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Jugendforum der UNESCO-Generalkonferenz 2023

Die UNESCO nimmt unter den Organisationen der Vereinten Nationen eine Vorreiterrolle bei der Jugendbeteiligung ein. Heute unterstützt sie Formen der konkreten Mitwirkung junger Menschen in fast allen ihren Gremien und Programmen und seit Jahren hat sie sich eine Strategie gegeben, der zufolge junge Menschen von der Arbeit der UNESCO nicht nur profitieren, sondern sie auch bestmöglich mitgestalten sollen. Die „Jugend“ ist sogar seit 2021 eine der vier übergreifenden Prioritäten der UNESCO. Das wichtigste Format der Jugendbeteiligung stellt seit 1999 alle zwei Jahre das „Youth Forum“ während der UNESCO-Generalkonferenz dar. Ein Ergebnis des Youth Forum 2019 war zum Beispiel die Einrichtung der „UNESCO Global Youth Community“.

Die Ausschreibung für das diesjährige Youth Forum hatte die Deutsche UNESCO-Kommission aufgrund einer sehr kurzen Nominierungsfrist im Verteiler von mehreren tausend Ehemaligen ihres kulturweit-Programms gestreut. Deutschland vertrat die 24jährige Studentin Lisann Mai, die als kulturweit-Freiwillige am Goethe Institut Bukarest gearbeitet hatte und auch schon im BMZ-Jugendbeirat mitgewirkt hat. Zurzeit berät sie das BMFSFJ zur strukturelleren Implementierung von Jugendbeteiligungsmöglichkeiten. Die deutsche Klima-Aktivistin Luisa Neubauer war ein Sondergast des Youth Forum.

Frau Mai, wie muss man sich den Ablauf des „Youth Forum“ vorstellen?

Jedes Youth Forum hat eigene Themen. Dieses Jahr standen die sozialen Folgen der Klimakrise und die Möglichkeiten einer gerechten Transformation im Vordergrund. Die Vorbereitung dazu begann auch diesmal bereits weit vor der Konferenz. Dazu haben wir uns in Video-Calls und Kleingruppen mit jungen Menschen aus aller Welt getroffen, die Themen der Konferenz vorbereitet und Empfehlungen erarbeitet. Das tatsächliche Youth Forum begann dieses Jahr mit einem Kennenlernen am 13. November in Paris. Es war aufregend, nach vielen Monaten des digitalen Austauschs diese inspirierenden Menschen kennenzulernen. An den folgenden zwei Tagen trafen wir uns als Länderdelegierte „formal“ – zusätzlich nahmen weitere junge Klimaaktivist*innen und Jugendminister*innen der UNESCO-Mitgliedsstaaten teil. Ein weiterer wichtiger Eckpunkt war die Jugendkonsultation zur programmatischen Ausrichtung der UNESCO in den Jahren 2026 bis 2029.  Ich fand die unterschiedlichen Perspektiven junger engagierter Positionen aus allen Teilen der Welt faszinierend. Deswegen stand für mich besonders die Vernetzung mit anderen engagierten jungen Menschen im Vordergrund der Konferenz. Nur gemeinsam, wenn wir uns vernetzen, können wir es schaffen, junge Perspektiven effektiv in Institutionen wie die UNESCO einzubringen.

Als Ergebnis des Youth Forum haben dessen Delegierte den UNESCO-Mitgliedstaaten Empfehlungen vorgelegt. Wie würden Sie deren Entstehung und Inhalt zusammenfassen?

Schon seit Monaten haben wir vor der Konferenz online an diesen Empfehlungen gearbeitet, die in einem „Call for action“ mündeten. Dieser Aufruf zum Handeln richtet sich nicht nur an die UNESCO selbst, sondern geht darüber hinaus. Vor allem betonen wir die Notwendigkeit, dass alle Staaten so schnell wie möglich aus fossiler Energie aussteigen müssen. Diesen Konsens mit konkreten Forderungen und präzisen Empfehlungen zwischen verschiedenen jungen Menschen zu finden und dabei alle mitzunehmen, war nicht immer einfach.

Inhaltlich sind uns zudem inklusive und effektive Jugendbeteiligung in allen Bereichen wichtig und die Unterstützung von Gesundheitssystemen, besonders auch zur mentalen Gesundheit. Das ist besonders dringend, um Widerstandsfähigkeit für die multiplen Krisen der Gegenwart aufzubauen. Dabei sollen – allgemein gesagt – die Menschenrechte geschützt und kreative Ansätze verstärkt gefördert werden. Außerdem haben wir uns für den Ausbau von Bildungsmöglichkeiten hin zu „green“ und „blue economies“ und sicheren, inklusiven und zugänglichen digitalen und technologischen Mitteln ausgesprochen. Mir selbst ist besonders die globale Verantwortung Europas in der Klimakrise wichtig. Wir müssen uns unserer Privilegien bewusst sein, sie sensibel einsetzen und von der Klimakrise betroffene Regionen und Menschen solidarisch unterstützen.

In der Vorbereitung hatten sich die Teilnehmenden des Youth Forum aus Europa bereits untereinander auf eine gemeinsame Position und eigene Empfehlungen geeinigt. Wie beurteilen Sie diesen Prozess und sein Ergebnis?

Die Youth Forum Teilnehmenden haben im Vorfeld in allen fünf UNESCO-Weltregionen eigene Empfehlungen erarbeitet. Diese spezifizieren die am Ende gemeinsam erarbeiteten und beschlossenen globalen Empfehlungen auf die jeweiligen Kontexte. Ich finde diesen Prozess sehr wichtig, da Forderungen so präziser auf geteilte Erfahrungen, aber verschiedene Verantwortungen eingehen können. Dieser Prozess ist natürlich ganz schön zeitaufwendig. Da wir alle ehrenamtlich an dem Youth Forum teilgenommen haben, konnten nicht alle Jugendlichen neben Ausbildung und Lohnarbeit intensiv an der Erarbeitung mitwirken. Da es leider immer noch nicht die Regel ist, dass junges Engagement mit einer Ehrenamtspauschale entlohnt wird, ist es weiterhin ausschließlich privilegierten Jugendlichen möglich, sich aktiv beteiligen zu können. Das sollte geändert und Beteiligungsprozesse inklusiver gestaltet werden.

Dennoch bin ich mit den Ergebnissen zufrieden. Die Stärke liegt nicht unbedingt immer in den Überschriften, sondern in den Nebensätzen, die konkrete Handlungen empfehlen. Zum Beispiel fordern wir einen “Displaced Youth Advisory Council”. Damit sollen geflüchtete junge Menschen auch in Zeiten von verschärften Migrationspolitiken an politischen Entscheidungsprozessen beteiligt werden. Einer meiner Lieblingssätze ist die Empfehlung, neben wissenschaftlichen Erkenntnissen verstärkt Kreativität bei der Vermittlung der Klimakrise zu nutzen, also sich zum Beispiel lyrisch, theatralisch oder künstlerisch mit Klimakrisenbewältigung auseinander zu setzen.

Die Teilnehmer des Jugendforums

Das Youth Forum wurde teilweise finanziert von der K-Pop-Gruppe Seventeen, die während des Youth Forums ein großes Konzert in der UNESCO gab. Wie bewerten Sie mit etwas Abstand das „Drumherum“ des Youth Forum, wozu auch die Diskussionsrunden mit jungen Menschen wie Luisa Neubauer zählten?

Junge Menschen brauchen Orte, die über den formellen Rahmen klassischer internationaler Konferenzen hinausgehen. Mir ist es wichtig, dass es Momente gibt, die jugendgerecht sind, die empowern und Menschen zusammenbringen. Deswegen habe ich das abwechslungsreiche Rahmenprogramm sehr geschätzt. Von den vielen inspirierenden und kreativen Klimaaktivist*innen unter den Teilnehmenden war ich ganz begeistert. Ich würde mir wünschen, dass diese bei künftigen Veranstaltungen noch mehr ins Rahmenprogramm mit einbezogen werden. Allerdings wünsche ich mir mehr Transparenz, warum, wofür und wie viel die UNESCO Finanzierung von anderen Akteuren annimmt.

In der aktuellen schwierigen weltpolitischen Lage gilt es als Erfolg, dass das Youth Forum überhaupt stattfand; einige autoritäre Staaten hätten es am liebsten verhindert. Wie beurteilen Sie das diesjährige Youth Forum in Summe?

Es ist ein großer Erfolg, dass junge Menschen aus über 140 Ländern am Youth Forum in Paris teilnehmen konnten. Die Stärke des Youth Forums liegt für mich im gegenseitigen Empowerment. Die einmalige Stimmung hat mir neue Motivation gegeben. Als junge Menschen aus aller Welt haben wir verschiedenste Hintergründe und Perspektiven zu klimapolitischen Fragen. Aber uns verbindet unser jung-sein und die alltäglichen Erfahrungen, dass uns Fähigkeiten aufgrund unseres Alters abgesprochen werden. Das nennt sich Adultismus und ist leider weit verbreitet. Wir als junge Menschen brauchen gerade auf internationaler Ebene sichere Räume, um uns gegenseitig zu ermutigen, politisch aktiv zu bleiben, frei von unserer Herkunft sprechen zu können und beteiligt zu werden. In Zeiten, die von Krieg und Klimakrise geprägt sind, ist für mich der Austausch in verschiedenen multilateralen Plattformen enorm wichtig. Und ich möchte andere junge Menschen ermuntern, sich bei Jugendbeteiligungsformaten zu engagieren. Erhebt eure Stimme, es ist unser Recht!