Auf ein Wort,

Die Rolle von Kultur in der Stadtentwicklung – Creative Cities Netzwerk

Stefan Schostok

Stefan Schostok
Oberbürgermeister der UNESCO Creative City of Music Hannover

Der UNESCO-Weltbericht „Kultur: Urbane Zukunft“ aus dem Jahr 2016 zeigt, wie Kultur Städte nachhaltiger, sicherer und belastbarer machen kann. Sein Resümee: Kulturelle Aktivitäten stärken den sozialen Zusammenhalt, fördern den Dialog zwischen gesellschaftlichen Gruppen und stärken eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung über die Kultur- und Kreativwirtschaft. Auch zahlreiche deutsche Städte nutzen Kultur als entscheidende Kraft für ihre Entwicklung. Einige von ihnen sind Teil des UNESCO „Creative Cities“ Netzwerks: Mannheim und Hannover als UNESCO-Städte der Musik, Heidelberg als UNESCO-Stadt der Literatur und Berlin als „Stadt des Designs“. Im Interview schildert Oberbürgermeister Stefan Schostok, welche Rolle die Kultur bei der Entwicklung von Hannover spielt.

Was zeichnet Hannover als UNESCO City of Music aus?

Hannover hat eine breit gefächerte musikalische Szene mit Aushängeschildern in allen Genres, von Alter Musik wie dem Ensemble Musica Alta Ripa bis hin zum Jazz. Hier sei als Beispiel der Jazzclub Hannover genannt, der regelmäßig internationale Künstler zu Gast hat. Auch im Rock/Pop-Bereich bis hin zu Metal und weiteren Genres ist Hannover fantastisch aufgestellt und hat international bekannte Musiker hervorgebracht. Darüber hinaus ist Hannover ein Paradebeispiel für eine hochkarätige musikalische Ausbildung. Die Hochschule für Musik, Theater und Medien ist Ziel vieler nationaler und internationaler Musik-Studierenden, die hier ihre Karriere starten. Hannover ist zudem unter deutschen Großstädten führend in der Musikwirtschaft. In Hannover und der Region Hannover sind viele international tätige Firmen und Agenturen ansässig wie Duesenberg, Sennheiser und IMG. Außerdem ist Hannover Hauptsitz von Norddeutschlands größter Konzertagentur Hannover Concerts. Und nicht nur die Schallplatte ist in der Landeshauptstadt Niedersachsen erfunden worden, sondern auch die Musikkassette und die CD.

Welche Ziele verfolgen Sie durch die Förderung kultureller Vielfalt und Kreativität?

Hannover ist im letzten Jahr auf dem nationalen Ranking der Kulturstädte in der Studie der Berenberg Bank und des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts um sieben Plätze auf Platz 14 gestiegen. Das zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind. Unser Ziel ist es, Hannover lebenswert zu erhalten und noch lebenswerter zu machen. Gerade heutzutage ist die Förderung der kulturellen Vielfalt einer Stadt wichtig, um ein Verständnis für einander und unter einander zu entwickeln und aufrecht zu erhalten.

Durch das UNESCO „Creative Cities“ Netzwerk haben wir die Möglichkeit, viele weitere Menschen und Kulturen kennenzulernen und uns mit ihnen auszutauschen. Voneinander zu lernen und die eigene Stadt weltoffen zu halten, ist eines der wichtigsten Ziele. Für unsere Musik-Szene – denn wir haben uns ja bewusst um diesen Titel bemüht – ist es wichtig, dass wir Hannover etablieren als Ort, an dem nicht nur die Ausbildung hochkarätig ist, sondern auch Arbeitsplätze vorhanden sind, um junge Musiker, Musikwissenschaftler, Menschen aus der Musikwirtschaft, Tontechniker, Instrumentenbauer, um nur einige zu nennen, in Hannover halten zu können und die Stadt als Lebensmittelpunkt attraktiv zu machen.

Der im Jahr 2016 erschienene UNESCO-Weltbericht „Kultur: Urbane Zukunft“ resümierte: Kulturelle Aktivitäten stärken den sozialen Zusammenhalt und fördern den Dialog zwischen gesellschaftlichen Gruppen in Städten. Können Sie das für Hannover bestätigen?

Das Feedback aus unserer vielfältigen Musik-Szene ist immer wieder, dass man in unserer Stadt sehr gut netzwerken kann und man gerne miteinander statt gegeneinander arbeitet. Wir haben ein sehr großes Netzwerk an Partnern und Botschaftern der UNESCO City of Music Hannover vereinen können, die sich regelmäßig treffen, um sich auszutauschen und gemeinsame Projekte, aber auch Probleme und Fragen, wie zum Beispiel, wie erreichen wir unser Publikum „genre-übergreifend“ und bauen Berührungsängste ab, zu erörtern.

Wir haben innerhalb des Kulturbüros ein neues Sachgebiet geschaffen, welches wir „Internationale Arbeit“ genannt haben, wozu unsere Mitarbeiterin für den Bereich UNESCO City of Music Hannover gehört. Hier liegt zum einen ein Schwerpunkt darin, internationale Kontakte zu den verschiedenen UNESCO Cities des Creative Cities Netzwerkes, aber auch zu den Partnerstädten der Landeshauptstadt Hannover zu intensivieren. Ein weiterer Schwerpunkt ist aber auch, das internationale Leben hier in Hannover in allen Facetten und Farben zu unterstützen und Künstler aus verschiedensten Ländern und Kulturen zu vernetzen und zu fördern. Hannover ist vorne mit dabei, geflüchteten Menschen, geflüchteten Kulturschaffenden eine Plattform zu bieten, um sich auszutauschen und ihre Kultur und Kunst darzustellen. Darauf sind wir stolz und freuen uns über viel positives Feedback zu unseren verschiedenen Aktivitäten.

Was sind die größten Herausforderungen bei der Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft in einer Stadt wie Hannover?

Die größte Herausforderung ist sicherlich der wirtschaftliche Faktor. Wie können wir attraktive Arbeitsplätze in der Kultur- und Kreativwirtschaft schaffen und halten? Wie bleibt Hannover als Kulturstandort attraktiv und offen für Neues? Daran arbeiten wir und sind immer wieder im Kontakt und im Gespräch mit unserer vielfältigen Musik-Szene, um herauszufinden, was benötigt wird und wie wir es gemeinsam schaffen, diese Wünsche zu verwirklichen.

Welche Vorteile bringt Ihnen die Mitarbeit im UNESCO Creative Cities Netzwerk? Was reizt Sie an der Mitarbeit?

Die internationale Vernetzung und das Lernen über und von anderen Städten im Netzwerk sind unbezahlbar. Es konnten bisher zahlreiche Künstler und Delegationen aus anderen Cities of Music hier empfangen werden. Darüber hinaus hatten wir die Möglichkeit, Hannoversche Künstler in Cities of Music zu schicken. Ohne das Netzwerk wären diese Kontakte nicht entstanden. Diese Erfahrungswerte bereichern natürlich sehr und unterstützen uns darin, unseren Standort nachhaltig lebenswert zu machen und international als Stadt der Musik zu etablieren.

Welche (Erfolgs-) Geschichte zum Thema Stadt und Kultur möchten Sie Ihren Amtskollegen oder Ihrem Nachfolger in 10 Jahren aus Hannover erzählen? 

Hannover ist Anziehungspunkt für Künstler und Musikschaffende aus der Musikwirtschaft. Hier kann man nicht nur gut leben, sondern auch gut Musik machen und davon leben. Hier wurde nicht nur die Schallplatte erfunden. Hannover hat sich vor allem als Musik-Stadt weltweit etabliert. Vor 10 Jahren wurde im Herbst 2016 das Format „Digital Sounds“ eingeführt, das heute weltweit als Anziehungspunkt für Firmen, Künstler und Wissenschaftler gilt. Hier werden Trends präsentiert und hier treten sie weltweit ihren Siegeszug an.

 

Stefan Schostok...

...ist seit Oktober 2013 Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover. Von 2008 bis 2013 war er Mitglied des Niedersächsischen Landtages, davon drei Jahre als Vorsitzender der SPD-Fraktion. Von 2000 bis 2009 war er leitender Geschäftsführer des SPD-Bezirks Hannover und davor unter anderem im niedersächsischen Umweltministerium beschäftigt.

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