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Deutscher Menschenrechts-Filmpreis 2016

Große Bandbreite menschenrechtlich relevanter Themen

Anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte wurde am 10. Dezember in Nürnberg der 10. Deutsche Menschenrechts-Filmpreis verliehen. Der Preis wird seit 1998 alle zwei Jahre vergeben und prämiert herausragende Film- und Fernsehproduktionen, die Menschenrechtsverletzungen weltweit aufzeigen oder auch ermutigende Beispiele von Menschenrechtsaktivisten und Beispiele gelingenden Menschenrechtsschutzes darlegen. Die Deutsche UNESCO-Kommission ist Mitglied im Veranstalterkreis, dem 18 unabhängige Träger aus den Bereichen Politik, Kirche, Medien und Organisationen der Zivilgesellschaft angehören.

In diesem Jahr waren Vertreibung, Flucht und Ankommen in Europa/Deutschland und die Integration von Geflüchteten zentrale Themen des Wettbewerbs. Aber auch Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit oder Zwangsarbeit und Lohnsklaverei sowie Menschenhandel und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Bürgerkriegsgebieten wurden von den Filmemachern thematisiert. Die sechs Preisträger wurden von der Jury aus über 380 Wettbewerbsbeiträgen ausgewählt. Vor mehr als 450 Gästen nahmen die Preisträger in der Nürnberger Tafelhalle die Ehrung entgegen.

Der Veranstalterkreis hatte Prof. Dr. Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion und Leiter des Ressorts Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung, als Gastredner eingeladen. In seiner Keynote mahnte er, dass man das 21. Jahrhundert einmal daran messen wird, wie Europa mit den Flüchtlingen umgegangen ist.

Für die musikalische Begleitung am Abend sorgte der als „Pianist in den Trümmern“ bekannt gewordene Musiker Aeham Ahmad aus Syrien. Aeham Ahmad, selbst Träger des Beethoven-Menschenrechtspreises, berichtete aus seiner Heimat und über sein Anliegen, durch Musik ein Stück Hoffnung in sein Land zurückzubringen. Er unterstütze daher auch Initiativen wie den Deutschen Menschenrechts-Filmpreis, der dazu beitrage, Unrecht in der Welt sichtbar zu machen und Veränderungen einzufordern.

Die diesjährigen Preisträgerfilme

Kategorie Profi | Langfilm

„Cahier Africain“ von Heidi Specogna
Dokumentarfilm von 2016, 119 Minuten

Am Anfang stand ein schmales Schulheft. Anstelle von Vokabeln füllten sich seine karierten Seiten mit den mutigen Zeugenaussagen von 300 zentralafrikanischen Frauen, Mädchen und Männern. Sie offenbaren, was ihnen im Oktober 2002 im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen von kongolesischen Söldnern angetan worden war. Das Heft ist ihr selbst gefertigtes Beweisstück, um die an ihnen verübten Vergewaltigungen zur Anklage zu bringen. Cahier Africain ist eine Langzeitbeobachtung und begleitet seine Protagonisten aus dem Dorf PK 12 seit 2008: Amzine, eine junge muslimische Frau, hat als Folge der Vergewaltigungen ein Kind zur Welt gebracht. Der Blick auf ihre heute 12-jährige Tochter Fane erinnert sie täglich an das dem Heft anvertraute Leid. Arlette, ein christliches Mädchen, litt jahrelang an einer nicht heilen wollenden Schussverletzung am Knie. Nach einer erfolgreichen OP in Berlin hegt sie Hoffnung auf ein schmerzfreies Leben. Aber inmitten der Versuche den schwierigen Alltag mit Zuversicht zu meistern – und während in Den Haag noch die juristische Aufarbeitung der letzten Kriegsverbrechen in Gange ist – bricht in der Zentralafrikanischen Republik der nächste Krieg aus. Amzine, Fane und Arlette werden erneut in einen Strudel von Gewalt, Tod oder Vertreibung gerissen. An ihrer Seite erlebt der Film den Zusammenbruch von Ordnung und Zivilisation in einem von Bürgerkrieg und Putsch zerrissenen Land.

Kategorie Profi | Kurzfilm

„Esperanza 43“ von Oliver Stiller
Dokumentarfilm von 2015/2016, 20 Minuten

Am 26. September 2014 sind im mexikanischen Iguala nach Übergriffen der Polizei 43 Studenten des Lehramtsinternats in Ayotzinapa verschwunden, sechs weitere Personen starben in derselben Nacht. Offiziell ist der Fall abgeschlossen und die vermissten jungen Männer für tot erklärt worden, obwohl nicht einer von ihnen gefunden wurde. Der Rechtsanwalt Luis Salas ordnet die dünne Beweislage ein. Ernesto ist einer der wenigen an der Universität verbliebenen Kommilitonen und war bei den Vorfällen dabei. Er hat genauso wie die Eltern der dreiundvierzig Hoffnung, die jungen Leute des Erstsemester-Jahrgangs an der Schule wieder zu sehen.

Kategorie Profi | Magazinbeitrag

„Mexiko – Künstler gegen das Verbrechen“ von Alexander Bühler und Jens-Uwe Korsowsky
Magazinbeitrag/Kultur von 2015, 6:50 Minuten

An den seit Oktober 43 verschwundenen Lehramtsstudenten aus dem mexikanischen Ayotzinapa kommt man im mexikanischen Alltag nicht mehr vorbei. 43" ist eine Chiffre für das ungesühnte Verbrechen in Mexiko geworden, für die Verstrickungen des Staates mit der Drogenmafia. Künstler und die Eltern der mutmaßlich ermordeten Studenten sind die moralische Instanz einer neuen zivilgesellschaftlichen Bewegung geworden. Musiker wie der Rapper Lengualerta machen in ihren Songs auf das unaufgeklärte Verbrechen aufmerksam. Aktionen, wie „Videoclip und Diskurs“, wollen nicht nur die Erinnerung an die 43 Studenten wachhalten, sondern auch den Protest organisieren.

Kategorie Hochschule

„Where to, Miss?“ von Manuela Bastian
Dokumentarfilm von 2015, 83 Minuten

Devki lebt im ständigen Konflikt zwischen dem Wunsch nach Emanzipation und den fest verankerten Traditionen der indischen Gesellschaft. Der Film Where to, Miss? begleitet diese mutige junge Inderin innerhalb von drei Jahren durch drei unterschiedliche Lebensabschnitte: Tochter, Ehefrau, Mutter. Ihr größter Wunsch ist es, Taxifahrerin zu werden. Sie möchte andere Frauen sicher nach Hause bringen und finanziell unabhängig sein. Um ihr Ziel zu erreichen, muss sie sich zuerst gegen ihren Vater, dann gegen ihren Ehemann und schließlich gegen ihren Schwiegervater durchsetzen. Devkis Alltag ist davon geprägt, ihre Lebensvorstellung gegen andere zu verteidigen und für sich selbst einen Weg zu finden, ihre Träume zu verwirklichen, ohne dabei ihre Familie zu verlieren. Anhand des Schicksals von Devki erzählt Where to, Miss? warum es für eine indische Frau so schwierig ist, sich aus den traditionellen Rollenbildern zu befreien.

Kategorie Amateure

„Morgenland“ von Sonja Elena Schroeder, Luise Rist, Hans Kaul und Thomas Kirchberg
Essayfilm von 2015, 34:30 Minuten

Jugendliche Geflüchtete aus Syrien, dem Irak, aus Afghanistan, Eritrea und Somalia stehen gemeinsam mit Göttinger Jugendlichen, deren Eltern vor sechzehn Jahren aus dem Kosovo geflüchtet sind, vor der Kamera. In dem verspielten, surrealen und gleichzeitig abgrundtief realistischen Film inszenieren sie sich selbst an Lieblings- und Sehnsuchtsorten sowie in ihren Traumberufen. Wer darf in Deutschland bleiben, wer nicht? Die Göttinger Filmemacher BILDWERFER und das Freie Theater BOAT PEOPLE PROJEKT haben mit MORGENLAND einen berührend poetischen und dabei höchst politischen Film gedreht.

Kategorie Bildung

„Durch den Vorhang“ von Arkadij Khaet
Drama von 2016, 27 Minuten

Unbeschwert macht Tom sich mit seiner Klasse auf die Reise nach Israel. Weder sein Lehrer noch die Aussicht auf einen engen Tagesplan verderben ihm die Stimmung. Als er wenige Stunden nach seiner Ankunft verletzt im Krankenhaus liegt ist Tom seine gute Laune vergangen. Wie ist er hier hergekommen? Er lässt die letzten Stunden noch einmal Revue passieren und seine Wut auf das fremde Land wächst, bis seine Bettnachbarin durch den Vorhang, der die beiden trennt, zu erzählen beginnt.

Menschenrechts-Filme auf Tournee

Die prämierten Filmproduktionen zeigen die große Bandbreite menschenrechtlich relevanter Themen. Nach der Preisverleihung wurden fünf der sechs Preisträgerfilme bei der „Nacht des Menschenrechts-Films“ in der Nürnberger Tafelhalle gezeigt. Die Preisträgerfilme gehen nun auf eine Tournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Start der Tournee ist am 10. Januar in Hannover. Am 16. Januar präsentiert die Deutsche UNESCO-Kommission bei der Langen Nacht des Menschenrechts-Films im LVR-Landesmuseum in Bonn eine Auswahl der Gewinnerfilme. Weitere Stationen der Tournee sind Berlin (17. Januar), Würzburg (18. Januar), München (8. Februar), Stuttgart (2. März), Frankfurt a. M. (7. März), Zürich (April) und Wien (Juni).

Weitere Informationen

Webseite des Deutschen Menschenrechts-Filmpreises