Taputapuātea

Taputapuātea – Land der Vorfahren und Heimat der polynesischen Kultur

Im Zentrum des Polynesischen Dreiecks liegt Frankreichs 43. Welterbestätte Taputapuātea, die im Rahmen der 41. Sitzung des Welterbekomitees im Juli 2017 in die UNESCO-Welterbeliste eingeschrieben wurde.

Faktenbox

Taputapuātea ist ein außergewöhnliches Zeugnis von 1.000 Jahren Geschichte der Mā’ohi-Zivilisation und hat auch heute noch eine zentrale Bedeutung in der polynesischen Kultur. Das Gebiet war einst sowohl Treffpunkt politischer Zusammenkünfte als auch ein ritueller Ort des Austausches zwischen der Welt der Lebenden und der Welt der Vorfahren.

Taputapuātea ist eine marine und Kulturlandschaft auf der Insel Raiatea im Zentrum des sogenannten Polynesischen Dreiecks. Dieses großflächige Gebiet im Pazifik wurde als eine der letzten Regionen der Erde vom Menschen besiedelt. Raiatea zählt zu den Gesellschaftsinseln und ist Teil von Französisch-Polynesien. Die Stätte im Südosten der Insel umfasst zwei bewaldete Täler, landwirtschaftliche Terrassen, einen Teil einer Lagune und eines Korallenriffs sowie einen vorgelagerten Streifen offenes Meer. Im Zentrum der Stätte befindet sich der „Marae“, eine Anlage von herausragender politischer und zeremonieller Bedeutung, deren Entstehung auf das 14. Jahrhundert zurückgeht. Die Anlage liegt zwischen Land und Meer am äußersten Rand einer Halbinsel, die in die umliegende Lagune hinausragt. Marae sind heilige Orte von großer zeremonieller und sozialer Bedeutung und in ganz Polynesien verbreitet. Auf den Gesellschaftsinseln wurden Marae zu viereckigen gepflasterten Plätzen mit einer rechteckigen Plattform an einem Ende, dem sogenannten Ahu, ausgeformt und erfüllen mehrere Funktionen.

Der Marae von Taputapuātea ist der der Gottheit Oro gewidmet und symbolisiert einen Ort des Austausches zwischen der Welt der Lebenden (Te Ao) und der Welt der Vorfahren und der Götter (Te Po). Im 17. und 18. Jahrhundert war Taputapuātea zudem das Zentrum eines politischen Bündnisses, das von den Häuptlingen der Tamatoa-Linie geschmiedet wurde, und den Großteil Polynesiens umfasste. Das Bündnis wurde durch regelmäßige Zusammenkünfte in Taputapuātea zwischen Häuptlingen, Kriegern und Priestern anderer Inseln gepflegt. Das Wissen um die Konstruktion von hochseetauglichen Auslegerbooten und die Navigation auf hoher See waren für den Erhalt des Netzwerks von zentraler Bedeutung.

Auszug aus dem Statement of Outstanding Universal Value, 2017

"As the ancestral homeland of Polynesian culture, Taputapuātea is of outstanding significance for people throughout the whole of Polynesia, for the way it symbolises their origins, connects them with ancestors and as an expression of their spirituality.”

"Taputapuātea ist die Urheimat der polynesischen Kultur und von herausragender Bedeutung für die Menschen in ganz Polynesien, denn sie symbolisiert ihre Herkunft, verbindet sie mit ihren Vorfahren und ist Ausdruck ihrer Spiritualität."

Taputapuātea – Land der Vorfahren und Heimat der polynesischen Kultur

Die Einschreibung von Taputapuātea in die Welterbeliste erfolgte auf der Grundlage von drei der zehn möglichen Aufnahmekriterien. Taputapuātea ist ein außergewöhnliches Zeugnis von 1.000 Jahren Geschichte der Mā’ohi-Zivilisation (Kriterium iii). Neben der Marae-Anlage am Meeresufer zeugen auch mehrere archäologische Stätten älterer Marae in den Hochtälern von der Geschichte der Mā’ohi-Zivilisation und deren Gesellschaftsorganisation. Die Bauern lebten in den Hochtälern, um Landwirtschaft zu betreiben, während Krieger, Priester und Häuptlinge unmittelbar an der Küste angesiedelt waren. Darüber hinaus veranschaulicht Taputapuātea die Fähigkeit der Mā’ohi, lange Strecken auf hoher See in Auslegerbooten zurückzulegen, anhand der Beobachtung von Naturphänomenen zu navigieren und neu besiedelte Inseln durch die Einführung von Kleinvieh und Kulturpflanzen bewohnbar zu machen.

In der Stätte sind zudem herausragende Beispiele von Marae-Anlagen zu finden, die soziale und zeremonielle Funktionen erfüllten (Kriterium iv). Ihre monumentale Form spiegelt den Wettstreit um Macht und Prestige unter den Häuptlingen wieder. So war der Marae von Taputapuātea Gegenstand eines Verehrungskultes, welcher sich darin wiederspiegelte, dass einzelne Steine der Anlage auf andere Inseln gebracht wurden, um dort gleichnamige Marae zu errichten. Als Heimat der polynesischen Kultur ist Taputapuātea noch heute von herausragender Bedeutung für die Bewohner ganz Polynesiens und die lebendige polynesische Kultur (Kriterium vi). Die Stätte versinnbildlicht für die Polynesier ihre Herkunft, verbindet sie mit ihren Vorfahren und ist Ausdruck ihrer spirituellen Identität.

Welterbe und Klimawandel

Durch die exponierte Lage der Marae-Anlage und aufgrund der natürlichen Merkmale der Stätte, insbesondere des Korallenriffs, stellt der Klimawandel die größte Herausforderung im Management der Stätte dar und gehört zu den potenziellen Gefährdungsfaktoren für den langfristigen Schutz und Erhalt von Taputapuātea. Der Anstieg des Meeresspiegels, der derzeit bei ca. 20 cm pro 100 Jahren liegt, ist eine mittelfristige Bedrohung für den Marae von Taputapuātea. Sturmfluten und -wellen führen schon jetzt zur Versalzung und Erosion der Böden bis zu 100 Meter ins Landesinnere hinein.

Seit 2005 steht der Klimawandel als eine der großen Gefährdungen für das Welterbe auf der Tagesordnung des Welterbekomitees. Die Inseln im Pazifik wären unter den ersten betroffenen Regionen, wenn der Meeresspiegel durch Erderwärmung zu stark ansteigt. Kürzlich veröffentlichte Studien zum alarmierenden Zustand der Korallenriffe weltweit verdeutlichen einmal mehr den dringenden Handlungsbedarf für die gesamte internationale Gemeinschaft. Das Verhältnis und die Wechselwirkungen zwischen Welterbe, Tourismus und Klimawandel werden in dem 2016 erschienenen Bericht „World Heritage and Tourism in a Changing Climate“ untersucht.

Porträtserie

Im Rahmen der 41. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2017 in Krakau wurden 21 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Erbes der Menschheit, dessen Erhaltung und Pflege sich die internationale Staatengemeinschaft 1972 mit dem "Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verschrieben hat.

Porträtserie

weitere Artikel

Kulangsu: eine historische internationale Siedlung - Neues Welterbe 2017
Kulangsu aus der Luft

Welterbe international

Kulangsu: eine historische internationale Siedlung - Neues Welterbe 2017

Die chinesische Insel Kulangsu ist als außergewöhnliches Beispiel des Zusammenspiels multikultureller Einflüsse architektonischer, städtebaulicher und landschaftsplanerischer Elemente Teil der UNESCO-Welterbeliste. Die historische internationale Siedlung ist Zeugnis interkultureller Austauschbeziehungen im frühen 20. Jahrhundert sowie Ursprungsort des Amoy Deco Stiles.
weiterlesen
UNESCO-Studie: 29 Korallenriffe mit Welterbestatus durch Erderwärmung akut bedroht
Luftaufnahme des Aldabra-Atolls (Seychellen)

Meldung,

UNESCO-Studie: 29 Korallenriffe mit Welterbestatus durch Erderwärmung akut bedroht

Der weltweite Klimawandel führt zu einem steigenden Meeresspiegel und stellt eine zunehmende Bedrohung für fragile Meeresökosysteme dar.

weiterlesen