ist. Über dieses System wurde das Wasser für die Gemeinschaft, zur Fischzucht und zur Bewässerung der ausgedehnten landwirtschaftlichen Flächen transportiert.

Bedeutend für die Architekturgeschichte im gesamten mitteleuropäischen Raum sind einige Bauteile aus der Zeit von 1200 bis 1210: die frühgotische Kirchenvorhalle, der Südflügel des Kreuzganges und das Herrenrefektorium, der wohl aufwändigste Speisesaal des 13. Jahrhundert. Hier zeigt sich die Kraft der Kunst am Anfang einer neuen Epoche. Das spezifische Formenrepertoire ist das frühste Zeugnis der Auseinandersetzung mit der neuen gotischen Baukunst aus Frankreich. In diesem Anfang geriet der Speisesaal der Herrenmönche zur Königshalle. Die Gebäude des Klosters aus dem 13. Jahrhundert stimulierten die Entwicklung der gotischen Architektur in Deutschland entscheidend. Die Klosterkirche hat die wichtigsten Teile ihrer Ausstattung bewahrt. Sie ist ein bedeutendes Beispiel der oberrheinischen Spätromanik. Ihre Architektur folgt den Forderungen Bernards von Clairvaux, Verbreiter des zisterziensischen Reformdenkens, schlichte Kirchen aus schmucklosen Stein zu errichten: keine Türme, keine Krypta, keine Empore, kein Bau- oder Kunstluxus. Aus der Wendezeit zur Spätgotik 1340/50 stammt das Brunnenhaus, ein Glanzstück der Maulbronner Klosterarchitektur.

Blick in das Herrenrefektorium im Kloster Maulbronn
Herrenrefektorium im Kloster Maulbronn | © Harro52, Wikimedia Commons
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Welterbevermittlung und Einbindung junger Menschen

Die Welterbestätte Klosteranlage Maulbronn beteiligt sich am internationalen Freiwilligenprogramm World Heritage Volunteers der UNESCO. Ziel dieses UNESCO-Programms im Bereich der Welterbevermittlung sind unter anderem die verstärkte Einbindung der jungen Generation in Bemühungen um den nachhaltigen Schutz und die Bewahrung des Erbes der Menschheit sowie die Vermittlung praktischer Fähigkeiten und Kenntnisse. 

Infobox

Der außergewöhnliche universelle Wert

Authentizität

Die topographischen Merkmale rund um das Kloster sind nahezu intakt erhalten geblieben, seine Entwicklung vom 12. bis zum 17. Jahrhundert kann nachverfolgt werden, und die gesamte Anlage ist in einem ausgezeichneten Erhaltungszustand. Angesichts der langen und wechselvollen Geschichte des Klosters ist sein heutiges Aussehen eine Mischung vieler Stile und Epochen. Die Säkularisierung und die Umwandlung in ein protestantisches Seminar im 19. Jahrhundert führten zu grundlegenden Veränderungen einzelner Gebäude. Die Restaurierungsarbeiten im 19. und 20. Jahrhundert waren jedoch einwandfrei, so dass der gesamte Komplex einen sehr hohen Grad an Authentizität aufweist.

Integrität

Der mittelalterliche Plan und die Struktur der zentralen Klosteranlage, die typisch für die Zisterziensertradition ist, haben sich nahezu vollständig erhalten. Auch die Bestandteile des Wassermanagementsystems sind größtenteils erhalten. Die Stätte ist von ausreichender Größe, um die vollständige Darstellung der Eigenschaften und Prozesse, die seine Bedeutung vermitteln, zu gewährleisten.

Kriterien

Kriterium (ii)

Der Bau der Kirche in Maulbronn im romanisch-gotischen Übergangsstil war von grundlegender Bedeutung für die Verbreitung der gotischen Architektur in weiten Teilen Nord- und Mitteleuropas.

Kriterium (iv)

Die Maulbronner Klosteranlage ist das am vollständigsten überlieferte Zeugnis eines von den Zisterziensern gegründeten Klosters in Europa, insbesondere wegen der Erhaltung ihres umfassenden Wassermanagementsystems mit Stauteichen, Be- und Entwässerungskanälen.

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