Rede,

Urkundenübergabe zur Aufnahme des Augsburger Wassermanagement-Systems in die UNESCO-Welterbeliste

Porträt von Prof. Dr. Maria Böhmer

Prof. Dr. Maria Böhmer
Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission

Grußwort anlässlich der Urkundenübergabe zur Aufnahme des
Augsburger Wassermanagement-Systems in die
UNESCO-Welterbeliste

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Frau Staatsministerin, liebe Frau Müntefering,

sehr geehrter Herr Staatsminister Sibler,

sehr geehrte Frau Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages,

liebe Claudia Roth,

sehr geehrte Abgeordnete,

sehr geehrter Herr Dr. Soentgen),

meine sehr verehrten Damen und Herren,

  1. Augsburger Wasserglanz

Als im vergangenen Jahr das Augsburger Wassermanagement-System in die UNESCO-Welterbeliste eingeschrieben wurde, kursierte danach auf dem Stadtfest ein ganz besonderer Begriff: der „Augsburger Wasserglanz“.

In der Tat: Wer nach Augsburg kommt, spürt schnell: Wasser spielt in dieser Stadt eine ganz besondere Rolle: Prachtbrunnen der Renaissance, herausragende Zeugnisse des Wasserbaus oder auch die von Kanälen durchzogenen Gassen der Altstadt. Die enge Beziehung Augsburgs zum Wasser hat überall ihre Spuren hinterlassen.

Auch ich habe diesen Augsburger Wasserglanz gespürt, als ich Anfang der 80er Jahre hier gelebt habe. Diese Zeit hat meine Begeisterung für Augsburg geprägt. Und das hatte Folgen!

Als ich Präsidentin des UNESCO-Welterbekomitees war, berichtete mir die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages – zutreffender sollte ich sagen, dass Du, liebe Claudia Roth, mich geradezu bestürmt hast mit der Botschaft – dass Augsburg Welterbe werden will.

Im Januar 2015 war das „Augsburger Wassermanagement-System“ bereits in die Tentativliste der KMK aufgenommen worden.

Zu dieser Zeit plante ich gerade, die Mitglieder des UNESCO-Welterbekomitees nach Deutschland einzuladen, um ihnen unsere Schätze zu zeigen.

Für mich stand außer Frage, ein Besuch in Augsburg gehört dazu.

Und so haben Sie, Herr Oberbürgermeister Gribl, im Mai 2015 die UNESCO-Botschafter hier im Goldenen Saal empfangen.

Der Augsburger Wasserglanz, er strahlte weit über Augsburg hinaus. Die Gäste waren von den zahlreichen Zeugnissen des frühen Wasserbaus beeindruckt, in denen sich die über 500 Jahre alte Geschichte der Wassernutzung in Augsburg spiegelt.

Sie konnten es kaum glauben, dass aus den herrlichen Renaissance-Brunnen von Anfang an reines Trinkwasser floss – bis heute.

Denn der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist für viele Menschen in Afrika, Asien oder Lateinamerika nach wie vor eine Existenzfrage.

Doch bei aller Begeisterung – wir alle wissen: Eine Bewerbung als Welterbestätte ist kein Selbstläufer. Es gilt, den außergewöhnlichen universellen Wert, das entscheidende Kriterium für die Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste, überzeugend nachzuweisen.

Das erfordert eine geradezu akribische Vorbereitung.

Wie das gelingt, haben Sie hier in Augsburg hervorragend unter Beweis gestellt. Dabei hat sich zweifellos auch der gute Austausch mit Frau Ringbeck bewährt, die die Koordinierungsstelle Welterbe im Auswärtigen Amt leitet, und die mich 2015 bei dem Besuch mit dem Welterbekomitee hier in Augsburg begleitete.

Für Augsburg bedeutete es viele Jahre intensiver Arbeit und wissenschaftlicher Forschung, bis das umfangreiche Nominierungsdossier und der Managementplan bei der UNESCO in Paris 2018 eingereicht werden konnten.

Damit begann der Countdown.

Mit großer Spannung wurde dann 2018 als erstes die Begutachtung durch den internationalen Denkmalrat ICOMOS erwartet. Seine positive Resonanz machte Hoffnung. Jetzt richteten sich die Blicke auf das Welterbekomitee. Als bei der entscheidenden Welterbesitzung im vergangenen Jahr in Baku die Nominierung von Augsburg aufgerufen wurde, stieg die Spannung noch einmal an.

Würde die Aufnahme in die Welterbeliste gelingen?

  1. Die Entscheidung des Welterbekomitees

Nach nur 11 Minuten erklärte der Präsident des Welterbekomitees „adopted“, angenommen, und besiegelte die Aufnahme mit dem berühmten Hammerschlag. Die Freude war grenzenlos!

Augsburg ist Welterbe! Herzlichen Glückwunsch!

Mein besonderer Dank gilt allen, die daran mitgewirkt haben, hier in Augsburg, in Bayern, im Auswärtigen Amt.

Die Anstrengungen sind reichlich belohnt worden.

Das Augsburger Wassermanagement-System ist nunmehr nicht nur das Erbe von Augsburg oder eine der 8 Welterbestätten in Bayern oder eine der inzwischen 46 Weltkulturerbestätten in Deutschland. Augsburg ist jetzt das Erbe der Menschheit!

Dieses Erbe gilt es, einerseits zu bewahren und zu schützen, andererseits aber auch weiterzuentwickeln. Damit beginnt die eigentliche Arbeit jetzt. Und wie ich Augsburg kenne, stellen Sie sich dieser Aufgabe mit vielen Ideen, großer Erfahrung und Begeisterung.

  1. Was es heißt, ein WELTerbe zu sein

Nutzen Sie die vielfältigen Chancen, die Ihnen dieses Erbe der Menschheit bietet. Das ist weit mehr, als den Tourismus voranzubringen.

Welterbestätten haben Leuchtturmfunktion. Sie zeigen uns nicht nur die Vergangenheit, sie sind der Schlüssel zur Zukunft!

Ich will hier einen Punkt ganz besonders ansprechen und verbinde damit auch ein Anliegen.

Welterbestätten sind Orte der Begegnung und des Dialogs.

Denn die Idee, die sich mit dem Welterbe verbindet, ist Völkerverständigung, die von wechselseitigem Respekt und Wertschätzung ausgeht.

Im Alltag bedeutet dies, den Blick nicht nur auf die eigene Welterbestätte zu richten, sondern sich als Teil eines weltweiten UNESCO-Netzwerkes zu begreifen.

Ich möchte Sie ausdrücklich ermutigen, sich international mit Welterbestätten in anderen Ländern und Kontinenten, insbesondere in Afrika, zu vernetzen.

Welterbestätten müssen sich auch als Labore der Nachhaltigkeitswende begreifen. Hierin liegt ein großer Ansatzpunkt für Augsburg!

Die Weltgemeinschaft hat sich im Rahmen der Agenda 2030 darauf verständigt, die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle Menschen bis spätestens 2030 zu gewährleisten.

Augsburg als Welterbestätte ist dafür als Vorbild prädestiniert und kann Denkansätze liefern. Sie können Wege aufzeigen, wie eine nachhaltige Wassernutzung und die Versorgung mit sauberem Trinkwasser gelingen.

Als Deutsche UNESCO-Kommission stehen wir Ihnen dabei gerne zur Seite, gerade wenn es um Kontakte und um den Austausch mit UNESCO-Nationalkommissionen in Afrika geht.

Die UNESCO-Welterbestätten sind nicht nur Zeugnis einzigartigen Schaffens und herausragender Errungenschaften der Vergangenheit, sie tragen dazu bei, Brücken in die Zukunft zu bauen, Gemeinsamkeiten aufzuzeigen, Identität und Stabilität zu vermitteln.

Und für das Augsburger Welterbe füge ich hinzu, Innovationskraft und nachhaltiges Handels erfahrbar zu machen.

Für die Zukunft wünsche ich Ihnen:
1. Begeistern Sie junge Menschen aus nah und fern für unser gemeinsames Erbe und öffnen Sie mit ihnen neue Türen!

2. Bewahren Sie das Augsburger Welterbe, aber entwickeln Sie es gemäß den Nachhaltigkeitszielen auch weiter!

3. Teilen Sie Ihre so außergewöhnliche Geschichte und Expertise der Wassernutzung und des sauberen Trinkwassers mit vielen anderen!

In diesem Sinne nochmals herzlichen Glückwunsch und alles Gute!

 

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