Auf ein Wort,

"Gegen Vorurteile helfen nur Begegnung und kulturelle Bildung"

Claudia Roth

Claudia Roth
Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für Auswärtige Kulturpolitik

Wenn in wenigen Tagen der nächste Bundestag gewählt wird, wird auch über die Zukunft der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) abgestimmt. Im Parlament beschäftigt sich ein Unterausschuss regelmäßig mit den internationalen Kulturbeziehungen der Bundesrepublik. Bis zur Wahl am 24. September sprechen wir immer mittwochs mit den Obleuten der vier Bundestagsfraktionen über die gesellschaftliche Bedeutung von kulturweit. Gegen Vorurteile helfen nur Begegnungen zwischen Menschen, meint Claudia Roth von Bündnis 90/Die Grünen im letzten Teil unserer Reihe.

Frau Roth, wie wichtig ist ein Freiwilligendienst für die Auswärtige Kulturpolitik?

Der Kultur-Freiwilligendienst ist eine tolle Gelegenheit für junge Menschen sich in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik zu engagieren, sich auszuprobieren und die deutschen Mittlerorganisationen – und vielleicht auch eine künftige Wirkungsstätte – hautnah kennenzulernen. Freiwilligendienste sind zudem eine wichtige Form bürgerschaftlichen Engagements und tolle Möglichkeit, die Perspektive zu wechseln – die Welt einmal mit anderen Augen zu sehen. In Zeiten wie diesen – wo nationalistisches und anti-demokratisches Denken wieder erstarken – sind solche Programme auch eine immer wichtigere Brücke in die Welt. Sie stärken Netzwerke und Beziehungen nachhaltig. Die Freiwilligen bringen im Gegenzug regelmäßig frischen Wind und Ideen in die Mittlerorganisationen und wichtige Erfahrungen wieder zurück nach Hause. Das Angebot ist sehr beliebt und wir haben uns daher immer für den Ausbau solcher Angebote stark gemacht und werden das weiter tun.

Was braucht unsere Gesellschaft, um die Welt besser zu verstehen?

Kulturelle Vielfalt ist in einer offenen Gesellschaft unverzichtbar. Leitkulturdebatten sind da fehl am Platz, vielmehr braucht es interkulturelle Öffnung in allen Bereichen der Gesellschaft. Die Förderung von Teilhabe und von Kunst und Kultur sind elementar für die Stärkung unserer Demokratie – wir können in diesem Bereich gar nicht genug Angebote schaffen. Gegen Hass und Hetze braucht es Haltung und Engagement. Gegen Populismus braucht es Fakten, Aufklärung und Bildungsangebote. Gegen pauschale Vorurteile helfen nur Begegnung und kulturelle Bildung und damit können wir nicht früh genug anfangen. Multi-Kulti ist längst Realität in unserem Land, wo Kinder mit ganz unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und Erfahrungen gemeinsam zur Kita, Schule oder Universität gehen. Wo Jugendliche völlig selbstverständlich in einem Europa ohne Grenzen, in einer global vernetzten Welt aufwachsen.

Ja, diese globalisierte Welt ist eine Herausforderung und zeigt viele – teils dramatische und nicht hinnehmbare – soziale, ökologische und menschenrechtliche Verwerfungen. Aber sie bietet auch tolle Chancen und Möglichkeiten und diese müssen allen offen stehen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder den finanziellen Möglichkeiten der Eltern. Unser Land hat ein großes Potential. Hier leben Menschen mit ganz verschiedenen kulturellen Hintergründen und Erfahrungen und je diverser eine Gesellschaft, desto besser. Wichtig ist dabei, diese diversen Erfahrungen künftig besser und auf Augenhöhe einzubinden und Teilhabe aller Menschen in diesem Land zu gewährleisten.

Wo sehen Sie kulturweit 2021?

In möglichst vielen Ländern der Welt und vor allem dort, wo es gerade wieder schwieriger ist oder wird. Die Programme der deutschen Mittlerorganisationen sind nicht nur eine Horizonterweiterung für Menschen aus Deutschland, sondern wichtige Netzwerke. Da wo Presse- und Meinungsfreiheit oder die Freiheit der Kunst kaum mehr vorhanden sind, gerade da braucht es die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Denn sie schafft geschützte Räume für kritische Gedanken und kann zivilem Engagement und oppositionellem Mut eine Heimat geben.

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