Asmara: Eine modernistische afrikanische Stadt

Erste UNESCO-Welterbestätte in Eritrea

Mit der Kulturerbestätte „Asmara: Eine modernistische afrikanische Stadt“ wurde im Rahmen der 41. Sitzung des Welterbekomitees in Krakau erstmalig eine Stätte in Eritrea in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Das nahezu vollständig erhaltene urbane Ensemble wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Zuge der italienischen Kolonialpolitik errichtet und ist ein außergewöhnliches Beispiel für modernistische Stadtplanung im afrikanischen Kontext.

Faktenbox

Die 2017 eingeschriebene Welterbestätte umfasst das historische Stadtensemble der eritreischen Hauptstadt Asmara, welches in mehreren Planungsphasen zwischen 1893 und 1941 erbaut wurde, sowie die Viertel Arbate Asmera und Abbashawel, die als ursprünglich gewachsene Stadtviertel der indigenen Bevölkerung in die Planungen integriert wurden. Die italienische Kolonialmacht setzte in diesem Zeitraum ihre Vorstellungen einer modernen Hauptstadt sowohl nach ästhetischen wie funktionalen Gesichtspunkten um. Zugleich wurden die modernistischen, aus Europa und Nordamerika stammenden Ideen an die lokalen Bedingungen angepasst, beispielsweise durch die Integration von Landschaftselementen sowie lokalen Materialien und Formgebungen. Damit stellt Asmara einen bedeutenden Schnittpunkt menschlicher Werte in Bezug auf die Entwicklung des Städtebaus dar (Kriterium ii).

Auszug aus dem Statement of Outstanding Universal Value, 2017

„This hybrid plan, that combined the functional approach of the grid with the search for the picturesque and the creation of scenic spaces, vistas, civic plaza and monumental places, served the functional, civic and symbolic requirements for a colonial capital. The architecture of Asmara complements the plan and forms a coherent whole, […] and is one of the most complete and intact collections of modernist/rationalist architecture in the world.”

"Dieser hybride Stadtplan, der den funktionalen Ansatz des Rasters mit der Suche nach dem Malerischen und der Schaffung malerischer Räume, Aussichtspunkte, städtischer Plätze und monumentaler Orte kombinierte, diente den funktionalen, bürgerlichen und symbolischen Anforderungen einer kolonialen Hauptstadt. Die Architektur von Asmara ergänzt den Plan und bildet ein zusammenhängendes Ganzes, [...] und ist eine der vollständigsten und intaktesten Sammlungen der modernistischen / rationalistischen Architektur der Welt."

Vom Kolonialerbe zum Bezugspunkt für Unabhängigkeitsbewegung und eritreische Identität

Sowohl der Stadtgrundriss – eine Kombination aus Gitter- und Strahlenform – als auch die insbesondere ab 1935 im Zuge eines großangelegten Bauprogrammes errichteten rationalistischen Gebäude bezeugen die Anwendung der Prinzipien moderner Architektur im afrikanischen Kontext (Kriterium iv). War dies zunächst Ausdruck der Ideen des kolonialen Italiens, so wurde das historische Asmara jedoch im Laufe der Zeit auch Teil der eritreischen Identität und ein Bezugspunkt im Bemühen um Unabhängigkeit.

Gefährdung durch urbanen Druck und Klimawandel

Angesichts der besonderen Bedeutung dieses Erbes wurden bereits ab 1997 gezielt internationale Projekte zum Schutz und Erhalt der historischen Bausubstanz Asmaras umgesetzt. Ein seit 2001 bestehendes Moratorium hat erfolgreich der Errichtung weiterer Neubauten mit potentiell negativen Auswirkungen auf die Integrität der Stätte entgegengewirkt. Nichtsdestotrotz stellen der Entwicklungsdruck und die Nachfrage nach Wohnraum akute Herausforderungen für den langfristigen Erhalt der Welterbestätte dar. Auch der Klimawandel und damit einhergehende verstärkte Dürre- und Regenzeiten können zur Bedrohung werden.

Welterbe und moderne Architektur

Vor dem Hintergrund des besonderen Schutzbedürfnisses baulichen Erbes der Moderne, das oftmals unter nicht ausreichendem gesetzlichen Schutz und mangelnder öffentlicher Anerkennung leidet, wurde 2001 das „Modern Heritage Programme“ ins Leben gerufen. Gemeinsam setzen sich das UNESCO-Welterbezentrum, ICOMOS und Docomomo für den Schutz und die Inwertsetzung der Architektur der Moderne ein. Dies hat auch zu einer verstärkten Anerkennung modernistischen Erbes im Rahmen der UNESCO-Welterbeliste geführt. So wurde während der 41. Sitzung des Welterbekomitees 2017 neben der Einschreibung Asmaras auch die Erweiterung der Stätte Das Bauhaus und seine Stätten in Weimar, Dessau und Bernau verfügt. 2016 wurden mit dem Ensemble der Moderne in Pampulha in Brasilien und der transnationalen Stätte Das architektonische Werk von Le Corbusier - ein herausragender Beitrag zur Moderne ebenfalls zwei Stätten moderner Architektur von außergewöhnlicher universeller Bedeutung in die Welterbeliste aufgenommen.

Porträtserie

Im Rahmen der 41. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2017 in Krakau wurden 21 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Erbes der Menschheit, dessen Erhaltung und Pflege sich die internationale Staatengemeinschaft 1972 mit dem "Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verschrieben hat.

Porträtserie

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