UNESCO-Weltdokumentenerbe Constitutio Antoniniana

Frühes Römisches Bürgerrecht

Mit der Constitutio Antoniniana verlieh der römische Kaiser Marcus Aurelius Severus Antoninus, auch bekannt als Caracalla, um 212/213 n. Ch. sämtlichen freien Bewohnern des Imperium Romanum das römische Bürgerrecht. Bis dahin hatten viele Bewohner den Rang von „Fremden“ inne und damit einen gegenüber den römischen Bürgern nachteiligen Rechtsstatus im Bereich des Straf- und Zivilrechts, der Steuerveranlagung und der sozialen Mobilität. Der Papyrus Gissensis I 40 in der Universitätsbibliothek Gießen enthält das einzige heute noch erhaltene Exemplar der Constitutio Antoniniana.

Illustration Weldokumentenerbe

Laut Wissenschaftlern der Universität Gießen ist die Constitutio Antoniniana das erste bekannte Dokument, das ein weitgefasstes Bürgerrecht dieser Art festlegt. Mit der Constitutio Antoniniana wurde somit erstmalig in der Weltgeschichte in einem Gebiet, das viele Millionen Menschen unterschiedlichster kultureller Prägungen auf drei Kontinenten (Europa, Afrika, Asien) umfasste, ein einheitlicher Bürgerstatus geschaffen. Gleichzeitig wurden bestehende lokale Rechtstraditionen toleriert. Damit ist die Constitutio Antoniniana ein frühes Beispiel für die Handhabung von Bürgerrechten in transnationalen Gesellschaften. Die Constitutio Antoniniana unterscheidet sich grundlegend von anderen früheren Bürgerrechtsverleihungen im römischen Kaiserreich, die sich zumeist nur an ausgewählte Angehörige der provinzialen Eliten oder an Veteranen richteten und die Differenzierung von Römern und „Fremden“ nicht in Frage stellten. Durch den Erlass der Constitutio Antoniniana wurden auch die soziale Mobilität und der Zusammenhalt innerhalb des Römischen Kaiserreichs gesteigert.

„Im Unterschied zu vielen anderen Bürgerrechtsverleihungen in der Geschichte war die Maßnahme weder eurozentrisch noch nationalstaatlich orientiert.”

Prof. Dr. Peter von Möllendorff, Dekan für Geschichts- und Kulturwissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen

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