Moderner Tanz und Flößerei als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit nominiert
Die Bundesrepublik hat der UNESCO vorgeschlagen, den Modernen Tanz in Deutschland als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit anzuerkennen. Gemeinsam mit Lettland, Österreich, Polen, Spanien und Tschechien nominiert Deutschland zudem die Flößerei für die internationale Liste des Immateriellen Kulturerbes. Der zuständige Ausschuss der UN-Organisation entscheidet voraussichtlich Ende 2022 über die Anträge.
„In den beiden Nominierungen zeigt sich die ganze Vielfalt des Immateriellen Kulturerbes“, betont die Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission Maria Böhmer. „Der Moderne Tanz steht für den kreativen Aufbruch der Goldenen Zwanziger. Bis heute ist er eng mit dem Kampf um Emanzipation und für eine offene, demokratische Gesellschaft verbunden“, so Böhmer. „In der Flößerei spiegelt sich unsere Wirtschaftsgeschichte. Ohne die Versorgung mit Floßholz wäre die Entwicklung vieler europäischer Städte nicht denkbar gewesen“, schildert Böhmer. „Handwerk und darstellende Kunst prägen unsere Gesellschaft. Ich freue mich, dass die UNESCO nun über die beiden Vorschläge entscheiden wird.“
Zwischen Rhythmus und Ausdruck
Der Moderne Tanz umfasst die zu Beginn des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum entstandenen und bis heute lebendigen modernen Stile und Ausbildungstraditionen der Rhythmus- und Ausdruckstanzbewegung. In der Zeit der Weimarer Republik entwickelten sich unter dem Einfluss von Persönlichkeiten wie Rosalia Chladek, Kurt Jooss, Rudolf von Laban, Maja Lex oder Mary Wigman verschiedene ästhetische Stile und Vermittlungsansätze, die bis heute praktiziert werden.
„Die gute Zusammenarbeit mit den vielen am Antrag beteiligten Vertreterinnen und Akteuren des Modernen Tanzes in Deutschland hat in einer von Distanz geprägten Zeit das Gemeinschaftsgefühl unserer vielfältigen Tanz-Community nochmals gestärkt“, erklärt Michael Freundt, Geschäftsführer des Dachverbands Tanz Deutschland. „Schon jetzt, vor der erhofften positiven Rückmeldung, hat die Nominierung uns Tanzschaffende in unserem Tun bestärkt und erneut verdeutlicht, dass der Tanz eine außerordentliche Kraft hat, Menschen zusammenzubringen“, so Freundt weiter. „Die Anerkennung des Modernen Tanzes als Immaterielles Kulturerbe würde die Bedeutung dieser Kunstform und die Strahlkraft ihres Wirkens unterstreichen und langfristig unterstützen.“
Angeregt durch die Lebensreformbewegung waren Tänzerinnen und Tänzer auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen, nicht zuletzt in Abgrenzung zum klassischen Ballett. Mit ihren innovativen künstlerisch-choreografischen Ansätzen und Vermittlungsmethoden bilden sie bis heute die Grundlage der Tanzerziehung und Tanzausbildung in Deutschland.
Altes Handwerk neuentdeckt
Die Flößerei ist der Transport von Holz auf dem Wasserweg. Seine Blütezeit erlebte das Handwerk in Europa zwischen dem Mittelalter und der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nur durch die Flößerei gelang es, den damaligen Holzhunger zu stillen. Geflößt werden kann auf nahezu allen Gewässern, auf kleinen Bächen ebenso wie auf großen Flüssen. Teamwork spielt dabei eine besondere Rolle. Nur gemeinsam gelingt es den Flößerinnen und Flößern aus Holzstämmen Gefährte zu binden, die enorme Ausmaße annehmen können. So entstanden auch Flöße, die bis zu 600 Meter lang und 50 Meter breit waren.
„Wir freuen uns außerordentlich, dass die internationale Arbeitsgruppe in einer sehr komplizierten Zeit die gemeinsame Tätigkeit erfolgreich beenden konnte. Gerade der intensive Erfahrungsaustausch mit Flößervereinen aus verschiedenen Ländern und der Dialog in unserem Land zum Inhalt der Nominierung hat uns alle enorm bereichert“, macht Martin Spreng, erster Vorsitzender der Deutschen Flößerei-Vereinigung, deutlich.
Heute findet das alte Handwerk wieder zunehmend Verbreitung. Flößereivereine halten das traditionelle Wissen wach. Auf Flößerfeste und Floßfahrten, in Schulen und Kindergärten informieren sie über das kulturelle Erbe und die Bedeutung des Rohstoffs Holz in Vergangenheit und Zukunft.
Hintergrund
Zum Immateriellen Kulturerbe zählen lebendige Traditionen aus den Bereichen Tanz, Theater, Musik, mündliche Überlieferungen, Naturwissen und Handwerkstechniken. Seit 2003 unterstützt die UNESCO den Schutz, die Dokumentation und den Erhalt dieser Kulturformen. Bis heute sind 180 Staaten dem UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes beigetreten. Deutschland gehört dem Vertrag seit 2013 an.
Einzelne Elemente aus den nationalen Verzeichnissen der Vertragsstaaten können für eine von drei internationalen UNESCO-Listen des Immateriellen Kulturerbes vorgeschlagen werden. Dazu gehören etwa die Saunakultur in Finnland und der Reggae aus Jamaika. Im vergangenen Jahr wurde das Bauhüttenwesen auf Vorschlag von Frankreich, Norwegen, Österreich, der Schweiz und Deutschland in das internationale UNESCO-Register guter Praxisbeispiele zum Erhalt Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Ein Ausschuss der UN-Kulturorganisation entscheidet jährlich über die Aufnahme neuer Kulturformen in die UNESCO-Listen des Immateriellen Kulturerbes. Das Gremium setzt sich aus 24 gewählten Vertragsstaaten der Konvention zusammen.
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Deutsche UNESCO-Kommission
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