Mbanza Kongo, Relikte der Hauptstadt des ehemaligen Königreichs Kongo

Erste angolanische UNESCO-Welterbestätte

Im Rahmen der 41. Sitzung des Welterbekomitees im polnischen Krakau wurde mit der Altstadt von Mbanza Kongo die erste angolanische Stätte in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen.

Faktenbox

Mbanza Kongo war die politische und spirituelle Hauptstadt des Kongoreiches und stellt ein einzigartiges Zeugnis eines der größten und bedeutendsten Staaten in der afrikanischen Geschichte dar. Wie sonst nirgendwo im südlichen Afrika veranschaulicht Mbanza Kongo die tiefgreifenden Veränderungen, die die Einführung des Christentums und die Ankunft der Portugiesen in der Region bewirkten.

Die Ursprünge der auf einem 570 Meter hohen Plateau gelegenen Stadt im Nordwesten Angolas reichen bis in das 13. Jahrhundert zurück. Die in die UNESCO-Welterbeliste eingetragene Stätte von Mbanza Kongo umfasst zum einen archäologische Relikte des ehemaligen Königreichs Kongo, das vom 14. bis zum 19. Jahrhundert bestand, und zum anderen Bauten der portugiesischen Kolonialzeit, deren Entstehung teilweise parallel zur Zeit des Kongoreiches erfolgte. Das Zentrum der Stadt entwickelte sich um den königlichen Palast und die zugehörigen Orte – die königliche Residenz, das Stammesgericht, den heiligen Baum sowie die königlichen Grabstätten. Mit ihrer Ankunft im Jahr 1482 fügten die Portugiesen der aus lokalen Baumaterialien errichteten Stadt feste, nach europäischen Standards errichtete Gebäude hinzu. Im Laufe der wechselvollen Geschichte Angolas und eines langjährigen Bürgerkriegs wurde Mbanza Kongo mehrmals zerstört. Heute sind nur noch wenige Zeugnisse aus der Blütezeit der Hauptstadt des Kongoreiches vorhanden, die bisher noch nicht umfassend erforscht werden konnten.

Auszug aus dem Statement of Outstanding Universal Value, 2017

"The vestiges of M’banza Kongo evoke the political and symbolic importance of the Kingdom in its territory and its role as a gateway enabling the Christian world to enter the African continent. […] It is an outstanding example of an architectural ensemble that illustrates […] the profound changes that emanated from the introduction of Christianity and the arrival of the Portuguese […], events that influenced, not only religion but also trade, learning and contact between Central Africa and Europe."

"Die Überreste von M'banza Kongo erinnern an die politische und symbolische Bedeutung des Königreichs auf seinem Territorium und seine Rolle als Tor, das es der christlichen Welt ermöglichte, den afrikanischen Kontinent zu betreten. [...] Es ist ein herausragendes Beispiel für ein architektonisches Ensemble, [...] das die tiefgreifenden Veränderungen veranschaulicht, die von der Einführung des Christentums und der Ankunft der Portugiesen [...] ausgehen, Ereignisse, die nicht nur Religion, sondern auch Handel, Lernen und Kontakt zwischen Zentralafrika und Europa beeinflussten."

Ein bedeutendes Königreich in der afrikanischen Geschichte

Die vorhandenen archäologischen Relikte und Bauten von Mbanza Kongo erinnern an die politische und symbolische Bedeutung des Königreichs sowie an dessen Rolle als Tor zum afrikanischen Kontinent für die Verbreitung des Christentums (Kriterium iii). Das herausragende architektonische Ensemble veranschaulicht die tiefgreifenden Veränderungen, die die Einführung des Christentums und die Ankunft der Portugiesen in der Region bewirkten – diese Veränderungen bezogen sich nicht nur auf die Religion, sondern auch auf den Handel, die Bildung und den Kontakt zwischen Zentralafrika und Europa (Kriterium iv).

Das Königreich Kongo war ein wohlhabender Staat, der sich Ende des 15. Jahrhunderts entlang der Atlantikküste auf dem Gebiet des heutigen Gabun, der Republik Kongo, der Demokratischen Republik Kongo und dem Norden Angolas über 2,5 Millionen km² erstreckte, eine doppelt so große Fläche wie das Staatsgebiet des heutigen Angola. Der Wohlstand des Königreiches gründete auf Landwirtschaft, Bergbau, Handwerk und einem stabilen Währungssystem – als Währungseinheit dienten Muscheln (nzimbu). Mit Ankunft der Portugiesen verbreitete sich das Christentum, die lokalen Eliten nahmen westliche Lebensweisen an und traten zum christlichen Glauben über, ohne jedoch die eigene Kultur und religiöse Traditionen aufzugeben. 1596 wurde kurz nach der Umbenennung der Stadt in São Salvador die Kathedrale des Heiligen Erlösers, die erste Kathedrale südlich des Äquators, eingeweiht. Zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert entstanden darüber hinaus eine Reihe von Schulen und zwölf Kirchen in Mbanza Kongo.

Die Baustrukturen sowie die archäologischen Relikte zeugen auch heute noch von der von Stammesbräuchen, Kolonialmacht und Religion geprägten Vergangenheit und machen die Altstadt von Mbanza Kongo zu einem bedeutenden Erinnerungsort.

Im Zentrum des Sklavenhandels

Auch wenn in Mbanza Kongo selbst bisher kein Beleg für eine materielle Verbindung der Stadt mit dem Sklavenhandel gefunden wurde, so lag doch das Königreich Kongo im Zentrum einer der wichtigsten Handelsrouten für Sklaven, die auf den amerikanischen Kontinent und in die Karibik deportiert wurden. Der Sklavenhandel auf dem Gebiet des Königreiches wurde kurz nach der Ankunft der Portugiesen in geringem Umfang von den Herrschern gestattet, im Verlauf jedoch, entgegen der Gesetze der kongolesischen Könige, intensiviert und führte schließlich zum Bruch mit den portugiesischen Kolonialherren. Schätzungen zufolge wurden zwischen 1600 und 1852 von der Küste des Kongoreiches ca. 3 Millionen Sklaven allein nach Brasilien deportiert. Durch die Entvölkerung war das Königreich stark geschwächt und fiel internen Unruhen zum Opfer.
Ende des 19. Jahrhunderts entstand die halb verfallene Stadt nach westlichem Vorbild neu. Zu dieser Zeit wurden u.a. eine neue Kathedrale und ein zweiter königlicher Palast gebaut, die Zeugnis von der symbolischen Herrschaft ablegen, die bis zum Tod des letzten Königs 1957 weitergeführt wurde.

Mit Mbanza Kongo und der archäologischen Stätte Valongo-Kai in Brasilien wurden 2017, nach der Einschreibung der Marinewerft auf Antigua und zugehörige archäologische Stätten im Jahr 2016, zwei weitere Stätten mit einer engen Verbindung zur Geschichte des Sklavenhandels in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Bereits eine der ersten, im Jahr 1978 eingeschriebenen Welterbestätten – die Insel Gorée im Senegal zeugt von der Bedeutung, die Erinnerungsorten von Sklaverei im Rahmen der Welterbekonvention zukommt. Darüber hinaus gründete die UNESCO auf Vorschlag von Haiti 1994 ein Netzwerk von Orten entlang der Sklavenroute, die als Mahnmale für den Sklavenhandel stehen. Das Projekt soll weltweit ein besseres Verständnis für die Ursachen, Hintergründe und Konsequenzen der Sklaverei fördern und durch die Auseinandersetzung mit kulturellem Pluralismus und interkulturellem Dialog zu einer Kultur des Friedens beitragen.

Webseite der UNESCO zum Projekt "Sklavenroute"

 

Porträtserie

Im Rahmen der 41. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2017 in Krakau wurden 21 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Erbes der Menschheit, dessen Erhaltung und Pflege sich die internationale Staatengemeinschaft 1972 mit dem "Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verschrieben hat.

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