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Welterbe als Bildungs- und Arbeitsorte in Europa

Die Bedeutung vieler Welterbestätten gründet maßgeblich auf menschlichem Wissen und Können, darunter auch zahlreiche traditionelle Bau- und Handwerkstechniken. Die gelebte Vermittlung dieses Könnens wie auch die Sensibilisierung der jungen Generationen für die Besonderheit des Welterbes und dessen Bedeutung für die gesamte Menschheit standen im Mittelpunkt der Tagung „Welterbe als Bildungs- und Arbeitsorte in Europa“ am 9. November 2018 im Rahmen der Messe denkmal 2018 in Leipzig.

In seiner Begrüßung erläuterte Prof. Dr. Christoph Wulf: „Das Europäische Kulturerbejahr weist uns nicht nur auf Meisterwerke der Baukunst hin, sondern vor allem auf etwas Bedeutendes, das selten auf den ersten Blick sichtbar ist: Transkulturelle Austauschbeziehungen waren seit jeher Teil der gemeinsamen Geschichte Europas und seiner Verbindung mit anderen Weltregionen. Dies gilt in besonderem Maße für die UNESCO-Welterbestätten! Begreift man diese als Lernorte, so bieten sie eine ideale Grundlage, um den Menschen die kulturellen Verknüpfungen in Europa bewusst zu machen und anschaulich zu vermitteln. Denn jede Generation entwickelt ihr eigenes Verständnis des Kultur- und Naturerbes und ihren eigenen Bezug zu den in der Welterbeliste geführten herausragenden Orten menschlichen Schaffens und den einzigartigen Naturlandschaften.“

Neben einem Impulsvortrag aus Finnland und Praxisbeispielen der Zusammenarbeit zwischen Welterbestätten und Schulen im Oberen Mittelrheintal, dem Bergwerk Rammelsberg und dem Landesdenkmalamt Berlin wurden mit Präsentationen aus Tel Aviv, Straßburg sowie von ICCROM (Internationale Studienzentrale für die Erhaltung und Restaurierung von Kulturgut) auch die europäische und internationale Perspektive von Weiterbildung und Welterbe als Arbeitsorte beleuchtet. Auch Vertreter der zentralen Akteure in Restaurierung und Handwerk hatten Gelegenheit, ihre Sicht- und Arbeitsweisen darzustellen und betonten die Notwendigkeit einer verstärkten Nachwuchsförderung angesichts rückläufiger Auszubildenenzahlen.

„Lokale Gemeinschaften und ihr traditionelles Wissen sind inzwischen ein wichtiger Bestandteil unserer globalen Weiterbildungsstrategie für das kulturelle und natürliche Welterbe. In der Restaurierung und Konservierung von Holz und Stein oder auch bei Schulungen zu Katastrophenschutz und Resilienz trägt der Wissensaustausch zwischen lokalen Akteuren und internationalen Fachleuten wesentlich zum Erhalt des Welterbes bei. Ebenso wird dadurch die Identifizierung der Bevölkerung mit dem Welterbe und deren Unterstützung für den Erhalt erheblich gestärkt. Für uns sind die Bemühungen um den Erhalt einer Stätte und das Gemeinwohl einer Gesellschaft eng miteinander verbunden.“

„Die Bauhütte des Straßburger Münsters geht auf eine 800 Jahre alte interdisziplinäre Bauwerkstradition zurück. Seit dem frühen 13. Jahrhundert arbeiten unterschiedliche Gewerke zunächst für die Errichtung, danach für den Bauunterhalt und die Instandsetzung durchgehend am Münster, das mit der Altstadt seit 1988 zum Welterbe zählt, Hand in Hand. Das Modell dieser interdisziplinären Zusammenarbeit für den Erhalt unseres Kulturerbes macht auch heute noch Schule. Denn auch gegenwärtig werden Bauhütten, insbesondere in Europa, gegründet und erweitern das seit dem Mittelalter bestehende Netzwerk.“

Die Teilnehmenden betonten, dass das diesjährige Europäische Kulturerbejahr zur Sichtbarkeit beziehungsweise Sichtbarmachung bestehender und sich entwickelnder Netzwerke beigetragen hat und dieses Momentum auch in den nächsten Jahren für Schutz und Zusammenarbeit im Welterbe genutzt und in Wert gesetzt werden sollte.

Transkulturelle Austauschbeziehungen waren seit jeher Teil der gemeinsamen Geschichte Europas.

Hintergrund

Die Tagung wurde gemeinsam mit dem Sächsischen Staatsministerium des Innern, ICOMOS Deutschland und weiteren Partnern im Rahmen der „denkmal – Europäische Leitmesse für Denkmalpflege, Restaurierung und Altbausanierung“ ausgerichtet.

Sie knüpfte an die erste Konferenz „Welterbe vermitteln – ein UNESCO-Auftrag“ vom 11. November 2016 an, bei der die unterschiedlichen Formate der Vermittlung des Welterbegedankens an Menschen jeden Alters präsentiert wurden.

Die Tagung ist ein Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr 2018 „Sharing Heritage“.

Publikation

Welterbe vermitteln - ein UNESCO-Auftrag. Publikation zur Tagung.
Ramona Dornbusch, Deutsches Nationalkomitee von ICOMOS; Friederike Hansell, Institut für Industriearchäologie, Wissenschafts- und Technikgeschichte an der TU Bergakademie Freiberg und Sächsisches Min. des Innern; Kerstin Manz, Deutsche UNESCO-Kommission, 2018