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13 neue UNESCO-Geoparks

Geoparks auf vier Kontinenten machen Millionen Jahre Erdgeschichte erlebbar

Der UNESCO-Exekutivrat hat am 17. April 2018 in Paris 13 neue UNESCO-Geoparks ausgezeichnet. Erstmalig wurden UNESCO-Geoparks in Belgien, Thailand und Tansania ins Netzwerk aufgenommen. Der Geopark Ngorongoro Lengai aus Tansania ist sogar der erste in ganz Sub-Sahara Afrika. Insgesamt gibt es jetzt 140 UNESCO-Geoparks weltweit, sechs davon in Deutschland.

Die neuen UNESCO-Geoparks:

Frankreich: Beaujolais – Vergangenheit in Stein

Der Name des Geoparks Beaujolais steht nicht nur für einen der bekanntesten französischen Rotweine, sondern auch für die Landschaft am Rande des Zentralmassivs, unmittelbar nordwestlich von Lyon. Das beeindruckende geologische Erbe des Beaujolais reicht mehr als 500 Millionen Jahren zurück und prägt bis heute Landschaft und Kultur vor Ort. Die Vielfalt an Granit, Schiefer, Kalksteinen und Ton wirkt sich nicht nur auf die Qualität der Reben und Weine aus, sondern bereichert bis heute Industrie und Handwerk. Insbesondere die traditionelle Architektur zeichnet sich durch die goldenen, roten, weißen, grauen und schwarzen Felsen und Steine aus – die Vergangenheit des Beaujolais ist buchstäblich in Stein geschrieben. 

Vietnam: Cao Bang – Traditionen lebendig halten

Der Cao Bang Geopark liegt in einer Bergregion im Nordosten des Landes. Eine tiefliegende Bruchstelle im Gestein, die Cao Bang-Tien Yen-Verwerfung, teilt den Geopark in zwei geologisch unterschiedliche Teile. Der östliche Teil des Gebiets ist bekannt für seine von Seen und Höhlen geprägte Karstlandschaft. Im westlichen Teil überwiegen Sedimentgesteine, Basalte und Granit, die wiederum reich an wertvollen und seltenen Mineralien sind. Hier findet man beispielsweise Gold, Zinn und Kupfer. Von dem Reichtum an geologischen Ressourcen profitieren die Menschen bis heute: So wird bereits seit dem 11. Jahrhundert die Tradition des Schmiedehandwerks aufrechterhalten.

Indonesien: Ciletuh-Palabuhanratu – Kontinente in Bewegung

Der Ciletuh - Palabuhanratu Geopark in West-Java ist nach dem „Königinnenhafen“ (Palabuhanratu) in der Ciletuh-Bucht benannt, in Anlehnung an die Legende über eine Königin des Südlichen Ozeans, die als Hüterin der Gegend galt. Die ältesten Gesteine im Geopark entstanden, als sich vor über 65 Millionen Jahren die eurasische Platte und die des Indischen Ozeans übereinander schoben. Noch heute zeugen davon einzigartige Gesteinsformationen, die – durch Erosion geformt – mitunter an Nashörner, Schildkröten, Frösche, Drachen oder Bullen erinnern. Derzeit pflegen noch drei Dorfgemeinschaften ihre angestammten Kasepuhan-Traditionen. Dabei steht Reis, das Grundnahrungsmittel in der Geopark-Region, im Mittelpunkt: Noch heute bestimmen traditionelle Regeln die Auswahl der zu pflanzenden Reissorte, die Feierlichkeiten zur Aussaat und schließlich die Erntezeremonie.

Spanien: Conca de Tremp Montsec – der Geopark als natürliches Labor

Der Geopark Conca de Tremp Montsec liegt im Nordosten Spaniens, nahe der Grenze zu Frankreich und Andorra und an der Südflanke der Pyrenäen. Das geologische Erbe der Region umfasst die letzten 550 Millionen Jahre. Dank seiner Geodiversität und der Qualität der geologischen Aufschlüsse, aber auch wegen der guten und sicheren Zugänglichkeit genießt das Gebiet des Geoparks internationale Anerkennung als „natürliches Labor“ für Themen wie Sedimentologie, Tektonik, Geodynamik, Paläontologie und Bodenkunde. Darüber hinaus bietet der Geopark auch einzigartige Funde, an denen die Evolution des Lebens auf der Erde im Laufe der vergangenen 250 Millionen Jahre nachvollzogen werden kann: Fossilien von Wirbeltieren, Wirbellosen und Pflanzen.

Belgien: Famenne-Ardenne – Einzigartige Karstlandschaft

Der Geopark Famenne-Ardenne zeichnet sich durch drei charakteristische Landschaftselemente aus: Das Famenne im Norden ist eine große Senke aus schieferhaltigem Untergrund. Das höhergelegene Plateau der Ardennen im Süden besteht hauptsächlich aus Sandsteinfelsen. Verbunden werden diese beiden Elemente durch einen Streifen aus Kalksteinfelsen, das Calestienne. Durch die Erosion des Kalksteins haben sich beeindruckende Karstphänomene gebildet: Flüsse, die in der Landschaft „verschwinden“, unterirdisch weiter fließen und an anderer Stelle wieder auftauchen, Höhlen, Klippen und Dolinen. Das Quellwasser aus dem Kalkstein ist zudem unentbehrlich für die Herstellung der berühmten und typischen Trappistenbiere von Rochefort.

China: Guangwushan-Nuoshuihe – Geologie und Geschichte entlang der Micang-Straße

Der Geopark Guangwushan-Nuoshuihe befindet sich in der Provinz Sichuan im Südwesten Chinas. An der Schnittstelle zwischen der tektonischen Jangtse-Platte und dem Qinling-Gebirgszug ist das Gebiet des Geoparks von großer wissenschaftlicher Bedeutung für die Erforschung der kontinentalen Dynamik und Prozesse der Gebirgsbildung. Auch aus paläontologischer Sicht beeindruckt der Geopark: So fand man dort 1982 eines der ältesten Säugetierfossilien. Entlang der Micang-Straße, deren Entstehung bis in die erste Dynastie des chinesischen Kaiserreichs vor über 2.000 Jahren zurückreicht, findet man Zeugnisse der historischen und kulturellen Entwicklung Chinas, wie beispielsweise traditionelle Hochzeitstrommeln, chinesisches Schattenspiel und Volkstänze und -lieder.

China: Huanggang Dabieshan – herausragende biologische Vielfalt

Am Fuße des Dabie-Gebirges in der Provinz Hubei im Osten Chinas liegt der Geopark Huanggang Dabieshan. Das Mittelgebirge entstand beim Zusammenstoß der Nordchina- und der Jangtse-Platten. Von den enormen Kräften, die damals freigesetzt wurden, zeugt noch heute der im Geopark zu findende Ekoglit, ein Gestein, welches nur bei ultrahohen Druckbedingungen entsteht. Mit seiner zu 90 Prozent bewaldeten Fläche und dem feucht-warmen Klima ist der Geopark ein Refugium für eine enorme Vielzahl an Tieren und Pflanzen. Die biologische Vielfalt der Region macht sie zu einem der sieben größten Genpools Chinas.

Japan: Izu Peninsula – Vulkane und Thermalquellen

Der Izu Peninsula Geopark liegt im Südosten von Honshu, der Hauptinsel Japans. Weltweit einzigartig ist, dass an dieser Stelle zwei aktive Vulkanbögen – das heißt bogenförmige Inselketten mit hoher seismischer und magmatischer Aktivität – aufeinandertreffen. Die geologische Geschichte der Izu-Halbinsel kann bis zu 20 Millionen Jahre zurückverfolgt werden und ist seit Anbeginn von Vulkanismus geprägt. Heute profitiert die Region von der geothermischen Aktivität: Zahlreiche Thermalquellen machen sie zu einem der bekanntesten Reiseziele für heiße Quellen in Japan. Um die zornigen Götter, die für die immer wiederkehrenden Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüche, Erdbeben und Tsunamis verantwortlich gemacht wurden, zu besänftigen, errichtete ihnen die lokale Bevölkerung über 90 Schreine. Diese können noch heute im Geopark betrachtet werden.

Südkorea: Mudeungsan Area – majestätische Kollonaden

Der Mudeungsan Area Geopark liegt um den Mudeung Berg, der hoch über der Stadt Gwangju thront. Der Berg war lange Zeit von spiritueller Bedeutung für die dort heimischen Jeollanam-do, ehemals Honam. Die Berggipfel wurden als Altäre für die himmlische Anbetung verstanden. Das geologische Erbe reicht von großen polygonalen Kollonaden aus Tuff, die durch vulkanische Aktivität geformt wurden, über ausgedehnte periglazial geprägte Landformen, ungewöhnliche mikroklimatische Umgebungen sowie Dinosaurier-Fußabdrücke und -Spuren bis hin zu einer Vielzahl weiterer geologischer und geomorphologischer Merkmale, wie den landschaftlich attraktiven Klippenverläufen und auch Wasserfällen.

Tansania: Ngorongoro Lengai – die Wiege der Menschheit zwischen Vulkanen

Eines der wichtigsten Merkmale des Ngorongoro Lengai Geoparks ist der Ngorongoro Krater, in dem eine große Artenvielfalt an Tieren vorkommt. Elefanten, Spitzmaulnashörner, Löwen, Gazellen und andere große Säugetiere koexistieren dort mit dem Menschen. Der Oldoinyo Lengai - 'Berg Gottes' oder 'Heiliger Berg' in der Sprache der Maasai - ist der jüngste und aktivste Stratovulkan (2.962 m) des Ngorongoro Vulkanhochlands. Das einzigartige an diesem Vulkan ist, dass er Natrokarbonatit-Lava produziert, die fast kein Silizium enthält. Die Olduvai-Schlucht, eine der bedeutendsten paläoanthropologischen Stätten der Welt, verfügt über Vulkanbetten, die im Pliozän entstanden sind und eine unübertroffene Anzahl von Fossilien aus der Vergangenheit aufweisen, darunter Fossilien aus der Mittel- und Jungsteinzeit sowie eine Vielzahl von versteinerten Tieren.

Kanada: Percé – besondere Berg- und Küstenlandschaft

Der Percé Geopark in Kanada findet sich am nördlichen Ausläufer der Appalachen im Osten Nordamerikas. Die Gebirgsbildung und die magmatischen und tektonischen Ereignisse des Gebietes hängen zusammen mit der Öffnung des Atlantiks während der Jura- und Kreidezeit (vor ungefähr 150 Millionen Jahren). In der letzten Eiszeit wurde das Quebecer Segment dieser Kette der erosiven Wirkung von Gletscherelementen ausgesetzt, was der Landschaft ihre heutige Form verliehen hat. Das Gebiet ist reich an Ökosystemen mit vielfältiger Fauna und Flora. Die Hauptwirtschaftszweige von Percé sind Tourismus, Fischerei und Forstwirtschaft.

Indonesien: Rinjani-Lombok – ein vielfältiger Vulkankomplex

Die Insel Lombok zählt zu den kleinen Sundainseln, die zwischen Bali und Sumbawa liegen. Die Geologie der Insel Lombok ist von einem besonderen Vulkankomplex aus Schichtvulkanen geprägt, entstanden durch die Subduktion der tektonischen Platte des Indischen Ozeans unter den Rand der tektonischen Platte Südostasiens. Der zum Vulkankomplex zugehörige Rinjani ist die höchste Erhebung auf der Insel und der zweitgrößte Vulkan Indonesiens. Die multikulturelle Bevölkerung der Insel Lombok setzt sich vor allem aus Sasak und einigen kleineren ethnischen Gruppen zusammen. Die Vielfalt des kulturellen Erbes der Sasak spiegelt sich in Gebäuden wie Tempeln und alten Moscheen wider.

Thailand: Satun – geologischer Reichtum und kulturelle Vielfalt

Satun Geopark ist bekannt als das Land der paläozoischen Fossilien mit einer Fülle an vielfältigen Fossilien in bemerkenswerter Abfolge, darunter meeresbewohnende Gliederfüßer (Trilobiten), Lampenmuscheln (Brachiopoden) und Algenkalke (Stromatolithen). Neben der geologischen Vielfalt zeichnet sich die landschaftlich attraktive Region des Geoparks außerdem durch seine ethnische, kulturelle und religiöse Vielfalt aus und bildet heute einen friedlichen Schmelztiegel. Die Menschen profitieren von der Schönheit und Vielfalt, die der Geopark zu bieten hat. Die Hauptwirtschaftszweige der Einwohner sind Landwirtschaft, Fischerei, Tourismus sowie kleine lokale Unternehmen.

Neue Chance für Geopark Inselsberg-Drei Gleichen in Deutschland

Die deutsche Nominierung des thüringischen Geoparks Inselsberg-Drei Gleichen wurde zunächst zurückgestellt. Internationale Gutachter hatten den Geopark im Sommer 2017 bereist und ein grundsätzlich positives Urteil gefällt. Sie würdigten das bedeutende geologische Erbe ebenso wie die gute Sichtbarkeit des Geoparks in der Region. Gleichzeitig wurde für eine UNESCO-Anerkennung weiterer Entwicklungsbedarf festgestellt, wie etwa die notwendige weitere Vernetzung mit Geoparks in anderen Ländern und die Bereitstellung von mehr englischsprachigen Informationen. Der UNESCO Global Geoparks Council (UGGpC) hat aus diesem Grund im September 2017 empfohlen, die Nominierung zurückzustellen. Der Geopark hat nun bis zu zwei Jahre Zeit, den Empfehlungen des UGGpC nachzukommen, um dann als UNESCO-Geopark ausgezeichnet zu werden. Eine Neubewerbung ist nicht notwendig und der Geopark Inselsberg-Drei Gleichen hat sich bereits dafür ausgesprochen, sich entsprechend der Empfehlungen weiterzuentwickeln.

Hintergrund

UNESCO-Geoparks sind Regionen, die Erdgeschichte besonders anschaulich zeigen, bedeutende Fossilfundstellen oder Gesteinsformationen vorweisen. Durch Bildung, Schutz und Förderung einer nachhaltigen Entwicklung machen sie das Erbe ihrer Landschaft erlebbar, für Bewohner wie für Besucher. Sie schaffen Identifikation mit der Region, fördern Tourismus und machen Herausforderungen des globalen Wandels in der Region zum Thema. Derzeit gibt es 140 UNESCO-Geoparks in 38 Ländern, sechs davon in Deutschland: Bergstraße-Odenwald, TERRA.vita, Schwäbische Alb, Vulkaneifel, Harz–Braunschweiger Land–Ostfalen sowie der deutsch-polnische Geopark Muskauer Faltenbogen.

Weitere Informationen

UNESCO-Fotogalerie zu den neuen Geoparks

UNESCO-Geoparks in Deutschland