UNESCO-Biosphärenreservat Spreewald

Wo sich der Wald im Wasser spiegelt

Eine für Mitteleuropa einzigartige Landschaft findet sich 100 Kilometer südöstlich von Berlin: der Spreewald. In Folge der letzten Eiszeit vor rund 12.000 Jahren teilte sich hier die Spree in ein weitläufiges feingliedriges Fließgewässernetz auf, es entstand ein großes Binnendelta mit ausgedehnten Feuchtwiesen.

Dieses Gebiet bietet nicht nur Störchen, Ottern oder Libellen Raum, seit vielen Jahrhunderten werden das gesamte Gebiet und seine Wasserwege auch vom Menschen genutzt, es entstanden mosaikartig verteilte, kleine Hofstellen. Traditionen, Lebens- und Arbeitsweisen, die eng mit der naturnahen Auenlandschaft verbunden sind, wurden teilweise bis heute bewahrt.

Nicht nur das einmalige Landschaftsbild macht den Spreewald aus. Wiesen, Felder, Wälder und über 1.500 Kilometer Wasserläufe sind Lebensraum einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt, darunter manche Art, die andernorts längst nicht mehr zu finden ist. Die Kernzone des UNESCO-Biosphärenreservates schützt die Teilbereiche des Spreewaldes, in denen weitgehend noch Natur pur zu finden ist. Sie umfasst mit knapp 3 Prozent der Gesamtfläche in erster Linie naturnahe Waldbestände.

Illustration zu Biosphärenreservaten

Fakten

  • Jahr der Anerkennung: 1991
  • Bundesland: Brandenburg
  • Größe: 475 km2 (davon 14 km2 Kernzone und 89 km2 Pflegezone)
  • Repräsentierter Landschaftsraum: Norddeutsche Altmoränenlandschaft
  • Webseite: www.spreewald-biosphaerenreservat.de

In der Pufferzone des Biosphärenreservates Spreewald sollen die die für die Region typischen landwirtschaftlichen Nutzungsstrukturen erhalten werden, denn diese bilden die Grundlage für die Artenvielfalt und den heute als Einkommensquelle immer wichtiger werdenden Tourismus. Die  kleinteiligen Feuchtwiesen  sind unter den heutigen agrarpolitischen Bedingungen unrentabel, daher arbeitet das Biosphärenreservat mit vielen Partnern vor Ort daran, tragfähige Finanzierungsstrukturen zum  Erhalt der Kulturlandschaft aufzubauen. Neben speziellen Programmen des staatlich finanzierten Vertragsnaturschutzes entstand auch die Bürgerstiftung Kulturlandschaft Spreewald, die privates Kapital für die Landschaftspflege einzuwerben hilft.

Weitere Schwerpunktthemen des Biosphärenreservats sind Maßnahmen zur Stabilisierung des Wasserhaushaltes und zur Renaturierung von Gewässern und Moorböden. Dazu wurde von 2004 bis 2014 ein Naturschutzgroßprojekt unter Förderung des Bundes durchgeführt. Heute stehen Maßnahmen zum Schutz der Spreewaldgewässer vor den Folgen der Braunkohletagebaue, die im unmittelbaren Umfeld zwischen 1960 und 1990 betrieben wurden, im Vordergrund.

In der Puffer- und auch in der Entwicklungszone sind die Entwicklung des ökologischen Landbaus und eines naturverträglichen Tourismus wichtige Ziele. Mit einem Anteil von 70 Prozent ökologischem Landbau nimmt der Spreewald national und international einen Spitzenplatz ein. Die freiwillige Einrichtung einer „Gentechnikfreien Region Spreewald“ unterstützt dies. Der Tourismus hat in der Region eine lange Tradition und nimmt aktuell eine dynamische Entwicklung. Er trägt wesentlich zur Wertschöpfung und Arbeitsplatzsicherung bei, wobei das UNESCO-Biosphärenreservat für knapp 10 Prozent der Touristen eine wichtige Motivation für den Besuch der Region ist. Unter Mitwirkung der Verwaltung des Biosphärenreservats entwickelte naturtouristische Angebote werden weiter ausgebaut. Konfliktpotenziale wie eine verstärkte Bautätigkeit in landschaftlich sensiblen Gebieten, eine Zunahme des individuellen Kanutourismus und eine verstärkte Verkehrsbelastung konnten durch frühzeitige Mitwirkung in Planungsverfahren und die Initiierung und schrittweise Implementierung des „Masterplans naturverträglicher Wassertourismus“ minimiert werden.

Im Biosphärenreservat leben und arbeiten ca. 50.000 Menschen in 37 Dörfern und zwei Städten. Zur Stärkung der Kommunikation wurden Netzwerke mit den Landnutzern, Verbänden und den Kommunen aufgebaut. Das Kuratorium des Biosphärenreservates ist das zentrale Gremium der stakeholder-Beteiligung und -abstimmung.  Die EUROPARC-Partnerinitiative im Spreewald besteht seit 2015 und umfasst zurzeit 30 Partnerbetriebe.

Bei der Bildungsarbeit wird zunehmend auf Konzepte der Bildung für Nachhaltige Entwicklung gesetzt und diese in Beispielprojekten umgesetzt. Ein Beispiel ist das Projekt „Die Farben des Spreewaldes“, in dem sich Schüler künstlerisch dem Biosphärenreservat nähern. Pilotprojekte des Biosphärenreservates, zum Beispiel zur Erkundung des Spreewaldes mit Hilfe neuer Medien, werden von Partnern weitergeführt und intensiv von Schulklassen genutzt. Drei moderne Besucher-Informationszentren sind Anlaufpunkte für Gäste und Einheimische und offerieren zahlreiche Bildungsangebote.  

Ein System von 32 Dauerbeobachtungsflächen der „Ökosystemaren Umweltbeobachtung“ erhebt im Biosphärenreservat auf der Grundlage eines wissenschaftlichen Konzeptes  kontinuierlich Daten und die Ergebnisse werden für eine nachhaltige Ausrichtung der Landnutzung bereit gestellt.

Der Spreewald wurde Biosphärenreservat im Zuge des „Nationalparkprogramms“ der letzten DDR-Regierung und erhielt seine UNESCO-Anerkennung 1991. Im Weltnetz der Biosphärenreservate repräsentiert der Spreewald die Lebensräume Bruch- und Auenwald, Feucht- und Nasswiesen und Fließgewässer.

Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung

Im Biosphärenreservat Spreewald wird nachhaltige Entwicklung in vielen konkreten Projekten modellhaft umgesetzt. Dies beginnt bei der Herstellung und Vermarktung zertifizierter regionaler Produkte unter der Dachmarke Spreewald und geht über die Nutzung regenerativer Energien bis hin zur Erhaltung und Revitalisierung wertvoller Lebensräume, wie beispielsweise Moore oder naturnahe Gewässer. Zwei Lebensmittel mit dem Gütesiegel der Dachmarke Spreewald – Gurke und Meerrettich – tragen zudem ein Gütesiegel der Europäischen Union: die geschützte geografische Angabe. Aber auch Spreewälder Leinöl und Milch sind typische Produkte. Das Biosphärenreservat selbst unterhält besonders enge Kooperationsbeziehungen mit etwa 30 Partnerbetrieben.

Tatsächlich ist der Spreewald die Region Deutschlands mit dem höchsten Anteil an Bio-Anbau, auf 70 Prozent aller Landwirtschaftsflächen werden Bio-Erzeugnisse angebaut. Etwa drei Millionen Touristen besuchen jährlich den Spreewald, sie kommen für Kahnfahrten, Paddeln, Radfahren, und Wandern. Das Biosphärenreservat unterhält mehrere Informationszentren, das Haus für Mensch und Natur in Lübbenau, den Schlossberghof in Burg und die Alte Mühle in Schlepzig.

Bildungsprojekte für nachhaltige Entwicklung richten sich nicht nur an Kinder und Jugendliche sondern auch an erwachsene Einwohner und Gäste des Biosphärenreservates. Zum Beispiel bietet das Programm „ErlebnisVielfalt erleben – verstehen – erkunden – gestalten“ jährlich mehrere Veranstaltungen für Kinder ab dem Vorschulalter bis hin zu jungen Erwachsenen an. Darüber hinaus machen etwa 20 Bildungspartner der Region Angebote und es gibt neun Natur- und Erlebnispfaden.

Internationale Partnerschaften

Partnerschaftliche Kontakte verbinden das UNESCO-Biosphärenreservat Spreewald mit dem Nationalpark De Werribben in den Niederlanden und dem Nationalpark Narew in Polen. Die Verantwortlichen des Biosphärenreservats haben Myanmar über Jahre hinweg maßgeblich dabei unterstützt, das Biosphärenreservat Indawgyi-See einzurichten, das 2017 die UNESCO-Anerkennung erhalten hat.

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