Auf ein Wort
O-Töne aus dem Welterbe - Speicherstadt mit Kontorhausviertel und Chilehaus
Bernd Paulowitz
Welterbe-Koordinator beim Denkmalschutzamt in der Kulturbehörde Hamburg
Der wirksame Schutz von Welterbestätten sowie die Vermittlung des Welterbegedankens und des außergewöhnlichen universellen Wertes des Welterbes sind nur mit dem engagierten Einsatz der Zuständigen vor Ort sowie auf regionaler und nationaler Ebene möglich. Erfahrene Koordinatoren, Manager, Referenten, Beauftragte und sogenannte Focal Points bilden mit ihren Teams das Herzstück der Aktivitäten an Kultur- und Naturerbestätten. Sie zeigen, dass Welterbe mehr ist als bauliche Substanz, gewachsene Landschaften oder Naturräume – Welterbe ist gelebtes Erbe und tägliche Arbeit.
Aus diesem Grund hat sich die Deutsche UNESCO-Kommission auf die Suche nach O-Tönen aus der vielseitigen Gemeinschaft der mit Welterbe betrauten Expertinnen und Experten in Deutschland begeben und ihnen vier Fragen zu ihrer Arbeit, ihren Erfahrungen und Wünschen gestellt.
Bernd Paulowitz ist Welterbe-Koordinator beim Denkmalschutzamt in der Kulturbehörde Hamburg und somit einer der Verantwortlichen für die Welterbestätte Hamburger Speicherstadt mit Kontorhausviertel und Chilehaus, welche 2015 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen wurde.
Sehr geehrter Herr Paulowitz, seit wann betreuen Sie die Welterbestätte Hamburger Speicherstadt mit Kontorhausviertel und Chilehaus und welchen Hintergrund bringen Sie mit?
Hamburg hat den Titel für die Welterbestätte im Juli 2015 erhalten. Ein Jahr später – im Juli 2016 – habe ich die Welterbekoordination für die Speicherstadt und das Kontorhausviertel mit Chilehaus übernommen. Der Hinweis auf meine Zuständigkeit für diese konkrete Stätte ist wichtig, weil Hamburg auch einen Teil der Welterbestätte Wattenmeer betreut. Die Koordination für diese Naturstätte ist in der Behörde für Umwelt und Energie angesiedelt, mit der wir eng zusammenarbeiten.
Ich bin ausgebildeter Historiker und Politikwissenschaftler. Meine berufliche Laufbahn begann 1999 im UNESCO-Welterbezentrum in Paris. Danach arbeitete ich als Berater für Kultur- und Naturerbe, unter anderem für die Deutsche Umwelthilfe und den Internationalen Rat für Denkmalpflege (ICOMOS). Zuletzt war ich Geschäftsführer von insitu World Heritage consulting in Paris, einem auf Welterbe spezialisierten Dienstleister.
Bei welcher Einrichtung ist das Management Ihrer Welterbestätte angesiedelt, und was sind Ihre Hauptaufgaben?
Die Welterbekoordination in Hamburg ist im Denkmalschutzamt angesiedelt, das der Kulturbehörde unterstellt ist. Diese Verankerung begründet sich im Hamburger Denkmalschutzgesetz mit einem Passus zur Rücksichtnahme bei Maßnahmen und Planungen, die die Welterbekonvention betreffen. Durch mein Profil und mein Aufgabengebiet haben sich die bisherigen Kompetenzen der Kulturbehörde und des Denkmalschutzamts erweitert.
Meine Hauptaufgabe ist die Vernetzung der verschiedenen Interessenvertreter, Bürger und Behörden, und die Etablierung verlässlicher Strukturen und Routinen, um das Erbe nachhaltig für die zukünftigen Generationen zu schützen und lebendig zu erhalten. Kurzfristig geht es hier um Prozesse, mittelfristig um die Vermittlung des Erbes, und langfristig ist und bleibt der Erhalt der Stätte vorderste Prämisse. Die Stadt muss leben. Wir wollen keinen musealen Charakter für die Speicherstadt und die Kontorhäuser. Wir wollen, dass unser kulturelles Erbe von vielen erkannt, angenommen und angeeignet wird.
Worin sehen Sie die größte Herausforderung bei Ihrer Arbeit?
Allgemein gesprochen ist in Hamburg die größte Herausforderung eine typisch urbane: Der infrastrukturelle Druck auf das Welterbe zwischen Innenstadt und der gerade entstehenden Hafencity. Wenn wir eine Einzelproblematik herausgreifen wollen, dann sind es die jetzt notwendig werdenden Sanierungsmaßnahmen an den Kaimauern. Die Speichergebäude sind von einer Seite aus direkt vom Wasser erschlossen. Sich abzeichnende Schäden an den Kaimauern sind ernst zu nehmen und rasch zu beseitigen.
Wie arbeiten Sie mit anderen Welterbestätten zusammen, und was würden Sie gerne einmal mit anderen Welterbestätten – oder auch Biosphärenreservaten oder Geoparks – gemeinsam machen?
Wir arbeiten schon sehr intensiv mit dem „ersten“ Hamburger Welterbe, dem Wattenmeer, zusammen. Meine Hoffnung für die Zukunft ist, gemeinsam mit den anderen Verantwortlichen für Welterbestätten in Deutschland, Methoden und Synergien zu entwickeln, zum Beispiel zu Informationszentren, die die Arbeit effizienter werden lassen. Mittelfristig muss es auch ein Ziel sein, in der internationalen Zusammenarbeit tätig zu werden und diejenigen Welterbestätten durch „knowledge transfer“ zu unterstützen, die rechtliche oder fachliche Probleme haben, ihr Erbe zu erhalten.