Welterbe in Deutschland

Donaulimes – Welterbe aus römischer Zeit

Im Juli 2021 hat das Welterbekomitee den an der Donau gelegenen Abschnitt des Limes zum UNESCO-Welterbe ernannt. Im Porträt stellen Experten die geschichtsträchtigen Teilstätten des länderübergreifenden römischen Grenzsystems vor.

Das Römische Reich war beeindruckend groß, mächtig und von langer Dauer: Vom ersten Jahrhundert vor Christus bis ins sechste Jahrhundert nach Christus regierten die Römer ihr anfangs immer größer werdendes Imperium. Ein aufwändiges Grenzsystem aus Truppenlagern und Überwachungsposten sicherte das Reich. Der sogenannte Limes, Lateinisch für „Grenze“, erstreckte sich von West- nach Osteuropa, über Vorderasien und Nordafrika. Über weite Strecken markierten Mauern und Wachttürme die Grenze, an anderen Stellen natürliche Barrieren wie Gebirge oder Flüsse – so auch die Donau in großen Teilen Europas. Entlang des Gewässers finden sich von Bayern bis in die Slowakei heute noch unzählige Denkmäler aus römischer Zeit.

Sichtbare und verborgene Denkmäler

Der eingetragene Abschnitt des Donaulimes verläuft mit einer Länge von 600 Kilometern von Niederbayern über Österreich bis in die Slowakei. Über mehrere Jahrhunderte waren hier Soldaten mit ihren Familien stationiert, arbeiteten und lebten am „Nassen Limes“. Zu den 77 Teilgebieten der länderübergreifenden Welterbestätte gehören neben Bau- auch Bodendenkmäler, beispielsweise Überreste von Legionslagern, Kastellen und umgebenden zivilen Siedlungen. Sie zeugen von der antiken Kultur mit ihrer Wehrtechnik, Architektur, Kunst, Religion, Verwaltung und Politik an den nördlichen Grenzen des Römischen Reiches.

„Entlang der Donau gibt es große, beeindruckende Denkmäler, die heute noch haushoch stehen – etwa Türme und Toranlagen wie die Porta Praetoria in Regensburg oder Bäder und Amphitheater“, erklärt Prof. Dr. C. Sebastian Sommer, Leiter der Abteilung Bodendenkmäler im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. „Es gibt aber auch Orte, an denen man nichts mehr sieht, weil dort später Gebäude errichtet oder die Mauerreste zur Wiedernutzung des Geländes eingeebnet wurden, so zum Beispiel die Kastellreste unter der Niedernburg in Passau.“

Auch Großprüfening bei Regensburg ist solch ein Ort. Wo heute Getreide und Wildblumen am Flussufer wachsen, lebten bis ins dritte Jahrhundert unserer Zeit römische Soldaten, die die Reichsgrenze bewachten. Luftbildaufnahmen und moderne Methoden der Geophysik belegen, dass es um das Militärlager, das sogenannte Kastell, herum eine zivile Siedlung mit Häusern und öffentlichen Einrichtungen sowie einen Friedhof gab. Um die Überreste zu erhalten und zu schützen, sollen sie unter der viele Hektar großen Ackerfläche verborgen bleiben. Lediglich ein Wirtschaftsgebäude wurde freigelegt und zeigt Besucherinnen und Besuchern anschaulich die Spuren, die die Römer hier hinterließen.

Prof. Dr. Sebastian Sommer, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, im Interview

Grenzen des römischen Reiches - Donaulimes (westliches Segment) Unesco-Welterbe seit 2021
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„Mit den Augen der Römer sehen“

„Unser Welterbe ist auf den ersten Blick recht trocken und schwierig zu vermitteln, denn man sieht meist nur Ruinen, Mauern, Steine. Aber diese Steine sprechen zu uns, sie erzählen uns Geschichten und vermitteln Geschichte“, sagt Dr. Silvia Codreanu-Windauer, Referatsleiterin für Niederbayern und die Oberpfalz im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. „Deswegen ist die Vermittlung dieses Erbes so wichtig: Wir möchten, dass die Menschen die Denkmäler und Landschaften mit den Augen eines Römers sehen können und dass sie Geschichte erleben und verstehen.“

Die Kommunen und der Freistaat Bayern haben gezielt Einrichtungen und Angebote geschaffen, zum Beispiel das „document niedermünster“ in Regensburg. Bei Renovierungsarbeiten in der Niedermünsterkirche stießen Archäologen in den 1960er Jahren auf Mauerreste, die aus unterschiedlichen Phasen der Antike und des Mittelalters stammen. In einer Lichtinstallation im Kellergewölbe der Kirche erfahren Besucherinnen und Besucher, welche Teile bereits um 180 nach Christus zu Baracken gemauert wurden und wie später eine Kirche auf diesen Grundmauern errichtet wurde. Auch die Porta Praetoria, das ehemalige Haupttor des Legionslagers in Regensburg, lädt zur Auseinandersetzung mit der römischen Geschichte der Stadt und Bayerns ein – mit einer interaktiven Tafel und einem Film über das Legionslager. Die Porta Praetoria ist neben der Porta Nigra in Trier die einzige erhaltene römische Toranlage in Deutschland.

Moderne Methoden und Medien zur Vermittlung

„Wir nutzen viele Möglichkeiten der Wissensvermittlung, zum Beispiel klassische Infotafeln, Rekonstruktionen und Animationen oder auch die App Römerspuren“, erklärt Codreanu-Windauer, die sich seit mehr als 30 Jahren mit Bodendenkmälern in Bayern befasst. Die App bietet Informationen zu Denkmälern und Museen in Ostbayern und Oberösterreich. Nicht nur mit Österreich als direktem Nachbarn setzt Bayern gemeinsame Projekte um. Auch die enge Zusammenarbeit mit der Slowakei trägt zum Schutz, zum Erhalt und zur Vermittlung des Erbes bei.

„Es freut uns, dass wir mit verschiedenen Staaten gemeinsam am Welterbe Donaulimes arbeiten können“, sagt Sommer, der sich als Vorsitzender der Deutschen Limeskommission schon lange mit den römischen Grenzanlagen auseinandersetzt. „Das UNESCO-Welterbe verbindet, genauso wie früher das Römische Reich, unterschiedliche Regionen und Kulturkreise miteinander.“

Entlang des Limes trafen verschiedene Kulturen zusammen, gemeinsam verteidigten sie hier das Reich. So kamen um 100 nach Christus zum Beispiel die ersten Syrer nach Niederbayern, bis ins vierte Jahrhundert lebten sie am Donaulimes. „Die Römer haben den jeweiligen Völkern ihre Eigenheiten gelassen, gleichzeitig aber eine einheitliche Währung und Sprache sowie ein Maßsystem für alle geschaffen. Das Zusammenspiel aus Einheitlichkeit und Austausch ist für mich das Spannende am Römischen Reich und seinen Grenzen“, erzählt Sommer.

Donaulimes ist dritte Limes-Welterbestätte

Der Donaulimes ist nach dem Niedergermanischen Limes der dritte Abschnitt der römischen Außengrenze auf der UNESCO-Welterbeliste. Der erste Abschnitt der „Grenzen des Römischen Reiches“ umfasst den Hadrianswall und den Antoniuswall in Großbritannien gemeinsam mit dem sogenannten Obergermanisch-Raetischen Limes in Deutschland. Dieser ehemalige Grenzabschnitt erstreckt sich entlang des Rheins und der Donau auf etwa 550 Kilometern von Rheinbrohl in Rheinland-Pfalz bis zum Kastell Eining bei Neustadt an der Donau – dort beginnt die nun neu gekürte Welterbestätte Donaulimes.

Dr. Silvia Codreanu-Windauer, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, im Interview

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