Auf ein Wort,

CO2-Ausstoß im Bliesgau um 95 Prozent reduzieren

Dr. Hans-Henning Krämer
Klimaschutzmanager des Biosphärenreservats Bliesgau, im Rahmen des Projekts „Masterplan 100 % Klimaschutz“ des Bundesumweltministeriums

Dr. Hans-Henning Krämer ist seit 2013 der Klimaschutzmanager des Biosphärenreservats Bliesgau, im Rahmen des Projekts „Masterplan 100 % Klimaschutz“ des Bundesumweltministeriums. Schon vor 15 Jahren hat er bei der Umsetzung des Bundesprogramms Regionen Aktiv im Bliesgau im Bereich Regionalvermarktung, Ökolandbau und regionale Wertschöpfung gearbeitet.

Herr Dr. Krämer, der Bliesgau will bis 2050 eine „Null-Emissionsregion“ werden. Was genau wollen Sie erreichen?

Die Förderung des Bundesumweltministeriums hatte die Voraussetzung, dass unsere Kommunen weitreichende Ziele unterschreiben. Diese lauten: den Energieverbrauch zu halbieren, die erneuerbaren Energien auszubauen und den CO2-Ausstoß um 95 Prozent zu reduzieren. Die Ziele ergänzen sich. Man wird niemals den jetzigen Energieverbrauch komplett über erneuerbare Energien decken können; daher muss man erst mal einsparen und dann den Rest mit erneuerbaren Energien decken. 95 Prozent Reduktion CO2-Ausstoß bedeutet aber eindeutig das Ende für alle fossilen Energien.

Wie kann das in einer eher kleinen Region von der Größe des Bliesgaus gelingen?

Dazu braucht es sehr gute Rückendeckung und Unterstützung von der Bundesregierung. Die wichtigen Randbedingungen werden nicht in der Region gesetzt, sondern vom Bund: zum Beispiel der Zwang zur Ausschreibung von Windparks und Solaranlagen größer 750 kW. Wenn es die Unterstützung gibt, glaube ich, dass wir es gerade im Bliesgau besonders gut erreichen können: Hier ziehen viele Akteure an einem Strang und die große Bedeutung von Klimaschutz ist allen klar.

Wer ist bei dieser Umstellung am wichtigsten: die Haushalte oder die Industrie?

Ein wichtiges Ergebnis haben wir bereits bei der Aufstellung des Masterplans erreicht, nämlich die Analyse des tatsächlichen heutigen Energieverbrauchs in der Region. Beim Wärmeverbrauch sind die privaten Haushalte mit etwa 60 Prozent Anteil entscheidend, beim Stromverbrauch ist es die Industrie. Der öffentliche Sektor spielt zwar eine eher kleine Rolle, ist aber Vorreiter und hat über Demonstrationsprojekte eine Beispielfunktion, um die Menschen mitzureißen.

Durch welche Maßnahmen können Sie in den nächsten Jahren die größten Fortschritte erreichen?

Derzeit ernten wir die „niedrighängenden Früchte“, das heißt wir realisieren Projekte mit möglichst schnellem und möglichst großem Erfolg. Dazu gehört der Ausbau der Windenergie, durch den man relativ zügig große erneuerbare Energiemengen gewinnen und erhebliche CO2-Einsparungen erreichen kann. Ähnlich ist es mit Solarenergie. Wohngebäude zu isolieren und auch auf regenerative Energien umzustellen, gehen wir hingegen in einer langfristigen Perspektive an.

Seit Neuestem werden Sie zusätzlich durch die EU unterstützt – wie kommt dies ins Spiel?

Das ZENAPA Projekt erlaubt uns mehrere Dinge zugleich: Es verstetigt die Stelle des Klimaschutzmanagers bis 2024, es erlaubt uns neue Investitionen und die Entwicklung von zehn Konzepten. Damit können wir planen und uns noch besser vorbereiten, um anschließend weitere Maßnahmen umzusetzen, zum Beispiel energetische Quartierskonzepte, die der Bund über die Kreditanstalt für Wiederaufbau fördert.

Gibt es beim Ausbau der Windenergie im Bliesgau auch Konflikte?

Weniger Konflikte als Interessenswidersprüche. In unserem Biosphärenreservat gibt es sehr viele Naturschutzgebiete und dadurch Ausschlusskriterien für Windenergie-Standorte. Das bedeutet, dass das Windkraft-Potenzial eh schon eingeschränkt ist. Leider haben manche Bürgerinnen und Bürger die Wahrnehmung, dass der Bliesgau eine windkraftfreie Zone bleiben müsse. Dafür gibt es aber keinen Grund. Daher leisten wir viel Überzeugungsarbeit, denn wir wollen und müssen die Potenziale zusammen mit der Bevölkerung entwickeln.

Erhoffen Sie sich auch mehr Unterstützung des MAB-Nationalkomitees?

Die Unterstützung haben wir bereits erhalten, gerade bei der Windkraftnutzung. Das MAB-Nationalkomitee hat unsere Auffassung bestätigt, dass Windenergie in der Entwicklungszone des Biosphärenreservats Bliesgau nicht ausgeschlossen ist - im Gegensatz zu anderen Biosphärenreservaten.

Wie optimistisch sind Sie, die Reduktion der CO2-Emissionen um 95 Prozent bis 2050 tatsächlich zu erreichen?

Diese Frage beantworte ich an jedem Tage anders: Manchmal meine ich, es ist unmöglich, meist aber bin ich überzeugt, dass wir das schaffen. Heute beobachten wir unglaublich dynamische technische Entwicklungen. Die Leistung von marktgängigen Solarmodulen hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt und angesichts ihrer Preisentwicklung werden sich die erneuerbaren Energien allein deshalb durchsetzen, weil sie günstiger sind als herkömmliche Energien. Unsere Aufgaben als Biosphärenreservat lauten: Chancen erkennen, Potenziale identifizieren, informieren und die Menschen hier zu motivieren, mitzumachen.

Haben Sie aus dem internationalen Workshop der letzten Tage auch Erkenntnisse für den Bliesgau mitgenommen?

Das Biosphärenreservat Bliesgau ist mit Blick auf die erneuerbaren Energien gut aufgestellt. Der Masterplan hilft uns heute viel mehr, als wir bei Erstellung erwartet hatten. Wir haben die nötigen Strukturen, wir haben die nötigen Partnerschaften. Hierauf bauen wir aktuell und in Zukunft auf. Die Tagung hat uns dreierlei bestätigt: Das Thema steht weltweit auf der Tagesordnung. Viele wollen sich mit uns austauschen. Wir sind Teil einer weltweiten Bewegung.

Weitere Informationen

DUK-Webseite zu UNESCO-Biosphärenreservaten
UNESCO-Webseite zum "Man and the Biosphere Programme"

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