Die Deutsche UNESCO-Kommission

1. würdigt das „UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“ (Welterbekonvention) von 1972 als ein wirksames Instrument der internationalen Zusammenarbeit zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Menschheit und zur Förderung des interkulturellen Dialogs,

2. unterstreicht die zukunftsweisende Bedeutung des in der Welterbekonvention verankerten Prinzips, dass herausragende Kulturleistungen und Naturstätten von universellem Wert sind, woraus die gemeinsame Verantwortung der Völkergemeinschaft für ihren Schutz folgt,

3. begrüßt die Verpflichtung der Vertragsstaaten der Welterbekonvention, für den fortdauernden Schutz der von ihnen in die Welterbeliste eingetragenen und zur Aufnahme in die Welterbeliste vorgeschlagenen Stätten Sorge zu tragen, die internationale Fachwelt bei der Suche nach besten Lösungen für auftretende Probleme zu beteiligen und der Staatengemeinschaft über die Umsetzung der Welterbekonvention Rechenschaft abzulegen,

4. hebt die besondere Verantwortung hervor, die die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat der Welterbekonvention für die eigenen Welterbestätten und – in Zusammenarbeit mit allen Vertragsstaaten – für die Gesamtheit des Welterbes übernimmt,

5. weist dabei auf die gemeinsame Verantwortung von Bund, Ländern und Gemeinden hin,

6. macht auf die hohe weltweite Sichtbarkeit der internationalen Kooperation im Rahmen der Welterbekonvention aufmerksam.

7. Die Deutsche UNESCO-Kommission fordert insbesondere alle in Deutschland politisch und fachlich zuständigen Institutionen auf:

Deutschlands Verantwortung als Vertragsstaat der Welterbekonvention zu stärken und dazu insbesondere

a) die Reformstrategien des UNESCO-Welterbekomitees zur Verbesserung der geografischen und thematischen Ausgewogenheit und zu einem langsameren Wachstum der Welterbeliste bei allen weiteren Beschlüssen für deutsche Anträge zur Aufnahme in die Liste zu berücksichtigen,

b) bei Planungsvorhaben, die die Qualität einer Stätte beeinträchtigen könnten, frühzeitig die Abstimmung mit dem UNESCO-Welterbezentrum zu suchen und bei Planungen jeder Art höchste Ansprüche an den Schutz der Stätten anzulegen,

c) bei der Novellierung von Gesetzen und bei Maßnahmen zur Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung darauf zu achten, dass die mit der Ratifizierung der Welterbekonvention zugesagten gesetzlichen, administrativen und fachlichen Standards nicht unterschritten werden,

d) im Rahmen der Städtebauförderung und anderer, auch neuer Förderprogramme, sowie durch Anreize in der Steuergesetzgebung zur Mobilisierung von privatem Kapital dem hohen Förderbedarf zur Bewahrung des Weltkultur- und Naturerbes besonders Rechnung zu tragen,

e) kurzfristig akuten Gefährdungen aus möglichem unzureichendem Brand- und Katastrophenschutz der Welterbestätten zu begegnen,

das Management und die Koordination des Welterbeprogramms in Deutschland weiter zu entwickeln und dazu insbesondere

f) für jede deutsche Welterbestätte einen Managementplan zu erarbeiten, in dem insbesondere mögliche Risiken für die Stätten und Strategien zu ihrer Vermeidung dargelegt werden, sowie sicherzustellen, dass die relevanten Informationen zu den besonderen Anforderungen an den Schutz von Welterbestätten allen zuständigen Instanzen und Akteuren vorliegen,

g) an jeder Welterbestätte einen Koordinator bzw. eine Koordinatorin zu benennen, die für alle aus der Welterbekonvention resultierenden Belange der Stätte im Sinne einer verbesserten Abstimmung aller jeweils beteiligten Akteure Sorge trägt,

h) die Deutsche UNESCO-Kommission bei ihrer Aufgabe der Koordinierung von Information und Zusammenarbeit der für die Welterbekonvention zuständigen Stellen und der deutschen Welterbestätten zu unterstützen,

die Welterbestätten zu Orten der interkulturellen Begegnung und zu Vermittlern der Ideale der UNESCO zu machen und dazu insbesondere

i) die deutschen UNESCO-Welterbestätten als Teil eines weltweiten Netzwerks zur internationalen Kooperation und des interkulturellen Dialogs zu begreifen und in diesem Sinne zu entwickeln,

j) die Bildung von internationalen Partner- und Patenschaften deutscher Welterbestätten mit anderen bewahrenswerten, möglicherweise gefährdeten Orten weltweit zu fördern und deren Erhalt und Schutz gezielt zu unterstützen und im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung verstärkt gezielte Unterstützung gefährdeter Welterbestätten zu leisten,

k) die deutschen UNESCO-Welterbestätten in die Lage zu versetzen, die Rolle, die sie international für die Außenwahrnehmung Deutschlands inzwischen erlangt haben, professionell, innovativ und in einer für ein anspruchsvolles internationales Publikum geeigneten Weise zu erfüllen,

die nachhaltige Nutzung des kulturtouristischen Potenzials der Welterbestätten weiter zu verbessern und dazu insbesondere

l) die Arbeit des „UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V.“ als bundesweites Netzwerk der touristischen Kooperation der Welterbestätten zu fördern,

m) eine einheitliche Beschilderung an Autobahnen, Bundesstraßen und anderen Zufahrtswegen zu veranlassen sowie die Herausgabe informativer Reiseführer und Landkarten anzuregen,

die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie das bürgerschaftliche Engagement für die Welterbestätten zu intensivieren und dazu insbesondere

n) den Bildungsauftrag der deutschen Welterbestätten durch engere Kooperation mit Schulen, insbesondere den UNESCO-Projektschulen, weiter zu entwickeln und die Kenntnis des deutschen und weltweiten Welterbes im Unterricht zu verankern,

o) in Zusammenarbeit mit geeigneten Institutionen ein breit angelegtes Fortbildungs- und Informationsprogramm für Entscheidungsträger, Fachleute, Journalisten, Lehrer, Gästeführer und andere Multiplikatoren zu initiieren und Forschungsprojekte von Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen im Welterbebereich in Deutschland zu initiieren und zu fördern,

p) das bürgerschaftliche Engagement für Welterbestätten und die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger für ihr Welterbe durch die Bildung von lokalen Freundeskreisen und die Errichtung von Bürgerstiftungen zu stärken,

q) sich an der Ausrichtung des Welterbetages am ersten Sonntag im Juni jeden Jahres aktiv zu beteiligen und somit dazu beizutragen, dass dieser Tag weiter an Bedeutung gewinnt

Hintergrund

Dem 1972 von der UNESCO verabschiedeten „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“ sind bisher 182 Staaten, darunter auch Deutschland, beigetreten. Über 800 Stätten aus mehr als 130 Ländern sind auf der Welterbeliste verzeichnet und genießen den Schutz der internationalen Staatengemeinschaft sowie die besondere Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. Das Welterbe-Übereinkommen hat dazu beigetragen, durch die zukunftsweisende Idee einer gemeinsamen Verantwortung der Weltgemeinschaft für die herausragenden Kultur- und Naturstätten dieser Erde eine grenzüberschreitende Anerkennung universeller kultureller Werte zu schaffen. 

In der gegenwärtigen Diskussion über die Bedeutung des Kultur- und Naturerbes der Erde wird neben dem Erhalt und Schutz in immer stärkerem Maße hervorgehoben, dass die Welterbestätten eine wichtige Rolle zu übernehmen haben

  • als unverzichtbare Ressource zum Verständnis und zum anschaulichen Erleben der gemeinsamen Geschichte der Menschheit und als sinnlich erfahrbare Zeugnisse der Vielfalt und Würde vergangener und heutiger Kulturen
  • als Spiegel menschlicher Kreativität und Anregung für eine humane und friedliche Gestaltung des Lebens in heutigen und künftigen Gesellschaften
  • als Orte der Begegnung mit fremden Kulturen, an denen das Interesse an der eigenen Geschichte und der Geschichte anderer Völker geweckt und durch die das Verständnis für die tiefere Einheit des menschlichen Lebens gefördert wird
  • als Stätten, die uns einen respektvollen, nachhaltigen Umgang mit Natur und den Sinn für die ästhetischen Qualitäten natürlicher Formationen sowie ein Verständnis für die Geschichte des Planeten Erde nahe bringen
  • als Orte, an denen über den Begriff des Welterbes eine nationale Verortung der kulturellen Identität zugunsten eines universellen, allgemein menschlichen und interkulturellen Verständnisses von Kultur- und Naturerbe erweitert wird
  • als Stätten der Bildung, an denen Kinder und Jugendliche den interkulturellen Zugang zur eigenen Geschichte, zur Geschichte anderer Völker und zur Geschichte der Erde erleben, kreativ gestalten und erlernen können.